Kunst im öffentlichen Raum Die Kirche muss weichen, der Brunnen bleibt

Saarbrücken · Es gibt auch außerhalb von Museen und Galerien Kunstwerke zu sehen. Dabei nimmt man sie manchmal gar nicht unbedingt als Kunst wahr. Weil sie sich als Brunnen tarnen, zum Beispiel.

 Paul Schneiders Brunnen am Homburg soll erhalten bleiben, wenn hier demnächst  ein Seniorenheim gebaut wird.

Paul Schneiders Brunnen am Homburg soll erhalten bleiben, wenn hier demnächst ein Seniorenheim gebaut wird.

Foto: Iris Maria Maurer

Das Monumentale des Brunnens vor der Katholischen Kirche St. Thomas Morus auf dem Homburg in St. Johann vermittelt sich erst, wenn man sich ihm nähert. Von weitem ein großer Brocken, entdeckt man jedoch mit jedem Schritt auf ihn zu die wilde Schönheit des Steins, die zurückhaltende, aber spannungsreiche Gestaltung des Bildhauers, das harmonische Zusammenspiel von hochaufragendem Stein und niedrigem Brunnenbecken. Gerade im Winter, wenn kein Wasser aus dem Stein von oben herabläuft und sich in der Brunnenschale fängt, kommen die Gestaltung und die Maserung des Steins besonders gut zur Geltung.

Die Brunnenanlage in der Gaußstraße unterhalb des Treppenaufgangs zu der Kirche, die noch dieses Jahr abgerissen werden soll, wurde 1995 errichtet. Sie besteht aus weiß-gelbem Granit aus Flössenburg, der große Stein hat eine Höhe von 3,50 Meter und ist über zwei Meter breit. Die zurückhaltende Gestaltung des Monolithen verweist auf den vielfach ausgezeichneten saarländischen Bildhauer Paul Schneider, der zwar in seinen Anfangsjahren als Bildhauer stark abstrahiert, aber gegenständlich arbeitete, in seinem reifen Werk aber immer mehr Abstand von einer tiefgreifenden Gestaltung des Steins nahm.

Auf dem Homburg stellte Paul Schneider den Brunnenstein vertikal auf, sodass er an seiner schmalen Stirnseite einen Überhang bildet. Von dieser überhängenden Oberkante aus fällt das Wasser, das aus der Oberseite des Steins heraustritt, in die bodennahe Brunnenschale, und erinnert damit an einen Wasserfall. Die Steine wurden genau gewählt, sie weisen auf einer Seite eine natürliche rötliche Färbung auf. Hier haben über Millionen von Jahre Eisenminerale den Stein gefärbt.

Diese in weiten Teilen fast ungestaltete Seite des Monolithen präsentiert sich dem Betrachter zuerst. Die abgewandte, nach Osten gerichtete Seite zeigt dagegen eine bearbeitete und viel hellere Oberfläche, in der sich das Morgenlicht verfangen kann. Denn die Brechung des Lichts auf den Steinskulpturen war dem Bildhauer sehr wichtig. Wie eine niedrige, rhythmische Hügelkette zeigt der Monolith hier eine zurückhaltende, aber durchgängige Gestaltung.

Die Brunnenanlage ist derzeit von einem ringförmigen Natursteinpflaster eingerahmt, in der Nähe sind mehrere Sitzbänke aufgestellt, um die meditative Ruhe, die die Brunnenanlage verströmt, genießen zu können. Auftraggeber dieses Brunnens im Jahr 1995 war die katholische Kirchengemeinde St. Thomas Morus, 1996 wurde der Brunnen eingeweiht. Laut einer Info-Veranstaltung der Gemeinde im November letzten Jahres wurde das Kirchengelände mit den sanierungsbedürftigen Bauten samt Pfarrheim und Pfarrhaus mittlerweile verkauft, um dort ein Seniorenheim zu errichten. Der Paul-Schneider-Brunnen soll erhalten bleiben und im Park des künftigen Seniorenheims aufgestellt werden. Alles andere wäre ein Frevel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort