Handelskongress Franzosen lassen im Schnitt 1400 Euro in der Stadt

Saarbrücken · Eine Studie des Instituts für Konsum- und Verhaltenforschung belegt, wie sehr Kunden aus Lothringen Saarbrücken schätzen.

Blick auf die Bahnhofsstraße in Saarbrücken vom Dach des Vikoriahauses aus.  Hier kaufen Franzosen am liebsten ein.   

Blick auf die Bahnhofsstraße in Saarbrücken vom Dach des Vikoriahauses aus.  Hier kaufen Franzosen am liebsten ein.   

Foto: Oliver Dietze

„Brandheiß“ ist die Studie zum saarländischen Einzelhandel, die Andrea Gröppel-Klein am Dienstag auf dem Saarbrücker Halberg vorstellte. Erst Ende Oktober seien die letzten Interviews von ihren Mitarbeitern geführt worden. Knapp 300 Kunden und 86 Geschäftsleute in der Innenstadt wurden befragt, um folgender Fragestellung nachzugehen: Wie nehmen französische Kunden im Vergleich zu Einheimischen Saarbrücken als Einkaufsstadt wahr? Und was gefällt ihnen in Saarbrücken, was gefällt ihnen nicht?

„Saarbrücken schneidet bei französischen Kunden sehr gut ab“, sagt die Leiterin des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung an der Universität des Saarlandes. Und: „Die französischen Kunden beurteilen Saarbrücken besser als die einheimischen Kunden und als die Händler.“ So Gröppel-Kleins Fazit beim siebten Handelskongress, der gleich von mehreren Partnern organisiert wurde: dem Handelsverband Saarland, der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr und dem Institut für empirische Wirtschaftsforschung an der Saar-Uni.

Was kaufen Franzosen in Saarbrücken? 98,5 Prozent der Befragten gaben an, Kleidung zu kaufen. 77,9 Prozent kaufen Kosmetik und 69,8 Prozent Lebensmittel. Im Schnitt gäben französische Kunden pro Jahr in Saarbrücken 1400 Euro aus. „Eine enorme Zahl“, wie Gröppel-Klein findet. „Die französischen Kunden lassen viel Geld bei ihrem Einkauf in Saarbrücken“, sagt auch Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke. Er schätzt, dass ein Drittel des Umsatzes auf Franzosen zurückgehe.

Die geplante Pkw-Maut schreckt französische Einkäufer offenbar weniger ab, als oft auf deutscher Seite vermutet. Die Befragten gaben an, bislang im Schnitt 13 Mal pro Jahr in Saarbrücken einzukaufen. Käme die Maut, würden der Durchschnittskunde aber immerhin noch elf Mal pro Jahr in Saarbrücken einkaufen. Das ist keine so große Abweichung. Der Umfrage zufolge wollen 68,4 Prozent der französischen Kunden mautfreie Straßen, um ins Saarland zu kommen. Auch Staatssekretär Barke hält die Auswirkungen der Maut für „nicht so gravierend“. Schließlich kennen Franzosen die Schleichwege über die Grenze, sagt er. Gleichwohl hat die Landesregierung bis zuletzt im Bundesrat dafür gekämpft, die Maut zu verhindern.

Was unterscheidet französische von deutschen Kunden? „Franzosen sind sehr preisbewusst, schätzen das vielfältige Warenangebot und nutzen gerne die Gastronomie“, sagt Gröppel-Klein. Am liebsten kaufen sie in der Bahnhofstraße ein, Mainzer Straße oder Nauwieser Viertel sind für sie laut Umfrage deutlich weniger attraktiv.

Deutsche Kunden, so die Umfrage, legen dagegen vor allem Wert auf Qualität. Baustellen und Parkgebühren sind für Franzosen deutlich weniger problematisch als für Einheimische. Vor allem die Parkplatzsituation treibt die Saarbrücker auf die Palme. Viele beschwerten sich in der Umfrage über „die exorbitant hohen Preise“. Vor die Wahl gestellt, ob sie lieber einen Gutschein von fünf Euro für einen Einkauf oder fürs Parken annähmen, sagten 38,2 Prozent der befragten Franzosen, lieber Einkauf. Nur 29,6 Prozent wählten den Gutschein fürs Parken. Anders die Einheimischen: 43,9 Prozent hätten gerne einen Parkgutschein.

Was fehlt den französischen Kunden? Viele hätten gerne mehr französische Marken im Angebot, die ihnen vertraut sind. Andere wünschen sich mehr französischsprachige Speisekarten oder französischsprachige Verkäufer. Für Deutsche haben die Themen Sauberkeit und Sicherheit klar Vorrang. „Die Saarbrücker City begeistert die deutschen Kunden nicht“, stellt Gröppel-Klein fest. Manch einer riet bei der Befragung davon ab, sich ab Mitternacht in der Innenstadt aufzuhalten, wie sie berichtet. Die mangelnde Attraktivität der City sein eine ernstzunehmende Herausforderung angesichts der Alternativen in Frankreich. Dort tut sich nämlich einiges.

Andrea Gröppel-Klein

Andrea Gröppel-Klein

Foto: Universität des Saarlandes/COKSARI

Seit 2014 gibt es in Metz das Einkaufszentrum Waves mit einer Verkaufsfläche von 30 000 Quadratmetern. In Farébersviller, etwa 25 Kilometer von Saarbrücken, soll das Einkaufszentrum B´est eingeweiht werden. Am 22. November wird die riesige Shopping-Mall  Muse in Metz dazukommen – mit der Modehaus-Kette Primark als „Publikumsmagnet“. Die Filiale in Saarbrücken ist für viele junge Franzosen ein Grund, herzukommen. Primark hat den Standort Saarbrücken bewusst gewählt, um von hier aus den französischen Markt zu testen, wie der damalige Primark-Nordeuropa-Manager Wolfgang Krogmann bei der Einweihung 2011 sagte. Vor allem die Kinderabteilung sei für Franzosen interessant, da sie bereit seien, mehr Geld für Kinder auszugeben. Auch das erklärt, warum viele Franzosen in Saarbrücken einkaufen.

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