Verkehrsbehinderungen für Auto- und Bahnfahrer Mehr als 300 Einsätze im Saarland: Die Bilanz von Sturmtief „Ignatz“ (mit Bildergalerie)

Update | Saarbrücken · Mit „Ignatz“ ist der erste starke Herbststurm des Jahres über das Saarland gezogen. Polizei und Feuerwehr mussten am Donnerstag mehr als 300 Mal ausrücken. Was wo passiert ist.

Sturm „Ignatz“: Bilder zeigen Schäden im Saarland
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Bilder zeigen, welche Schäden Sturm „Ignatz“ im Saarland angerichtet hat

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Foto: BeckerBredel

Am frühen Donnerstagmorgen hat das Sturmtief „Ignatz“ seinen Zug über Deutschland begonnen. Der erste kräftige Herbststurm des Jahres brachte auch im Saarland heftige Böen mit sich, zum Teil auch Gewitter und Regen. Noch am Abend gab der Deutsche Wetterdienst eine amtliche Wetterwarnung für das gesamte Saarland heraus, in der von Windböen der Stufe 1 bis 4 die Rede war. Derweil sind die Folgen und Schäden bereits in den Morgenstunden teils massiv gewesen.

Landesweit mussten die Einsatzkräfte zu 310 Einsätzen (Stand 18.20 Uhr) ausrücken.

In den meisten Fällen handelt es sich laut Polizei um Behinderungen durch herabfallende Äste, umgestürzte Bäume oder Gegenstände wie Bauzäune und Schilder sowie Verkehrsunfälle durch Aquaplaning. „Mehrere Straßen sind aktuell gesperrt aufgrund von Räumungsarbeiten“, sagte ein Sprecher der Führungs- und Lagezentrale der Polizei auf SZ-Anfrage. Die meisten Einsätze habe es bisher im Raum Merzig-Wadern, Saarlouis und Saarbrücken gegeben.

Schäden nach dem Sturm im Landkreis Merzig-Wadern

In Merzig wurde eine geplante Sonderimpf-Aktion gegen das Coronavirus wegen des Sturms abgesagt, wie die Stadtverwaltung mitteilte.

Die Landstraße 151 zwischen Wadern und Weiskirchen-Thailen ist seit dem frühen Morgen gesperrt.

Für viel Aufregung sorgte am Donnerstag in den frühen Morgenstunden die Alarmeinrichtung eines Baukrans, der zurzeit am Losheimer Stausee aufgebaut ist: Wegen der heftigen Sturmböen (hier wurden Windgeschwindigkeiten zwischen 90 und 100 Kilometern pro Stunde gemessen) begann der Kran zu schwanken, was den Alarm mit Warnton und Blinklicht auslöste. Die Losheimer Feuerwehr rückte zum Stausee aus und alarmierte die betroffene Baufirma. Es bestand aber keine Gefahr, dass der Kran umstürzte – das stellte sich nach Begutachtung der Situation durch die Fachleute vor Ort heraus.

Die Landstraße 151 zwischen Wadern und Weiskirchen-Thailen war komplett gesperrt. Dort dauerten die Aufräumarbeiten nach Angaben der Polizei-Inspektion Nordsaarland noch bis in den Nachmittag an. Auf der Strecke wurde ein 54-jähriger Mann aus Weiskirchen am frühen Morgen leicht verletzt, als er über einen Feldweg auf die gesperrte Straße aufgefahren war und dort mit einem Baumstamm kollidierte. Sein Wagen wurde dabei stark beschädigt. Auf der gleichen Strecke hatte sich außerdem noch ein Bus festgefahren, der vor den quer liegenden Bäumen auf der Fahrbahn wenden wollte und dabei in die Böschung rutschte. Ebenfalls voll gesperrt wurde die L 149 zwischen Nonnweiler und Hermeskeil. „Hier kam es auf rheinland-pfälzischer Seite in Folge der umgestürzten Bäume zu einem Unfall“, berichtete ein Polizeisprecher. Darüber hinaus kam es auf vielen Strecken zu kurzfristigen Sperrungen wegen umgestürzter Bäume, die durch die Feuerwehren und Bauhöfe sowie das Landesamt für Straßenwesen beseitigt wurden.

