Jochen Senf „Ich spiele Theater, weil ich mich mag“

Als Tatort-Kommissar wurde Jochen Senf, der vor einigen Tagen starb, bekannt. Als Mitbegründer des Kinder- und Jugendtheaters „Überzwerg“ ist er vielen auch noch in Erinnerung.

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Foto: Überzwerg

Eine Anekdote haben sie sofort parat. Es gibt sie schriftlich, denn Peter Tiefenbrunner hatte sie zum 25-jährigen Bestehen des Kinder- und Jugendtheaters „Überzwerg“ vorgetragen und danach archiviert. „…ganz allein der Wind“ ist sie überschrieben und jetzt, wenige Tage nach dem Tod von Jochen Senf, auch als kleine Hommage an den verstorbenen Schauspieler zu sehen. Der war eben nicht nur der Tatort-Kommissar auf dem Fahrrad; er war auch dem Kinder- und Jugendtheater sehr verbunden. Vor 40 Jahren, im Oktober 1978, hatten Ingrid Braun, Ingrid Hessedenz, Alice Hoffman, Peter Tiefenbrunner und Jochen Senf das „Freie Kinder- und Jugendtheater Saarbrücken“ gegründet, den Vorläufer des heutigen „Überzwerg“.

Es war einige Zeit vor dem Umzug des Theaters nach St. Arnual, man spielte im Theater am Stiefel und Jochen Senf war in dem Stück „perfiduum mobile“, das er selbst geschrieben hatte, der Wind.

Und jetzt kommt Tiefenbrunners Lieblings-Überzwerg-Anekdote: Senf stand allein auf der Bühne, sein Monolog sollte in dem Satz „Mein Gott, bin ich neugierig“ münden. Senf aber sagte voller Inbrunst „Mein Gott, bin ich merkwürdig“. Tiefenbrunners Text und auch der seiner Theater-Partnerin Madeleine Giese fiel an diesem Tag aus. Sie waren damit beschäftigt, das Lachen zu unterdrücken. Das Publikum hingegen nahm den Text ohne zu Staunen auf.

„Merkwürdig“ konnte er ja auch sein, der Künstler aus Frankfurt, der im Saarland bekannt wurde und jetzt in Berlin starb. Auch sehr direkt und unverblümt. Seine Antwort auf die Frage, warum er Theater spiele: „Weil ich mich mag“.

 Detlef Kraemer (links) ist Schauspieler und Geschäftsführer, Bob Ziegenbalg ist Schaupieler und Künstlerischer Leiter des Theaters.

Detlef Kraemer (links) ist Schauspieler und Geschäftsführer, Bob Ziegenbalg ist Schaupieler und Künstlerischer Leiter des Theaters.

Foto: Überzwerg
 Mit „Was heißt hier Liebe“ fing 1979 alles an. Das Transparent zur Premiere hing am Jugendzentrum in der Saarbrücker Försterstraße.

Mit „Was heißt hier Liebe“ fing 1979 alles an. Das Transparent zur Premiere hing am Jugendzentrum in der Saarbrücker Försterstraße.

Foto: Überzwerg
 Szene aus „Was heisst hier Liebe“ mit Ingrid Braun und Jochen Senf.

Szene aus „Was heisst hier Liebe“ mit Ingrid Braun und Jochen Senf.

Foto: Überzwerg
 Jochen Senf (rechts) 1981 als Clown in dem Stück „Zirkus Remmidemmi“.

Jochen Senf (rechts) 1981 als Clown in dem Stück „Zirkus Remmidemmi“.

Foto: Überzwerg
 Jochen Senf in „Krüppel aus dem Sack“, das in der Spielzeit 1981/82 aufgeführt wurde.

Jochen Senf in „Krüppel aus dem Sack“, das in der Spielzeit 1981/82 aufgeführt wurde.

Foto: Roger Paulet

Während sie sich an den Schauspielkollegen erinnern, fallen den heutigen Theatermachern Bob Ziegenbalg und Detlef Kraemer viele Szenen wieder ein. Es war 1981, erzählt Ziegenbalg, als Theatergruppen aus Saarbrücken zu Hausbesetzern wurden: Musentempel, Blaue Maus, Kachel, Überzwerg… Alle brauchten Proberäume, die sie danach auch bekamen. Jochen Senf immerhin zählte, sagt Ziegenbalg heute, „zu den ersten Hausbesetzern des Saarlandes“. Später wurde er dann Tatort-Kommissar. Die einstigen Kollegen erinnern sich noch gut. Es war wohl während sie mit dem Stück „Des Kaisers neue Kleider“ beschäftigt waren, als Jochen Senf mit der Neuigkeit ins Theater kam, er solle Fernseh-Kommissar werden. Und mit der Frage, was die Kollegen davon hielten. Man riet ihm zu – und verlor einen Theaterkollegen. Einen, der vehement diskutieren konnte, einen, der sich vehement für das Theater eingesetzt hat. Dem Theater Überzwerg blieb er verbunden, wenngleich man ihn nach seinem Umzug nach Berlin nur noch sehr selten sah.

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