Statistik Fahrerflucht: Jeder Vierte haut nach Unfall ab

Saarbrücken · Polizei stellt Saarbrücker Unfallstatistik für 2017 vor. Spezialisten finden inzwischen fast jeden zweiten geflohenen Verursacher.

 Sehr viele Fälle von Fahrerflucht gab es auch im vergangenen Jahr nach Blechschäden auf den großen Saarbrücker Parkplätzen.

Sehr viele Fälle von Fahrerflucht gab es auch im vergangenen Jahr nach Blechschäden auf den großen Saarbrücker Parkplätzen.

Foto: Robby Lorenz

Bis heute umgibt diesen Unfall ein Rätsel. Warum der Portugiese (23) am 19. Oktober 2017 in Höhe des Obelisken plötzlich die Metzer Straße überqueren wollte, ließ sich nicht mehr rekonstruieren. Aber für den Gutachter und für die Ermittler von der Polizei steht fest: Ein damals 49-jähriger Autofahrer hatte keine Chance, den folgenschweren Zusammenstoß mit dem Fußgänger zu vermeiden. Dieser prallte sowohl gegen einen Dachholm des Wagens als auch gegen die Frontscheibe.

Wenig später lag der Schwerstverletzte schon im OP. Aber die Ärzte konnten den Kampf um das Leben des jungen Mannes nicht gewinnen. Zurück blieben die drei Begleiter, die mit ihm auf Deutschlandreise waren. Und seine Eltern reisten damals aus Portugal an, um die sterblichen Überreste ihres Sohnes in die Heimat zu begleiten.

Auch dieser Todesfall ist gut neun Monate später in einem Zahlenwerk verarbeitet. Es trägt den sperrigen Namen „Verkehrsunfalllagebild 2017“. Drei stellvertretende Saarbrücker Inspektionsleiter stellten der SZ dieses Lagebild am Freitag in der Polizeiinspektion (PI) St. Johann an der Karcherstraße vor: Harald Groß (PI St. Johann), Achim Schneider (PI Burbach) und Peter Schneider (PI Alt-Saarbrücken). Die Inspektion Brebach, wie Alt-Saarbrücken als sogenannte B-Inspektion eine kleinere Dienststelle, konnte zwar keinen Beamten schicken. Aber die Zahlen aus dem Brebacher Inspektionsgebiet sind in das Verkehrsunfalllagebild eingearbeitet.

Demnach gab es 2017 im Stadtgebiet und an der Oberen Saar 6250 der Polizei gemeldete Unfälle. Das sind 367 weniger als 2016. Die weitaus meisten Unfälle (2517) ereigneten sich in St. Johann, wo es allerdings auch den größten Rückgang (-226) gab (minus 8,2 Prozent).

755-mal waren Verletzte zu beklagen. Noch deutlich höher ist die Zahl der Unfälle, nach denen die Verursacher das Weite suchten. 1728-mal wollten Fahrer sich durch Flucht den Konsequenzen für einen Fehler im Verkehr entziehen.

Das kann sich rächen, gelingt es doch spezialisierten Ermittlern heute, selbst kleinste Spuren für die Jagd nach dem Unfallverursacher zu nutzen. Das können Teilchen der Scheinwerfer ebenso sein wie Lackpartikel.

Um diese Lack- und Glasfunde auszuwerten und den Autotyp des Verursachers herauszufinden, greifen auf Polizisten auf zwei große Spezial-Datenbanken zurück. Außerdem sind viele Park-Rempler inzwischen per Überwachungskamera aufgezeichnet, und nicht zuletzt starten die Beamten Fahndungsaufrufe in den Medien.

Sollten die Täter nach einer Fahrerflucht mit dem Auto in die Werkstatt müssen, kann sie auch das überführen. Denn die Polizei nutzt bei der Suche ihre guten Kontakte zur Kfz-Branche. Mit der Folge, dass die Ermittler 732 der 1728 Fälle von Fahrerflucht aufklärten. Das entspricht einer Erfolgsquote von 42,4 Prozent. Sind die Verursacher erst ermittelt, ist der Führerschein auf jeden Fall in Gefahr.

Im Strafverfahren kommen bei einer Verurteilung noch Geld- oder Freiheitsstrafen obendrauf. Das blüht auch denen, die sich betrunken oder im Drogenrausch ans Steuer setzen. Die Polizei stellt fest, dass die Zahl der im Rauschgift-Nebel erwischten Fahrer mittlerweile bei vielen Kontrollen die der Betrunkenen übersteigt. Testgeräte und einen geschulten Blick für die Symptome eines Drogenkonsums bringen die Kontrolleure mit. „Das sind inzwischen Standardmaßnahmen wie das Blasen ins Alkoholtestgerät“, sagte Harald Groß. Selbst für einen Beamten mit jahrzehntelanger Erfahrung bietet die jüngste Statistik noch Überraschendes. Groß hat sich angeschaut, wie die Unfälle mit Personenschäden auf die Altersklassen verteilt sind. Demnach verursachen Senioren, die älter sind als 74 Jahre, weitaus weniger Unfälle (19) als die 25- bis 34-Jährigen (46) und die 45- bis 54-Jährigen (45).

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