Welche Schäden in Saarlouis verursacht wurden

Eine brenzlige Situation entstand während des Orkans in Dillingen: Ein umgestürzter Baum hat dort am frühen Donnerstagmorgen in der Industriestraße erheblichen Sachschaden angerichtet. Als der Koloss durch heftige Sturmböen entwurzelt wurde, kippte er nicht nur um und blockierte die Industriestraße, sondern riss beim Umfallen eine Giebelwand aus dem Dachbereich eines angrenzenden Wohnhauses heraus. Glücklicherweise forderte dieser Unfall keine Verletzten. Allerdings wurden die einen Stock tiefer schlafenden neuen Mieter des Gebäudes mit Donner und Getöse aus dem Schlaf gerissen. In der betroffenen Wohnung darüber befanden sich keine Menschen, da sie zurzeit renoviert wird.

Von der Dillinger Polizei wurde die Gefahrenstelle abgesperrt, Einsatzkräfte der Feuerwehr entfernten mit der Motorsäge Ast für Ast in dem schräg über der Fahrbahn liegenden Baum, der sich mit seiner Krone in anderen Bäumen auf der gegenüberliegenden Straßenseite verfangen hatte. Beim Fällen des Baumes musste die Feuerwehr mit besonderer Sorgfalt und Vorsicht vorgehen, um keine darunter entlang führenden Kabel und Leitungen zu beschädigen.

Nach Auskunft des Landkreises Saarlouis mussten die Feuerwehren im Kreis zwischen Mittwochnacht und Donnerstagmittag zu etwa 50 Einsätzen ausrücken.

 Des Weiteren gab es Stromausfälle durch beschädigte Oberleitungen in mehreren Außenbezirken von Saarbrücken, unter anderem in Heusweiler und Nonnweiler. In Gersweiler war ein Strommast komplett umgeknickt, genau wie im Bereich Scheidter Berg.

Sturm bringt Fahrplan der Deutschen Bahn durcheinander

Die Deutsche Bahn warnte vormittags vor möglichen Zugausfällen oder Verspätungen wegen des Sturmschäden. „Wir haben rund um Saarbrücken große Probleme“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Etliche Strecken seien wegen Bäumen und Ästen auf den Gleisen gesperrt worden. So stürzte bei Lebach ein Baum in eine Oberleitung und bremste die Saarbahnlinie S1 zwischen 7.05 Uhr und 14 Uhr komplett aus. Ein Ersatzverkehr wurde eingerichtet, teilte die Saarbahn GmbH mit. In Kirkel musste nach Angaben eines Polizeisprechers ein Zug mit 25 Personen sogar evakuiert werden, weil eine Oberleitung beschädigt wurde.

 Auch an anderen Stellen war der Saarbahnverkehr eingeschränkt. Um 8:15 Uhr sperrte die Deutsche Bahn für etwa eine Dreiviertelstunde die Strecke zwischen Brebach und Saargemünd. Und schließlich sorgte das Sturmtief außerdem für Probleme im Busverkehr. Mehrere Linien mussten Umleitungen aufgrund von Straßensperrungen fahren. So konnte beispielsweise die Buslinie 104 zeitweise Friedrichsthal nicht anfahren.

 Viele Sturmeinsätze im Regionalverband

In der Saarbrücker Innenstadt fielen unzählige Mülltonnen um, gelbe Säcke wehten durch die Straßen, die Bäume verloren jede Menge Laub und Verkehrsschilder und Bauzäune waren leichte Opfer des starken Windes. In der Bahnhofstraße wurde der Pavillon eines Corona-Schnelltestzentrums weggeweht, in der Reichstraße die letzten Sonnenschirme der Eiscafés. Vor allem am Stadtrand gab es Feuerwehreinsätze durch umgestürzte Bäume und lose Teile. In der Flughafenstraße zwischen Fechingen und Ensheim stürzte eine mächtige Buche auf die Fahrbahn, ein bergauf fahrender Autofahrer versuchte, dem Baum auszuweichen, erwischte die großen Äste der Baumkrone allerdings mit seinem Wagen. Er hatte Glück, es blieb bei einem Sachschaden. Die Buche hätte den Wagen unter sich begraben können. Auch zuvor waren in diesem Bereich schon Äste abgebrochen, Autofahrer räumten sie selbst zur Seite. Bei der Buche musste die Kettensäge ran.

