Grimmelwiedisch feiert Premiere Zwischen Melancholie und Aufmüpfigkeit

Saarbrücken · In dubio Prosecco: Elfriede Grimmelwiedisch präsentierte am Wochenende mit „Ämol geht noch“ ein neues Programm.

 „Ämol geht noch“: Ewald Blum trat im Theater Hirsch wieder in seiner Paraderolle als Grande Dame des saarländischen Entertainments in Erscheinung.

„Ämol geht noch“: Ewald Blum trat im Theater Hirsch wieder in seiner Paraderolle als Grande Dame des saarländischen Entertainments in Erscheinung.

Foto: Kerstin Krämer

Majestätische Musik bremst die Geschwätzigkeit des Publikums aus: Die Königin hält Einzug! Im Leopardenfellmantel, mit Krokoledertasche und phänomenal behütet betritt Elfriede Grimmelwiedisch den Saal, gravitätischen Schrittes und huldvoll winkend – die feudale Herablassung hat sie sich bekanntlich bei ihrer Freundin Queen Lisbett abgeguckt.

„Ämol geht noch“ lautet die Devise zum 50. Bühnenjubiläum, das Ewald Blum in Gestalt seines Alter Egos Elfriede am vergangenen Samstag in deren angestammter Arena Theater Blauer Hirsch feiert. Doch ausgerechnet im neuen Programm gibt sich die Grande Dame des saarländischen Entertainments schlecht gelaunt: „Ich bin stinksauer, auf Krawall gebürstet!“, motzt Elfriede. Ohje, das kann ja heiter werden. Wird es auch.

Denn obwohl Elfriede an diesem Abend etwas angeschlagen und erschöpft wirkt und steif im Kreuz („Hoffentlich komm’ ich da hoch!“, seufzt sie angesichts der Treppe zur Bühne, um nach erfolgreicher Besteigung erleichtert in ihren Thronsessel zu plumpsen): Ihr freches Mundwerk läuft wie geschmiert. Mit deftigen Kalauern geht sie gleich in die Vollen und verschießt rabiate Pfeile auf ihr soziales Umfeld: ihren Otto, Senglochdeckels Erwin, de Knallgasrudi und die unvermeidliche Erna Puhvogel. Und dennoch, trotz all der frivolen Witzchen, geschliffenen Aperçus und veritablen Schenkelklopfer, schwingt an diesem Abend eine Portion Wehmut mit. In einer Mischung aus Melancholie und sehnsuchtsvoller Aufmüpfigkeit hält Elfriede Rückschau auf ihr bisheriges Dasein, konfrontiert uns mit ihren Zukunftsträumen und lüftet manches Geheimnis ihrer Herkunft und ihres Werdegangs.

So erfährt man nun endlich das, was in ihren Memoiren nicht drin steht. Elfriede, so wissen wir jetzt, ist das Kind italienischer Artisten, die sich in Kaltnaggisch niederließen – daher die Künstler-Gene. Sie besuchte die Waldorfschule, war als Besitzerin einer Imbissbude erst Königin der Klöße und, nach deren Pleite, als Putzfrau Königin der Klos – Ehrensache, dass Elfriede hier ihre Fans mit rustikalen Klosprüchen zum Glucksen bringt. Danach avancierte sie dank ihres Faibles fürs Ballett zum Star der Pariser Folies Bergères. Zwar fällt der Cancan mittlerweile reichlich behäbig aus, aber darauf hatte Elfriede ja schon in früheren Programmen vorsorglich hingewiesen: „Die Schenkelchen wollen nicht mehr so wie früher.“

Dazwischen rezitiert sie manches verschrobene Gedicht und frönt ihrer Vorliebe für Lieder mit Playback-Begleitung – unnachahmlich, wie Elfriede aus dem Sprechgesang heraus unvermittelt aufkräht. Natürlich ist auch wieder ein lebensbejahender Schlager ihrer geliebten Vicky Leandros darunter, doch diesmal wagt sie sich mit Mundart-Versionen von „The Lady is a tramp“ und „My way“ (Mei Läwe) sogar an Sinatra. Nein, eine Dame wird Elfriede nie, aber selbstmitleidige Larmoyanz liegt ihr fern: Je ne regrette rien, carpe diem und in dubio Prosecco! Auch wenn dieses Programm formal und in seiner emotionalen Fallhöhe nicht die Qualität seiner Vorgänger „The Queen and Ei“ und „Die lussdische Witwe“ erreicht: Ewald Blum gelingt es, mit seiner Parodie einer Travestie eine stimmig alternde Comedy-Figur zu behaupten, die mehr Tiefgang hat, als es ihre kurzen Karnevalsauftritte vermuten lassen. Und das seit rund 20 Jahren. Chapeau!

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