Saarbrücken Konservative in der CDU: Kein „Weiter so“

Saarbrücken · Eine Gruppe von Mitgliedern der Saar-CDU fordert eine andere Zuwanderungspolitik. Wer steckt hinter der neuen „Werte-Union“?

 Die unkontrollierte Zuwanderung vor allem im Jahr 2015 war nach Ansicht der „Werte-Union“ die Hauptursache für das schlechte Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl. Der Zusammenschluss konservativer Mitglieder in der Saar-CDU hat nun ein Positionspapier vorgelegt.

Die unkontrollierte Zuwanderung vor allem im Jahr 2015 war nach Ansicht der „Werte-Union“ die Hauptursache für das schlechte Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl. Der Zusammenschluss konservativer Mitglieder in der Saar-CDU hat nun ein Positionspapier vorgelegt.

Foto: dpa/Armin Weigel

Die CDU ist keine besonders streitlustige Partei, schon gar nicht im Saarland, sie erfreut sich lieber am Regieren als am ewigen Debattieren. Der Konflikt über die Ausrichtung der CDU, insbesondere über die Frage, wie konservativ sie auftreten soll, macht aber auch vor der Saar-CDU nicht halt. Es gibt seit langem Mitglieder aus der zweiten und dritten Reihe, die über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung im Jahr 2015 schimpfen, aber eine öffentliche Debatte hat es bisher nicht gegeben, weil Geschlossenheit bei der CDU traditionell einen höheren Stellenwert hat als etwa bei der SPD.

Öffentlich hat sich in der Saar-CDU bisher vor allem die „Wir schaffen das“-Fraktion zu Wort gemeldet, auch Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat stets die Kanzlerin unterstützt. Selbst Innenminister Klaus Bouillon (CDU), ein Konservativer durch und durch, hat sich in der Flüchtlingsfrage nie öffentlich gegen die Kanzlerin gestellt, trotz markiger Sprüche über die Probleme der Integration.

Wenige Tage vor dem Landesparteitag am Sonntag wagt sich nun erstmals eine Gruppe konservativer CDU-Mitglieder aus dem Saarland mit einem Papier an die Öffentlichkeit. Darin wird angesichts des schwachen Bundestagswahl-Ergebnisses von CDU und CSU vor einem „Weiter so“ gewarnt und eine stärkere Begrenzung der Zuwanderung gefordert.

Das Papier stammt vom Landesverband Saar der „Werte-Union“, einem neuen Zusammenschluss von CDU-Mitgliedern (Untertitel: „Freiheitlich-Konservativer Aufbruch“). Sprecher ist der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Völklinger Stadtrat, Stefan Rabel. Der frühere Abteilungsleiter in der Staatskanzlei, der mittlerweile die Sport-Abteilung im Innenministerium führt, hadert seit Jahren mit dem Kurs der CDU. „Ich bin überzeugt, dass ich für unser Papier in jedem x-beliebigen CDU-Ortsverband eine Mehrheit bekäme“, sagt Rabel. Prominente Namen, etwa aus dem Landtag, sucht man in den Reihen des Zusammenschlusses vergebens.

Rabels Stellvertreter ist der Unternehmer Karl-Heinz Metzinger, der vorübergehend der AfD angehörte, zeitweise saß er dort sogar im Landesvorstand, bis er den Kurs der Partei nicht mehr mittragen wollte. Metzinger sei „ein praktisches Beispiel dafür, dass sich mit der Werte-Union und deren Themen Konservative nicht nur in der CDU halten, sondern auch zurückgewinnen lassen“, sagt Rabel.

Nach seinen Worten gehören der Werte-Union rund 30 CDU-Mitglieder und Unterstützer an – angesichts von knapp 17 000 CDU-Mitgliedern im Land eine eher überschaubare Anzahl. Jetzt, nach der Bundestagswahl, werde man verstärkt Mitgliederwerbung und Öffentlichkeitsarbeit betreiben, sagt Rabel.

In ihrem Papier schreibt die Werte-Union: „Der wohl wichtigste Grund für das schlechte Bundestagswahlergebnis und die Enttäuschung vieler früherer Unionswähler als auch -mitglieder ist im Umgang mit den vielfältigen Problemen der Zuwanderung in Deutschland zu finden. An erster Stelle ist hier die hunderttausendfache unkontrollierte Zuwanderung vor allem im Jahr 2015, verursacht durch den Verzicht auf wirksame Grenzkontrollen, zu nennen.“ Hinzu kämen die Folgen misslungener oder gänzlich fehlender Integrationspolitik seit Jahrzehnten. „Steigende Alltagskriminalität und sich häufende Anschläge islamistischer Fanatiker und das Gefühl, dass der Rechtsstaat den Problemen nicht mehr gewachsen ist, führen dazu, dass die etablierte Politik einen enormen Verlust an Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu verzeichnen hat“, liest man in dem Papier.

Die „Werte-Union“ fordert ein Zuwanderungsgesetz mit klaren Vorgaben für die Aufnahme von Fachkräften, die sich am Bedarf des deutschen Arbeitsmarktes orientieren soll. Von Schutzsuchenden fordert sie Rechtstreue und die Achtung der hiesigen Werte und Kultur, aber auch, dass sie „sich unseren Gewohnheiten anpassen“. Ein wirksamer Grenzschutz wird ebenso verlangt wie ein Verbot von Ganzkörperschleier und Gesichtsverhüllung. Probleme und Kosten der Unterbringung und Integration müssten ehrlich diskutiert werden. Und weiter: „Offen angesprochen werden muss auch, dass Probleme bei Zuwanderern muslimischen Glaubens besonders häufig sind.“ Ditib, Milli Görüs oder Salafisten, dürften keine Kooperationspartner sein.

 Stefan Rabel, Sprecher der „Werte-Union“

Stefan Rabel, Sprecher der „Werte-Union“

Foto: BeckerBredel

Von der Landes-CDU erhofft sich die Werte-Union eine Anerkennung als offizieller Arbeitskreis. Ob es dazu kommen wird, lässt der scheidende Generalsekretär Roland Theis offen: Konservative hätten in der CDU ihren Platz „in der Mitte der Partei“, sagte Theis. „Deshalb freuen wir uns über jeden Debattenbeitrag, der die Breite der Partei zum Ausdruck bringt.“ Rabel wird wohl noch etwas Überzeugungsarbeit leisten müssen. Ein knappes halbes Jahr nach der Gründung der Werte-Union will mancher in der Parteispitze noch nicht einmal etwas von dem Zusammenschluss gehört haben.

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