Leben an der Grenze Grenzschließung ohne Augenmaß

Die Grenzschließung zwischen Lothringen und dem Saarland hat alle, die hier leben, hart getroffen. Solche Entscheidungen trifft man besser nicht in Berlin, sondern in Metz und in Saarbrücken. Denn keiner kennt die Verhältnisse vor Ort besser als die Einheimischen.

 Jörg Wingertszahn

Jörg Wingertszahn

Foto: SZ/Robby Lorenz

Die viel gepriesene deutsch-französische Freundschaft wird in diesen Tagen auf eine harte Probe gestellt: Plötzlich ist die Grenze zwischen dem Saarland und Lothringen wieder dicht, kann nur mit Ausnahmegenehmigungen passiert werden. Die Bundesregierung hat die Grenze am 16. März von oben herab dichtgemacht. Ohne Rücksprache oder Absprache mit Paris  – sehr zum Unmut der Franzosen. Geht man so mit seinem wichtigsten Partner in Europa um? Und die saarländische Landesregierung stimmte auch noch allzu bereitwillig zu. Dabei sollte sie die Verhältnisse vor Ort doch besser beurteilen können als Berlin. Was für eine Zumutung für Pflegekräfte aus Lothringen einen stundenlangen Umweg zur Arbeit ins Saarland zu fahren. Und warum kann eine frisch operierte Deutsche, die in Lothringen wohnt, nicht unkompliziert die Grenze zu ihrer Behandlung in Saarbrücken passieren? Rechtzeitig hat man sich besonnen. Auf Druck saarländischer CDU-Politiker hat Bundesinnenminister Horst Seehofer, die Grenze durchlässiger gemacht und den Übergang zwischen Großrosseln und Petite-Rosselle geöffnet. Alles andere würde das Leben an der Grenze abwürgen. Vieles weiß man eben erst zu schätzen, wenn man es verloren hat. Umso sympathischer, dass sich die Lothringer in der Krise nicht unterkriegen lassen – sei es mit Straßenmusik gegen die Tristesse der Ausgangssperre oder dringend benötigten Spenden für das Forbacher Krankenhaus.

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