Heimatkunde in Gersweiler und Klarenthal Die Liebe zur Heimat im Saarbrücker Westen

Saarbrücken · Eine mittelalterliche Ruine, die mal Kirche, mal Pest-Lazarett war, Menschen, die Widerstand gegen die Nazis geleistet haben, alte Keramik, die Geschichte von alteingesessenen Familien: Warum Heimatforschung ziemlich spannend sein kann.

 Der Vorstand des heimatkundlichen Vereins Gersweiler-Ottenhausen an einem für den Verein wichtigen Ort, in der Ruine der Aschbachkirche. Von links: Peter Nest, Gabriele Herrmann, Julia Baltes, Winfried Jung, Bernd Baltes, Volker Arnold und Markus Körbel.

Der Vorstand des heimatkundlichen Vereins Gersweiler-Ottenhausen an einem für den Verein wichtigen Ort, in der Ruine der Aschbachkirche. Von links: Peter Nest, Gabriele Herrmann, Julia Baltes, Winfried Jung, Bernd Baltes, Volker Arnold und Markus Körbel.

Foto: BeckerBredel

Freude ist ein sehr persönlicher Gast. Markus Körbel begrüßt sie so: „Freude bereiten oftmals die kleinen, ganz alltäglichen Dinge, wie etwa die aktuell unserem Museum überlassenen Backsteine eines Arbeiterhauses, die Ende der 1850er Jahre in den Handziegeleien in Klarenthal-Krughütte gefertigt wurden.“ Backsteine können Freude machen? Wenn man ehrenamtlicher Geschäftsführer des heimatkundlichen Vereins Gersweiler-Ottenhausen ist, schon. Und das ist Markus Körbel. Er verkörpert diesen Verein.

„Der Saarbrücker Stadtteil Gersweiler zeichnet sich durch einen über 800 Jahre langen Werdegang, zahlreiche Baudenkmäler und einen großen Waldbestand aus. Das Interesse an Geschichte und Natur hat dazu geführt, dass ich 1983 zu den Gründungsmitgliedern des Heimatkundlichen Vereins Gersweiler-Ottenhausen zählte. Inspiration dazu waren sicherlich auch die Publikationen der Heimatforscher Carl Büch, Albrecht Rixecker und Walter Neutzling“, erzählt der Mann, der hauptberuflich im saarländischen Wirtschaftsministerium arbeitet.

Als Geschäftsführer kümmert sich Körbel nicht nur um den Verwaltungskram, zu seinen Aufgaben gehört, wie er sagt, auch „das redaktionelle Management der Publikationen des Vereins“. „Zum Glück bleibt daneben auch noch etwas Zeit für die Forschung, zum Beispiel hinsichtlich der örtlichen Keramik- und Glaserzeugung“, erklärt Körbel.

Der 1983 gegründete und 90 Mitglieder zählende Verein befasst sich mit der Geschichte und Genealogie, also mit Familienkunde, der Saarbrücker Stadtteile Gersweiler und Klarenthal mit ihren Ortsteilen Ottenhausen und Krughütte. „Die Forschungsergebnisse werden regelmäßig in Büchern und auf CDs, aber auch über das Internet publiziert“, sagt Körbel. Wobei insbesondere bei der Familienkunde große, teilweise weltweite Nachfrage bestehe.

Die Ergebnisse der Forschung werden aber auch vor Ort präsentiert. Die Vereinsräume im ehemaligen Gersweiler Rathaus sind samstags von 10 bis 12.30 Uhr geöffnet. Der Geschäftsstelle ist ein kleines Museum angegliedert, in dessen Mittelpunkt die zwischen 1846 und 1901 aktive Gersweiler Steingutfabrik der Familie Schmidt steht. Präsentiert werden über 200 weiße, bemalte, bedruckte und bunt glasierte Steingutteile, so zum Beispiel Speise-, Kaffee- und Waschservice sowie Haushaltswaren.

„Enorme historische und kunstgeschichtliche Erkenntnisgewinne brachte die im Jahr 2004 durchgeführte und von der Wadgasser Archäologin Bärbel Fecht betreute Bodenforschungsmaßnahme in der Krughütter Friedrichstraße, bei der Werkstattabfälle einer ehemaligen Steinzeugtöpferei gesichert wurden. Die vielfältigen Formen und Dekore des Bestandes konnten Anfang 2020 von der Archäologin und Keramikexpertin Eva Blanc aus Neulussheim wissenschaftlich aufgearbeitet und in einem reich bebilderten Sonderband veröffentlicht werden“, erzählt Körbel.

Seit seiner Gründung betreut der Verein auch die Ruine der Aschbachkirche in Gersweiler. Die Saalkirche mit eingezogenem Chor wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut und im 14. Jahrhundert verändert. Das idyllisch gelegene Gemäuer ist eines der wenigen noch erhaltenen Zeugnisse aus der Zeit des Mittelalters im Saarland und wurde im 17. Jahrhundert von der Stadt Saarbrücken als Pestlazarett genutzt. „Der Heimatkundliche Verein organisiert an der Aschbachkirche Sanierungs-, Grünpflege- und Bodenforschungsmaßnahmen sowie Kulturveranstaltungen“, erklärt Körbel.

Dem Verein angeschlossen hat sich die Gruppe „Frankenstolz“, die im Jahr 2008 mit dem Ziel gegründet wurde, das mittelalterliche Leben darzustellen. Die Mittelaltergruppe kümmert sich aktiv um das Baudenkmal Aschbachkirche und nimmt regelmäßig mit Zelten, Gewandungen und Gerätschaften an Mittelalterveranstaltungen teil.

Jüngere Forschungen des Vereins betreffen den Widerstand von Gersweiler und Klarenthaler Bürgerinnen und Bürgern gegen die nationalsozialistische Diktatur. Körbel: „Wir konnten aktuell 18 ausführliche Fallbeschreibungen des Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbandes Rheinland ins Internet stellen, die dem kommunistischen, sozialdemokratischen und bürgerlichen Milieu zuzuordnen sind.“

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