Porträt Ein Urgestein des Radios geht ins Theater

Saarbrücken · Friedrich Hatzenbühler prägte Jahrzehnte den Saarländischen Rundfunk mit. Jetzt wechselt er auf die Bühne des Theaters im Viertel.

 Friedrich Hatzenbühler in seinem privaten Arbeitszimmer in Saarbrücken. Fürs Theater im Viertel hat er seine fiktive Begegnung von Karl Marx mit einem antiken gallo-römischen Dichter bearbeitet.

Friedrich Hatzenbühler in seinem privaten Arbeitszimmer in Saarbrücken. Fürs Theater im Viertel hat er seine fiktive Begegnung von Karl Marx mit einem antiken gallo-römischen Dichter bearbeitet.

Foto: Kerstin KRämer/Kerstin Krämer

Wird das Theater im Viertel (TiV) jetzt zum Ort fiktiver Treffen von Karl Marx mit Persönlichkeiten, denen er zeitlebens niemals hätte begegnen können? Anfang Oktober konferierte Marx dort wieder einmal theatralisch mit Gandhi. Ende dieser Woche setzt er sich im TiV nun zwei Mal mit einem gewissen Ausonius zusammen. Der war geboren anno 310 nach Christus in Burdigalensis (Bordeaux), seines Zeichens Poet und hoher politischer Beamter, bereiste im 4. Jahrhundert Gallien und Britannien, erkundete Nahe und Mosel und verfasste bei der Gelegenheit ein hymnisches Poem auf „Mosella“.

Die beiden Persönlichkeiten trennen immerhin gut 1500 Lebensjahre, aber Latein, Trier, Hunsrück und Mosel sind potentielle Andockstellen, da lässt es sich trefflich über die Regionalgeschichte des heutigen Dreiländerecks disputieren. Und damit‘s ein bisserl süffiger wird, gesellt sich noch ein Ober dazu, der außer einem kühlen Elbling auch süffisantes Gegenwarts-Wissen dazu serviert.

So hatte sich Friedrich „Hatzi“ Hatzenbühler das bereits 2007 ausgedacht und den fiktiven Schlagabtausch anlässlich des Luxemburger Kulturhauptstadt-Jahres in Form einer szenischen Lesung aufgeführt. Nun bringt er den Café-Plausch erneut auf die Bühne: Hatzi schlüpft selbst in die Doppelrolle des Aufnahmeleiters/Obers und konnte Karl-Heinz Heydecke und Jürgen Krewer als neue Mitstreiter gewinnen.

Hatzenbühler, 1942 in Kaiserslautern geboren, ist ein Urgestein des Saarländischen Rundfunks. Wie viele der frühen SR-ler begann er seine Halberg-Karriere schon während des Studiums. Dass ein knapp 22-Jähriger beim Fernsehen Leiter vom Dienst wird: „Das ist heute nicht mehr vorstellbar“, sagt Hatzi. „Das waren ganz andere Zeiten damals!“

Dabei wollte er eigentlich nie im Saarland arbeiten, das er als gebürtiger Pfälzer nur von Auswärts-Fußballspielen und gutem Essen kannte. Aber dann blieb er doch hier hängen: Als fester Freier wechselte Hatzi zunächst in die Produktion und wirkte bei Ton, Licht und Außenübertragungen mit. „Ich kam in allen Abteilungen rum und hab viel gelernt dabei“, erzählt Hatzi.

Beispielsweise als Assistent des Kameramanns Jo Melchert, der sich als Ex-Defa-Mann und Trickfilmer für die Telefilm Saar dem journalistischen Part seiner neuen Aufgabe als Kamerareporter für den Aktuellen Bericht nicht gewachsen fühlte. Da bot sich Hatzi für Recherche, Planung, Texte und Grobschnitt an und ließ sich im Gegenzug von Melchert den Umgang mit der Filmkamera beibringen. Davon profitierte er dann wiederum etwa als dritter Regie-Mann im aktuellen Regionalstudio.

1967 war Hatzi dabei, als von Schwarzweiß- auf Farbfernsehen umgestellt wurde. Und dann machte er erst mal brav sein Examen in Germanistik und Sport, weil das die Voraussetzung war, um selbstbewusst ein Volontariat einzufordern. Gleichzeitig wechselte er vom Fernsehen zum Rundfunk.

„Einseitiges Arbeiten ist nicht mein Ding“, sagt Hatzi, der kein Blatt vor den Mund nimmt und andere gern mal als „stinkig faul“ bezeichnet: „Da versaut man sich ja selber, man wird doof.“ 1971 war er also der erste Volontär in den SR-Nachrichten, wurde erst Redakteur, dann wieder freier Mitarbeiter und landete schließlich in der Abteilung Wissenschaft, wo er die Sendung „Fragen an den Autor“, das Wissenschaftsmagazin, das Wissenschaftsfeature und das Magazin „Kultur aktuell“ mit verantwortete.

Danach musste er als Redakteur zusammen mit Moderator Klaus Groth die Morgenunterhaltung neu erfinden. Denn, auch das heute schwer vorstellbar: Es gab damals tatsächlich ein vormittägliches Funkloch, das mit den „90 Bunten Funkminuten“ gestopft wurde.

Vom weltmännischen Groth, den er auch als Moderator vertrat, schwärmt Hatzi heute noch: „Der konnte alles, und mit dem zusammen konnte man auch alles machen.“

Wofür schlägt sein Herz nun mehr, Funk oder Fernsehen? Hatzi bekennt sich zum Radio: „Weil da mehr an menschengemachter Information und Unterhaltung möglich ist. Im Fernsehen dominiert oft das Technische.“ Kein Wunder also, dass sich Hatzi 1979 als Mitglied der „Erfindergruppe“ mit Feuereifer in die Entwicklung der SR 3 Saarlandwelle stürzte, um kurz nach dem Wellenstart vom Redakteur zum leitenden Redakteur und dann zum SR 3-Unterhaltungschef aufzusteigen.

Zwischendurch engagierte er sich als frei gestellter Personalratsvorsitzender, und kurz vor seiner Pensionierung 2002 wurde er zuständig für Marketing und Programm-PR von SR 3.

Und selbst als „überzeugter Hausmann“ und „aktiver Großvater“ kann Hatzi es nicht lassen: Er gehört dem SR-Arbeitskreis Geschichte und einem Fotostammtisch an, hat etliche SR-Anekdoten gesammelt und niedergeschrieben und recherchiert immer noch Beiträge für die SR-Online-Rubrik „Fundstücke“ – da kann man Porträts, Geschichten und Erlebnisse aus mittlerweile 62 Jahren SR lesen.

„Ausonius trifft Marx“: Freitag, 25. Oktober, 19.30 Uhr und Sonntag, 27. Oktober, 17 Uhr. Infos, Karten: Tel. 0681-390 46 02, www.dastiv.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort