Kita-Eltern bremsen bei Inklusion

Saarbrücken. Der Landeselternausschuss der Kindertageseinrichtungen warnt davor, Kinder mit schweren Behinderungen "übereilt" vom Förderkindergarten in den Regelkindergarten zu versetzen

Saarbrücken. Der Landeselternausschuss der Kindertageseinrichtungen warnt davor, Kinder mit schweren Behinderungen "übereilt" vom Förderkindergarten in den Regelkindergarten zu versetzen. Ausschuss-Chef Frank Breinig verwies darauf, dass das Bildungsministerium unlängst "quasi über Nacht" eine Integrationsgruppe in einem Förderkindergarten für hörsprachbehinderte Kinder in Steinbach habe schließen wollen. Nach Gesprächen mit Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) einigte man sich später darauf, die Kinder noch ein Jahr im Förderkindergarten zu belassen.Breinig betonte, die Landesregierung müsse zunächst die im Koalitionsvertrag beschlossene Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu inklusiven Einrichtungen umsetzen, bevor sie bewährte Fördereinrichtungen abschaffe. Sonst mache die Regierung "den zweiten Schritt vor dem ersten". Er warnte, man stelle sich die Situation vor, wenn ein auf Gebärdensprache angewiesenes Kind nicht mit seinen Betreuern kommunizieren und seine Bedürfnisse äußern könnte. Gerade bei schwerwiegenden Behinderungen sei eine speziell auf das Handicap des Kindes abgestimmte Förderung erforderlich. Breinig ermunterte die Eltern, sich bei Problemen direkt an den Landeselternausschuss zu wenden.

Commerçons Sprecher Jürgen Renner sagte der SZ, die UN-Behindertenkonvention fordere, dass jedes Kind unabhängig von seiner Beeinträchtigung wohnortnah denselben Kindergarten besuche und dort die bestmögliche individuelle Förderung erhalte. In dem Steinbacher Förderkindergarten werde jedoch unter Inkaufnahme unverhältnismäßig langer Beförderungszeiten das genaue Gegenteil praktiziert.

Derweil appellierten die Landeselterninitiative für Bildung, der Verein Miteinander Leben Lernen (MLL) und die Linke an Commerçon, die Rahmenbedingungen in den Regelschulen für behinderte Schüler durch die Ausstattung mit mehr geeignetem Fachpersonal grundlegend zu verbessern. Die Vizefraktionschefin der Linken, Barbara Spaniol, sagte: "Der Weg zur inklusiven Schule muss behutsam bereitet werden. Dazu gehört der Einsatz von mehr Förderschullehrkräften schon in der Grundschule."

Der Sprecher der Landeselterninitiative, Bernhard Strube, verwies darauf, dass gemäß einer Verordnung des Bildungsministeriums Klassenteiler und Schüler-Lehrer-Relation in Regelschulen sänken, wenn diese an sozialen Brennpunkten angesiedelt sind oder mindestens vier ausländische Schüler einer Klasse angehören. Vergleichbare Sonderregelungen für die Inklusion behinderter Schüler an Regelschulen fehlten bislang jedoch leider völlig, kritisierte Strube.

MLL-Geschäftsführerin Ilse Blug monierte, dass das Bildungsministerium nach wie vor erst die Förderschulen mit Förderschullehrern personalisiere. Nur die, die dann noch übrig blieben, stünden für behinderte Kinder an Regelschulen zur Verfügung. Und das seien eben eindeutig zu wenige.

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