„Junge Pflege“ im Saarland So steht es um die Pflege junger Menschen mit Beeinträchtigungen
Saarbrücken · Im Saarland fehlt es Wohn- und Fördereinrichtungen für junge Menschen mit Beeinträchtigung. Oft werden sie in Altenheimen oder Pflegeheimen untergebracht. Wie es um die Lage der „Jungen Pflege“ hierzulande steht.
In Nordrhein-Westfalen gibt es sie, in Baden-Württemberg und auch in Bayern: Wohnmöglichkeiten für junge Menschen mit Beeinträchtigungen. Im Saarland leben – wie bereits berichtet – 573 Menschen unter 65 Jahren in Altenheimen oder Pflegeheimen, weil es hier an der „Jungen Pflege“ fehlt. Einige wenige private Ausnahmen gibt es: In Saarbrücken etwa die beiden Wohngemeinschaften des Vereins „Miteinander leben lernen“ (MLL); hier leben junge Männer und Frauen mit und ohne Behinderung zusammen.
Gesprächsreihe zur „Jungen Pflege“ vom Ministerium für Gesundheit und Soziales initiiert
In Saarbrücken fand gerade auch das vierte von sechs Gesprächen zur „Jungen Pflege“ statt. Alarmiert durch die Zahl 573, die das Ergebnis einer Studie ist, hat das Ministerium für Gesundheit und Soziales eine Gesprächsreihe ins Leben gerufen: In den Landkreisen treffen sich Fachleute und besprechen die Lage. Daniel Bieber, Behindertenbeauftragter des Saarlandes, der zusammen mit dem Pflegebeauftragten, Jürgen Bender, das Gesundheitsministerium auf die desolate Situation im Saarland aufmerksam gemacht hat, zieht Zwischenbilanz: „Wir habe kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem.“
Als „Ausweg“ sieht er die privaten Initiativen, die er als Behindertenbeauftragter unterstützen möchte. „Das ist günstiger und geht schneller als auf große Träger zu warten.“ Deren Argumente ähneln sich. Auch nach dem Gespräch im Regionalverband waren sie wieder zu hören: „Fachkräftemangel“ und „Finanzierung.“
Die große Unbekannte in allen Gesprächen und bei jeder Planung ist die Dunkelziffer. Viele jüngere Menschen mit Beeinträchtigungen leben bei ihren Eltern und werden von ihnen versorgt. Was aber, wenn die Eltern zu alt sind für die „Junge Pflege“? Wenn sie krank werden? Wenn sie sterben?
Land gibt neue Studie in Auftrag, die den Bedarf bis 2035 erheben soll
Der Pflegebeauftragte Jürgen Bender hat gerade vor dem Gesundheitsausschuss des Landtags gesprochen. In der Bilanz seiner inzwischen zehnjährigen Amtszeit kritisierte er die Fehlbelegung in Alten- und Pflegeheimen mit jüngeren Menschen, die eine Beeinträchtigung haben. Da auch bei der „Jungen Pflege“ alles Handeln erst einmal Zahlen voraussetzt, werde das Land eine neue Studie in Auftrag geben, sagt Daniel Bieber. Sie solle den Bedarf bis 2035 erheben.
So lange können und wollen viele Eltern nicht warten. Gerade hat sich ein neuer Verein gegründet: „anders.lebenswert.wohnen“. Sein Ziel: „individuelles, gemeinschaftliches Leben und Wohnen für alle“. Unterstützen möchte er „die Umsetzung inklusiver Wohnräume in und um Saarbrücken.“