Spielzeit 2022/23: Alles neu beim Theater im Viertel Die neue Chefin im TiV gestaltet die „Offene Zukunft?!?“

Saarbrücken · Die neue künstlerische Leiterin des Theaters im Viertel hat ihren ersten Spielplan vorgelegt. Katharina Molitor will neue Zuschauer für das kleine Theater am Landwehrplatz gewinnen und drückt dem Ganzen einen jungen, frischen Stempel auf.

 Das Theater im Viertel am Landwehrplatz hat eine neue künstlerische Leiterin und einen ganz neuen Spielplan.

Das Theater im Viertel am Landwehrplatz hat eine neue künstlerische Leiterin und einen ganz neuen Spielplan.

Foto: TIV/Jutta Roth

Die Veränderung sieht man sofort. Wer in letzter Zeit mal die Internet-Seite des Theaters im Viertel aufgemacht hat, dürfte sehr überrascht gewesen sein. Klar, übersichtlich und modern präsentiert sich die neue Seite. Wer sie anklickt, erblickt das Bild einer leeren Bühne und die Verheißung, dass hier ab September Spannendes, Neues passiert.

„Offene Zukunft ?!?“ hat die neue künstlerische Leiterin des TiV, Katharina Molitor, ihre erste Spielzeit überschrieben. „Weil’s gerade in jeder Beziehung brennt“, sagt sie, ist ihr dieses Thema wichtig und danach richtet sie auch das künstlerische Profil aus, das sie dem TiV geben möchte. Die von ihr kuratierten Produktionen beschäftigen sich fast alle in irgend einer Form mit dem Thema Nachhaltigkeit und Zukunft der Menschheit.

Vier Uraufführungen sind geplant, drei bereits fest terminiert. Ihre eigene Produktion, eine Stückentwicklung „Kassandra 2022“, macht am 9. September den Auftakt. Ebenso dem Thema Natur und Nachhaltigkeit verpflichtet wird das Kinderstück sein, das am 26. November uraufgeführt wird: eine Bearbeitung von „Peterchens Mondfahrt“, ebenfalls von der neuen Chefin inszeniert. Ein ganz neues Stück wird man am 25. Februar sehen. „Arbeitstitel ist derzeit I am strudelnd“, erzählt Katharina Molitor im Gespräch mit der SZ. Eine junge Autorin und eine junge Regisseurin beschäftigen sich mit den Unsicherheiten der heutigen Existenz. Die vierte neue Produktion wird ein Tanzstück sein. Da gibt es aber noch keine Einzelheiten.

Was es gibt, ist eine ganz neue, sehr klare Struktur im Spielplan des Theaters im Viertel. Es gibt „TiV-Premieren“ und es gibt „Zu Gast im TiV“. Auf diese Weise will die junge Theaterchefin ein Dilemma auflösen, das im System des TiV angelegt ist. Das Theater am Landwehrplatz ist nämlich auch Bühne für die freie Szene der Stadt. Die aber kann Molitor nicht thematisch ihrem Spielplan-Motto unterwerfen. Und das will sie auch gar nicht. „Die Künstlerinnen und Künstler sind ja grundsätzlich ungebunden“. Andererseits will Molitor aber das Profil des Theaters schärfen, ein Gefühl vermitteln, dass da Neues passiert, um auch neues, jüngeres Publikum anzusprechen.

So ließ sie sich also das Label „Zu Gast im TiV“ einfallen. Darunter findet man in der neuen Spielzeit so interessante Produktionen wie Peter Tiefenbrunners „Der Tanz des Dschingis Cohn“ oder „Jeden Morgen sterben“, ein interdisziplinäres Stück zwischen Theater, Szenischer Lesung, Jazz und Videoinstallation von Manuel Franz und Mila Thonett. Auch das Mutantheater und Christof Thewes spielen im Rahmen von „Zu Gast im TiV“. Sie alle sind frei wie eh und je in der Entscheidung, was sie spielen wollen.