In Völklingen beseitigte die Feuerwehr Bäume auf dem Leinpfad, in Riegelsberg stürzten Bäume auf die A 1, zwischen Dorf im Warndt und Ludweiler und an der Warndtweiherstraße gab es Baumeinsätze, in der Alleestraße in Altenkessel musste die Feuerwehr einen weggepusteten Pavillon sichern, in Burbach stürzte eine Plakatwand aus der Verankerung.

Im Regionalverband gab es schon am Vormittag in fast allen Kommunen Sturmeinsätze der Feuerwehr, am Kieselhumes wurde eine Werbetafel vom Sturm beschädigt. Nach Polizeiangaben wurde durch den Sturm niemand verletzt, das Einsatzaufkommen der Feuerwehren war so groß, dass die Freiwillige Feuerwehr in Saarbrücken schon am Morgen in Alarmbereitschaft versetzt wurde.

An der ehemaligen Kirche St. Antonius in der Hausenstraße in Völklingen-Fenne drohten lose Teile vom meterhohen Glockenturm in die Tiefe zu stürzen. Die Kirche ist bereits seit einigen Jahren profaniert und gilt als baufällig. Die Feuerwehren aus Fürstenhausen und Völklingen rückten zur Einsatzstelle aus und inspizierten mit der Drehleiter den Glockenturm. Wie die Einsatzkräfte vor Ort mitteilten, waren Holzbohlen am Glockenturm lose. Diese wurden vor Jahren dort angebracht, um ein Loch zu verschließen. Einige sind über die Jahre schon abgestürzt. Die Einsatzkräfte entfernten die Holzbohlen, um eine Gefährdung für Passanten zu vermeiden. Die Hausenstraße und die Fenner Straße waren etwa eine halbe Stunde voll gesperrt.

Relativ glimpflich im Vergleich etwa zum benachbarten Kreis St. Wendel ist der Kreis Neunkirchen nach dem ersten größeren Herbststurm davongekommen. Im Stadtgebiet Neunkirchen gab es seit 6.26 Uhr lediglich 13 kleinere Einsätze der Feuerwehr wegen Ästen auf der Fahrbahn oder Kleinteilen auf den Straßen. Stärker betroffen ist das Ostertal Richtung Landkreis St. Wendel. Dort ist der Busverkehr der Neunkircher Verkehrs AG zum Erliegen gekommen, weil Bäume die Fahrbahn versperren. Demnach können nach Angaben der NVG Münchwies, Steinbach und Breitenbach derzeit nicht angefahren werden. Die Landstraße 121 in Hangard ist derzeit komplett  gesperrt.

Wie groß die Schäden in St. Wendel sind

Die Spitzen-Windgeschwindigkeit von 113 Kilometern pro Stunde wurde in Tholey gemessen. Bis Donnerstagnachmittag, 14 Uhr, hatten sich die Einsätze auf 30 summiert. Auch im Berufsverkehr kam es zu Verkehrsbehinderungen. Kurzzeitig war unter anderem die Autobahn 1 in Fahrrichtung Saarbrücken betroffen. Zwischen den Anschlussstellen Braunshausen und Primstal stürzte  kurz vor 7 Uhr ein Baum auf die Straße. „Der Löschbezirk Otzenhausen konnte das Hindernis rasch von der Fahrbahn entfernen und die Autobahn wieder freigeben“, berichtet Schäfer. Schon einige Stunden zuvor hatten gleich mehrere Bäume die L 135 zwischen Selbach und Theley blockiert. „Aufgrund der Anzahl der Bäume arbeiteten die Löschbezirke Selbach und Theley diese Einsatzstelle gemeinsam ab“, erläutert Schäfer. Der Einsatz dauerte von 3.12 bis 5 Uhr. Erst danach konnten Fahrzeuge die Strecke wieder passieren.

In einem Fall erreichte die Helfer die Meldung „PKW gegen Baum“. Rasch konnte der Löschbezirk Hasborn-Dautweiler den Baum entfernen. Doch für einige Menschen in der Region begann der Start in den Donnerstag ohne Strom. Betroffen waren vor allem Haushalte in Ortsteilen der Gemeinden Nohfelden, Namborn und Freisen.

Eine Leserin aus Freisen berichtete, dass der Wind einen Pavillon in ihrem Garten komplett umgeweht hatte.

Sturmtief „Ignatz“ hat auch über Homburg gezeigt, was Windböen mitunter anrichten können. So sei der städtische Betriebshof ab sieben Uhr am Donnerstagmorgen im Einsatz. Das teilte die Stadtpressestelle mit. Auch die Feuerwehren im Stadtgebiet sind in den Morgenstunden zu mehreren Einsätzen ausgerückt. Bisher waren vor allem die Ortsteile Jägersburg, Websweiler, Altbreitenfelderhof sowie das Gebiet Homburg-Mitte und Einöd betroffen. Über die genaue Anzahl und Beschreibungen der unterschiedlichen Sturmeinsätze kann die Stadt erst in den kommenden Tagen Auskunft geben. Immerhin klar war am Donnerstagmorgen, dass erneut das Kulturzentrum Saalbau in Mitleidenschaft gezogen worden war. Schon in der Vergangenheit hatte ein Sturm an der Verschalung der Dachkonstruktion Schäden verursacht. Am Donnerstagmorgen schien sich dies zu wiederholen. So wurde der Bereich vor dem Saalbau gesperrt und eine Fachfirma hinzugezogen.

Warnung vor orkanartigen Böen

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach hatte für den Vormittag für Rheinland-Pfalz und das Saarland vor Orkanböen gewarnt. Noch für den frühen Nachmittag wurden schwere Sturmböen mit einer Geschwindigkeit bis zu 80 Stundenkilometer sowie weitere einzelne Gewitter erwartet. Zum Abend hin schwäche der Wind weiter ab, hieß es weiter. Am Freitag weht der Wind dann nur noch mäßig bis frisch. Nur vereinzelt sind bei Temperaturen bis 13 Grad noch stürmische Böen möglich.

Da viele Bäume noch Laub tragen und besonders alte Laubbäume durch den Trockenstress der Jahre 2018 bis 2020 in den Kronen zum Teil erhebliche Schäden davongetragen haben, besteht besondere Windbruchgefahr. Daher raten Saar-Umweltministerium und der Saarforst Landesbetrieb derzeit davon ab, im Wald zu spazieren, bis sich die Wetterlage wieder beruhigt hat. Autofahrer werden gebeten in Waldnähe auf herab fallende Äste zu achten.

250 000 Haushalte in Frankreich ohne Strom

Heftige Sturmböen haben am frühen Donnerstagmorgen auch in Nordfrankreich Störungen im Verkehr und bei der Stromversorgung verursacht. Etwa 250 000 Haushalte seien ohne Strom, schrieb Netzbetreiber Enedis auf Twitter. Allein in der Normandie waren demnach 80 000 Haushalte betroffen.

Im Norden und Nordwesten des Landes kam es teils zu massiven Zugausfällen. Auch in der Region um Paris herum war der Verkehr durch umgefallene Bäume eingeschränkt.  

Die Sturmböen waren laut Météo France mit bis zu 175 Kilometern pro Stunde über das Land gezogen. In insgesamt drei Départements im Nordosten Frankreichs galt die Warnstufe Orange.

Nationalpark Hunsrück-Hochwald gibt Warnung heraus

Saarland: Sturmtief „Ignatz“ verursacht Hunderte Einsätze – das ist die Bilanz
Foto: BeckerBredel

In den Waldgebieten sind viele Bäume umgestürzt und abgebrochene Äste hängen noch in den Baumkronen, die jederzeit herabstürzen könnten. Deshalb gab der Nationalpark Hunsrück-Hochwald noch am Donnerstagabend eine Warnung für die nächsten Tage heraus. Dazu komme: Der Waldboden ist nach den Regenfällen aufgeweicht und bietet den noch belaubten Bäumen wenig Standsicherheit. Deshalb werden die Mitarbeiter des Nationalparkamtes eine Bestandsaufnahme der dauerhaft ausgewiesenen Waldwege und Wander-Routen machen und diese schnellstmöglich von umgestürzten Bäumen und offensichtlichen Gefahren befreien. „Wir bitten alle Waldbesucher in den nächsten Tagen auf waldfreie Wanderrouten auszuweichen und die gefährdeten Waldgebiete zu meiden“, erklärte der Nationalpark in einer öffentlichen Mitteilung.

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