Stadtführungen für Einwanderer Jeder Schritt bringt Stadt und Sprache näher

Saarbrücken  · Studierende aus anderen Ländern nutzen Spezialrundgänge durch Saarbrücken. Das hilft beim Deutschlernen und beim Einleben.

Ein fremdes Land. Eine fremde Sprache. Eine fremde Stadt. Noch.  Menschen aus über 150 Nationen kamen nach Saarbrücken, um zu studieren und zu arbeiten. Sie müssen Deutsch lernen und sich zurechtfinden. Deshalb bieten das Zuwanderungs- und Integrationsbüro der Landeshauptstadt Saarbrücken und der Kongress- und Touristik Service kostenlose Stadtrundgänge für Menschen, die Deutsch lernen. Elke Christmann hatte die Idee.

Seit 2015 unterrichtet sie Deutsch. Als Deutschdozentin an der Volkshochschule (VHS) machte sie immer wieder private Stadtführungen mit ihren Schülern. Sie zeigte ihnen die schönen Seiten Saarbrückens und bemerkte, dass sie eine andere Einstellung zur Stadt bekamen. Mit Veronika Kabis, der Leiterin des Zuwanderungs- und Integrationsbüros, entwickelte Christmann voriges Jahr ein Konzept für die Rundgänge. „Uns ist es wichtig, dass sich die Menschen mit der Stadt identifizieren, in der sie leben“, sagt Kabis. „Es geht auch darum, ihnen zu zeigen wo sie andocken können“, fügt Christmann hinzu. Die 73-Jährige ist offizielle Stadtführerin. Heute trifft sie sich mit einer bunt gemischten Gruppe vor dem Saarbrücker Rathaus. Zehn junge Deutsch-Schüler aus mehreren Ländern erwarten sie auf der Treppe. Christmann führt sie ins Rathaus, zeigt ihnen das Modell der Innenstadt und erklärt in einfachen Sätzen historische Hintergründe. Immer wieder stellen die Teilnehmer Fragen und wollen mehr über ihre neue Heimat erfahren. Danach geht es weiter durch die Innenstadt zur Basilika St. Johann. Begeistert machen die Stadtentdecker Selfies an der Orgel und lauschen den Worten ihrer Stadtführerin. Die nächste Station ist der St. Johanner Markt.

Auf dem Weg dorthin trifft die Gruppe auf Mirsad Puzic, den Besitzer des Gasthauses „Die Kartoffel“. Der gebürtige Bosnier macht den Lernenden Mut, dass man erfolgreich in Saarbrücken sein kann. Auf dem St. Johanner Markt testet Christmann das Vokabular der Schüler an einem Obststand.  Weiter geht es zum Schloss. Nach einem Rundgang über das Gelände beendet sie nach zwei Stunden die Führung. Bei einem Kaffee tauschen sich die Teilnehmer auf Deutsch über ihre Erfahrungen aus. „Mir hat der Schlosspark am besten gefallen, weil man dort spazieren kann“, sagt Tens Luzi aus Albanien. Der 21-Jährige hat in den USA sein Informatikstudium abgeschlossen und will in Deutschland Medizintechnik studieren. „Ich war vorher noch nie in einer katholischen Kirche. Es war sehr schön.“, sagt Tamar Beridse. Sie ist wie Luzi seit Februar in Deutschland. In ihrem Heimatland hat die 23-Jährige einen Bachelor in Ingenieurwesen gemacht. Zurzeit arbeitet sie als Au-pair und lernt Deutsch, um hier eine Ausbildung zur Ingenieurin machen zu können.

Christmann freut sich, dass die Stadtentdecker ihre neuen Deutschkenntnisse gleich anwenden. Schon seien fast alle Stadtrundgänge für Deutschlerner ausgebucht, ohne dass sie viel Werbung dafür gemacht hat.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort