Filmemacher bieten Infos für Flüchtlinge Flüchtlinge drehen Info-Videos für Facebook

Saarbrücken · In Bildern und drei Sprachen erklären die Macher aus Saarbrücken anderen Flüchtlingen, wie das Leben in Deutschland funktioniert.

Die drei sitzen in einem Restaurant, beleuchtet von Kamerascheinwerfern. Auch wenn das Licht etwas schummrig wirkt, die einzelne Kerze auf dem Tisch dient eher als Deko. Ganz links sitzt Mohamad Haji Hussen oder, wie ihn jeder nennt, Saam. Ein Mittzwanziger mit gestylten Haaren und Vollbart, geflüchtet aus Syrien.

Er beginnt zu reden. Auf Arabisch erzählt er, was hier in Saarbrücken zu tun sei, wenn jemand mitten in der Nacht, außerhalb der Öffnungszeiten von Apotheken und Arztpraxen krank werde und medizinische Hilfe brauche. Die Szene wechselt, er steht vor einem animierten Hintergrund mit Informationen und Telefonnummern. Das Ganze wirkt professionell wie in einem Nachrichtenstudio. Dann ist das Video zu Ende. Und das Nächste beginnt, die gleiche Szene, wieder im Restaurant. Doch diesmal beginnt der junge Mann ganz rechts zu reden, Haftom Hadush. Das gleiche Thema, nur erzählt der Eritreer in seiner Heimatsprache Tigrinya.

Die beiden Videos sind genauso zu sehen auf Facebook. Sie wurden produziert von Fugeefilms, einer Gruppe von Künstlern aus Saarbrücken und aller Welt. Im Studio Formation, in der St. Johanner Straße sitzen die drei Gründer von Fugeefilms am Tisch.

Alles hat damit angefangen, dass für Flüchtlinge in Deutschland in allen Bereichen riesiger Informationsbedarf besteht, sagt Michael Preßer. „Am Anfang wurde dann sehr viel über Flyer gemacht“, erzählt er. „Aber die sind genauso lesefaul wie wir auch.“ Also sei ihnen die Idee gekommen, Filme zu produzieren und dadurch die benötigten Informationen zu vermitteln. Michael Preßer ist selbst Filmemacher von Beruf, von früheren gemeinsamen Projekten kannte er Florian Penner bereits, einen Medienkünstler, der an der HBK in Saarbrücken unterrichtet. Im Netzwerk „Ankommen“, einer Initiative zur Flüchtlingshilfe in Saarbrücken, lernte er schließlich mit Christian Bart einen Designer kennen, der selbst bereits Informationsmaterial für Flüchtlinge gestaltete. Also beschlossen die drei anzufangen, allerdings nicht nur mit Filmen. Fugeefilms sieht zwar den Film im Mittelpunkt, als Flaggschiff, aber nutzt das Team auch andere Techniken wie zum Beispiel Design und Animation zur Vermittlung von Informationen.

Die Filme werden produziert in vier Sprachen, in Deutsch, Englisch, Arabisch und Tigrinya, der am häufigsten gesprochenen Sprache in Eritrea. Tigrinya deshalb, weil die zweitgrößte Flüchtlingsgruppe in Saarbrücken aus Eritrea stammt, sagt Christian Bart. Die Themen für die Filme sucht das Team aus dem Netzwerk selbst aus. So wie zum Beispiel bei den Videos darüber, wie der deutsche ärztliche Notdienst funktioniert. „Letztes Jahr hatten wir einige, die haben den Krankenwagen gerufen, obwohl sie nur eine Grippe hatten“, erzählt Michael. Also wollten sie das Thema erklären.

Momentan seien Job und Ausbildung das große Thema, sagt Bart. Deswegen habe man zusammen mit der IHK Saarbrücken Filme über Ausbildungsberufe produziert, auf Baustellen und in Betrieben, vollständig mit Interviews mit Azubis, die als Identifikationspersonen dienen sollen. Auch produziert das Team momentan eine Serie von Live-Videos auf Facebook, die zusammen mit der Verbraucherzentrale auf Arabisch und Deutsch über Verbraucherschutzthemen informieren. Zum Beispiel über Fragen wie: „Brauche ich eine Kreditkarte?“

So viele Projekte stemmen die drei natürlich nicht alleine. Aus dem Netzwerk Ankommen hat sich ein großes Team an Kreativschaffenden zusammengestellt, ob mit Migrationshintergrund oder ohne. Einer davon ist Haftom Hadush, der junge Eritreer aus dem Video zum Notdienst. Die Übersetzungen zu Tigrinya hat er selbst gemacht. Er läuft gerade zufällig am Studio Formation vorbei, Michael Preßer ruft ihn herein. Hadush spricht zwar bereits gut Deutsch, ist aber eher still. Beim Dreh habe er gar etwas starr gewirkt, erzählt Preßer: „Da haben wir gesagt, er soll sich doch mal etwas mehr bewegen. Doch er meinte, dass man das in seiner Kultur nicht macht, das würde dann ganz komisch wirken. Also haben wir das so gelassen.“

Denn das sei besonders wichtig, sagt er. Dass es kein Projekt nur für Flüchtlinge ist, sondern auch von Flüchtlingen geschaffen wird. „Das ist immer noch ein integratives Projekt“, sagt Michael Preßer. „Wir sind hier alle gleichberechtigt.“

Mehr Infos: fugeefilms.com und https://www.facebook.com/fugeefilms/

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