Bundestagswahl Kampf der Saarbrücker Spitzenkandidaten
Saarbrücken · Josephine Ortleb (SPD) und Bernd Wegner (CDU) haben im Wahlkreis 296 die besten Chancen auf ein Direktmandat nach Berlin.
Freunde nennen sie Fine. Von Josephine. Genauer gesagt, Josephine Ortleb. Die 30-Jährige tritt am 24. September für die SPD als Direktkandidatin in Saarbrücken an und hofft auf ein Bundestagsmandat. Einer ihrer Lieblingsorte in Saarbrücken ist die Tomate 2, das Restaurant ihrer Eltern. „Mein Vater hat da gekocht, und ich bin da als Kind zwischen Töpfen und Pfannen aufgewachsen“, sagt sie und lacht. Daher kommt wohl auch die Liebe zur Gastronomie. Später machte sie in dem Restaurant ihre Ausbildung zur Restaurantfachfrau, dann zur Fachwirtin für Gastronomie.
Neben der Begeisterung für die Gastronomie entwickelte sie eine zweite große Leidenschaft: Gewerkschaftsarbeit und Politik. Seit 2014 sitzt sie für die SPD im Saarbrücker Stadtrat. „Für mich war schon früh klar, bei der SPD bin ich richtig.“ Ein großes Anliegen ist ihr, wie sie betont, die Familienpolitik, insbesondere die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Darum müsse man unbedingt die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder verbessern, sagt sie. Dazu gehöre natürlich auch die Beitragsfreiheit für Kitas. Und: „Bildung sollte überhaupt gebührenfrei sein.“ Deshalb fordert sie mehr Investitionen vom Bund in den Ländern. „Das Kooperationsverbot muss fallen.“ Aber auch ungerechte Beschäftigungsverhältnisse und mickrige Löhne treiben sie um. „Durch meine Erfahrung in der Gastronomie kenne ich die Branche und die Arbeitsbedingungen“, sagt Josephine Ortleb.
Dafür dass sie seit Monaten im Wahlkampfmodus ist, wirkt die 30-Jährige ziemlich munter. „Zurzeit haben die Tage oft zwölf bis 14 Stunden. Und wenn man dann nach Hause kommt, ist noch die eine oder andere E-Mail zu beantworten. Da bleibt immer was liegen, wenn man den ganzen Tag unterwegs ist.“ Aber die Begegnung mit den Menschen auf der Straße oder an der Haustür gebe ihr auch Energie. Allerdings bleibe im Wahlkampf keine Zeit für ihre Hobbys: Yoga und zum FCS gehen, wo ihr Vater sie schon als Kind mitnahm.
Ob Josephine die Erste, wie sie auf SPD-Postkarten genannt wird, für ihre Hobbys bald mehr Zeit haben wird, wird der Wahlabend zeigen. Kurioserweise liegt in dem ausrangierten Telefonhäuschen neben der Tomate 2, das als Tausch-Buchladen dient (wesentlich von Josephine Ortleb gefördert), die Biografie einer Namensvetterin: Kaiserin Joséphine, Ehefrau von Napoleon. Aber als Sozialdemokratin will Fine bestimmt nicht Kaiserin werden ...
Der Riegelsberger Bernd Wegner tritt für die CDU im Wahlkreis Saarbrücken bei der Bundestagswahl am 24. September an. Der gelernte Schuhmacher-Meister und Präsident der Handwerkskammer will sich dann vor allem für den Mittelstand, die Industrie und die Entschuldung der Kommunen einsetzen.
Wegner trat 1980 der CDU bei. Zwar sei er damals ein „Fan“ des Sozialdemokraten Helmut Schmidt gewesen, doch diesen sah er „in der eigenen Partei nicht verwurzelt“, und: „Ich schlug eine andere Richtung ein.“ Nachdem er sich die Programme der einzelnen Parteien angesehen hatte, entschied er sich für die CDU, mit der er nun nach mehreren Jahren im Landtag des Saarlandes nach Berlin in den Bundestag wechseln möchte. Und was möchte er dort für seinen Wahlkreis erreichen? Zwar komme mit dem Länderfinanzausgleich 2020 mehr Geld ins Saarland, doch „viele Aufgaben wurden vom Bund an die Länder, Kreise und Kommunen übertragen, ohne das ein finanzieller Ausgleich erfolgte“, so Wegner, und: „Wegen dieser finanziellen Schieflage können die Kommunen und der Regionalverband kaum noch Ihre Leistungen und Aufgaben erfüllen.“
Die Sozialleistungen, die Sozialarbeit, aber auch die Schulen und der Straßenbau führt er im Gespräch als Beispiele an. Und als hiesiger Präsident der HWK hat er dabei auch die Ausbildungszentren und Berufsschulen im Blick. Die Digitalisierung und der Fachkräftemangel sind hierbei seine Stichworte: „Junge Menschen müssen auf dem neusten Stand der Technik ausgebildet werden.“ Dafür müssten diese eben auch mit den neuesten Maschinen ausgestattet werden. Dabei mache es ihm auch Sorgen, dass sich immer mehr Menschen für eine akademische Ausbildung entscheiden. „Die berufliche Ausbildung braucht ein höheres Ansehen“, fordert er. Hierzu müssten diese jedoch auch „im Bereich der Lohnentwicklung attraktiver werden“. Daneben möchte er sich auch für die Stahlindustrie einsetzen. Durch die geplante Reform des Emissionshandels in der Europäischen Union sieht er diese unter Druck, dabei sei hierzulande in der Stahlindustrie viel in den Umweltschutz investiert worden. Verlagere sich diese ins Ausland, befürchtet er, dass die Standards sinken: „Schlechte Luft macht an den Grenzen nicht halt.“
Die Belastungen des Wahlkampfes merkt man Bernd Wegner nicht an. Und das, obwohl neben der Bundestagswahl in diesem Jahr auch der Landtagswahlkampf zu führen war. Zehn Termine und mehr pro Tag stünden bei ihm zurzeit an.