 Katharina Molitor stellt ihren ersten Spielplan fürs TiV vor.

Katharina Molitor stellt ihren ersten Spielplan fürs TiV vor.

Foto: Iris Maria Maurer

Fürs TiV-eigene Profil stehen die „TiV-Premieren“ und die eigenen Reihen, die Molitor entwickelt hat. Zum Beispiel „Tisch und Wasserglas“, für jeden dritten Sonntag im Monat geplante Autorengespräche und Lesungen, die sich inhaltlich mit dem Spielzeitmotto „Offene Zukunft?!?“ befassen. Auftakt ist am 18. September, 11 Uhr, mit der Autorin und Dramaturgin Katja Buschmann.

Eine weitere neue TiV-Reihe ist „Blue MoTiVs“, eine Jazzreihe, in der überwiegend Studierende der Hochschule für Musik auftreten. Weitgehend von der HfM kommen auch die Künstlerinnen und Künstler der dritten neuen Reihe. „Schon gehört?“. Vor allem in der Vorweihnachtszeit werden hier Auszüge aus Opern zu hören sein, die talentierter Gesangs-Nachwuchs präsentiert. Also große Oper im kleinen TiV.

Mit solchen Angeboten, hofft die neue Chefin, kommen auch neue, jüngere Zuschauer ins TiV. Vielleicht bringt der eine oder andere Student, die eine oder andere Musikerin ja Kommilitonen mit, die das TiV bisher noch nicht kennen und danach wiederkommen. Denn neues, jüngeres Publikum ist bitter nötig, damit die kleine Bühne eine Zukunft hat.

Genau aus diesem Grund legt Katharina Molitor auch einen starken Fokus auf die Nachwuchsarbeit. Unter dem Label „Junges TiV“ gibt es diejenigen Stücke, für die auch Schul-Vorstellungen angeboten werden. Darüber hinaus gibt es im Advent Angebote für die ganze Familie. Auch der Kinderclub probt fleißig, und es gibt sogar eine Kindertheater-Ferienclub in den Sommerferien.

Es ist also wirklich vieles neu im TiV. Und wie bei allem Neuen rumort es auch hinter manchen Kulissen. Einzelne Künstler fürchten, mit ihrem Programm im neuen TiV nicht mehr erwünscht zu sein, hört man. So hat die schöne Musik-Salon-Reihe des Sängers Ralf Peter einen neuen Termin bekommen. Statt wie bisher sonntags soll die Reihe vorerst donnerstags angeboten werden. Das habe aber absolut nichts damit zu tun, dass man das Angebot nicht mehr wolle, sagt Molitor im SZ-Gespräch. Im Gegenteil. Aber die neue künstlerische Leiterin möchte auch die Chance bekommen, ein neues Profil zu schärfen. Und es sei ja auch noch nicht mal ausgemacht, dass der Musik-Salon später nicht auf den Sonntag zurückkehren könne.

Ärgerlich reagiert Molitor allerdings auf den Vorwurf, das TiV sei die Bühne der freien Szene und sie lade nun lauter Musikstudenten ein. „Wir sind alle freie Szene“, sagt sie, „auch ich bin freie Szene“. Und nur weil jemand noch studiere, könne das ja kein Ausschlusskriterium sein. „Ich versuche, ein neues Publikum zu erschließen. Und das käme ja dann am Ende allen zugute“.

 "Offene Zukunft?!?" ist das Motto der ersten Spielzeit von Katharina Molitor. Dieses Thema wird auf der Homepage des Theaters im Viertel mit diesem Motiv bebildert.

"Offene Zukunft?!?" ist das Motto der ersten Spielzeit von Katharina Molitor. Dieses Thema wird auf der Homepage des Theaters im Viertel mit diesem Motiv bebildert.

Foto: Ramazan Karaoglanoglu
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