Ausstellung und Graffiti Er spielt mit unseren Sehgewohnheiten

Saarbrücken · Johannes Mundinger hat gerade eine Wand in Saarbrücken bemalt und stellt bei Neuheisel aus.

 Johannes Mundinger bei der Arbeit. Er hat eine Hauswand an der Ecke  Mainzer Straße 3/Bleichstraße bemalt.

Johannes Mundinger bei der Arbeit. Er hat eine Hauswand an der Ecke  Mainzer Straße 3/Bleichstraße bemalt.

Foto: Iris Maria Maurer

Seit dem Wochenende ist die Innenstadt von Saarbrücken um ein Kunstwerk im öffentlichen Raum reicher. Johannes Mundinger, 1982 in Offenburg geboren, gestaltete in Höhe der Bleichstraße 3 eine Brandmauer. Gleichzeitig wurde auch eine Ausstellung des Künstlers in der Galerie Neuheisel eröffnet. So lohnt sich ein Besuch der Ausstellung besonders, weil man hier die Arbeit von Johannes Mundinger von Nahem betrachten kann.

„Das neue Werk ist auf eine private Initiative zustande gekommen. Es ist nicht Teil des Art Walk vom Kultusministerium aus dem Jahr 2017“, erklärt dann auch gleich Benjamin Knur, Inhaber der Galerie. Er ist sehr erfreut, dass die kunstvolle Gestaltung von leeren Wandflächen in der Innenstadt auf diese Weise fortgeführt werden kann.

Auch die Ausstellung von Johannes Mundinger ist bemerkenswert. Denn zum ersten Mal zeigt hier ein Künstler Werke, die ganze Wände einnehmen. Und dabei arbeitet der Künstler, der in Münster und Brüssel studierte und heute in Berlin lebt, mit sehr unterschiedlichen Elementen.

Auf den ersten Blick fallen die Fahnen auf. Raumhoch hängen große schwarze Stoffbahnen im Raum, daneben sind große bis großformatige Gemälde zu sehen und wandhohe Papierarbeiten. Johannes Mundinger bringt seine flächige gegenstandslose Malerei in verschiedenen Schichten übereinander an und akzentuiert sie mit einzelnen, freien, kontrastreichen Linien. Das funktioniert auf Papier, Leinwand, aber auch auf kleinen Glasplatten.

Dabei gelingt es dem Künstler, mit seinen Farbschichten Flächen zum Leben zu erwecken. Er spielt mit den Sehgewohnheiten, es ist nie ganz klar, was ist der Vordergrund, was ist Hintergrund.

Nach dem Besuch der Ausstellung ist die Neugier auf die Wandgestaltung noch größer. Bei unserem Besuch ist Johannes Mundinger noch mitten in der Arbeit. Die Lage der zu gestaltenden Brandmauer in der Bleichstraße ist nicht gut zugänglich. Mehrere Garagen sind ihr vorgelagert, sodass er zum Malen einen Hubwagen benötigt, der ihn in einem Korb in die Höhe bringt. Der Korb ist mit einer Decke abgeklebt und die vielen Farbtöpfe lassen dem Künstler kaum Platz. „Aber das passt schon“, sagt er lachend.

Zu seinem „Mural“, der Wandgestaltung, erzählt er, dass er nicht zu konkret malt. „Ich arbeite seit fast zehn Jahren ungegenständlich, dabei sind die Flächen mein Motiv.“ Dann zeigt er eine Zeichnung in einem Skizzenbuch, die er von dem Werk schon angefertigt hat. Mit einem schwarzen Stift hat er die Giebelwand skizziert, mit wenigen Strichen seine zu bemalenden Flächen festgehalten. „Es ist nur eine grobe Komposition. Sie gewichtet die Idee, die Elemente, die Gestaltung. Aber das Allermeiste passiert beim Malen“.

Daher ist er sehr froh, dass die Hausbesitzerin und Auftrag­geberin ihm keinerlei Vorgaben gemacht hat. „Sie hatte sich meine Webseite angeschaut, fand die Sachen gut und gab mir völlige Freiheit“. Und die braucht Johannes Mundiger auch, denn er ist begeistert von Wänden. „Sie haben so unterschiedliche Strukturen“, erklärt er.

Eineinhalb Tage steht Johannes Mundinger in etwa 15 Meter Höhe und malt. Dann ist seine Wand fertig. Es gefällt ihm, etwas Bleibendes in Saarbrücken zu hinterlassen, wie auch schon in Berlin, Vilnius, Istanbul, Sofia, Ostende, Mexico City oder Jerusalem.

Die Gestaltung seiner Arbeit in Saarbrücken ist zurückhaltend, aber prägnant. Die unteren Farbflächen sind schichtweise gestaltet, in roten, braunen, beigen Farben. Darüber lagern weiße Farbflächen, die aussehen, als ob sie von der Wand gerissene Papiere wären. Denn auch hier spielt der Künstler mit den Sehgewohnheiten.

Die Ausstellung „Die Schleichwege des Iason“ von Johannes Mundinger ist bis 10. Oktober in der Galerie Neuheisel, Johannisstraße 3a, zu sehen. Tel. (0681) 3904460.
www.galerie-neuheisel.de
http://jmundinger.de

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