Gesprächsabend Islamischer Feminismus ist kein Widerspruch

Saarbrücken · Khola Maryam Hübsch war Gast der FrauenGenderBibliothek. Den Vortrag der muslimischen Frauenrechtlerin nebst anschließender Diskussion kann man online nachschauen. 

 Khola Maryam Hübsch ist eine der bekanntesten islamischen Feministinnen. Sie war jetzt virtuell zu Gast in der FrauenGenderBibliothek Saarbrücken und diskutierte mit rund 60 Interessierten. Einen Mitschnitt des Gesprächs kann man im Internet abrufen.

Khola Maryam Hübsch ist eine der bekanntesten islamischen Feministinnen. Sie war jetzt virtuell zu Gast in der FrauenGenderBibliothek Saarbrücken und diskutierte mit rund 60 Interessierten. Einen Mitschnitt des Gesprächs kann man im Internet abrufen.

Foto: Khola Maryam Hübsch

Islamischer Feminismus hat in Deutschland vor allem zwei Gesichter. Das eine gehört Kübra Gümüşay. Ende November hätte sie im Rahmen des FrauenThemenMonats aus ihrem Buch „Sprache und Sein“ gelesen. Die Lesung ist wie so vieles der anhaltenden Pandemie zum Opfer gefallen.

Das zweite prominente Gesicht gehört Khola Maryam Hübsch. Sie hat Nicole Fischer vom Lehrstuhl für Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation der Universität des Saarlands in Zusammenarbeit mit der FrauenGenderBibliothek Saar jetzt erfolgreich für einen Gesprächsabend nach Saarbrücken geholt. Zumindest virtuell.

Khola Maryam Hübsch ist Journalistin, Schriftstellerin, Referentin und Aktivistin, die nicht nur für ihr modernes und feministisches Islamverständnis bekannt ist. Sondern auch für ihr Engagement im antimuslimischen Rassismus und im interreligiösen Dialog.

Fast 60 Menschen nahmen teil am Zoom-Gespräch mit Hübsch, um mehr zu erfahren über den islamischen Feminismus – etwas, das für viele Menschen noch immer einen Widerspruch darstellt.

„Im akademischen Umfeld und in der überregionalen Presse haben sich die Diskurse schon verändert, sind viel toleranter geworden“, erzählt Hübsch im Vorgespräch, „aber gerade bei Publikumsvorträgen merke ich, dass das noch nicht überall angekommen ist“. Hübsch berichtet von tiefsitzenden Vorurteilen, von immer wiederkehrenden Fragen, etwa ob Islam und Feminismus überhaupt vereinbar seien oder ob sie ihr Kopftuch denn freiwillig trage – nachdem sie gerade eine halbe Stunde über Selbstbestimmung referiert hat. „Das ist absurd“, sagt Hübsch.

So kämen dem islamischen Feminismus gleich zwei Aufgaben zu: Einerseits den muslimischen Frauen zu ihren Rechten „zurückzuverhelfen“. Diesen Ausdruck wählt Hübsch ganz bewusst. Denn für Hübsch lässt die ursprüngliche Lehre des Islam Frauen sehr wohl dieselben Rechte wie Männern zuteilwerden. Verlustig gegangen seien diese erst durch eine falsche, patriarchale Interpretation der Religion.

Andererseits müsse sich der islamische Feminismus immer auch gegen den weißen Mehrheits-Feminismus behaupten. „Muslimischen Frauen wird da konsequent ihre Selbstbestimmtheit abgesprochen, das ist kein Dialog auf Augenhöhe“, sagt Hübsch und ergänzt: „Gerade in der Generation von Alice Schwarzer wurde Feminismus oft missbraucht um die kulturelle Hegemonie aufrechtzuerhalten“.

Sie spricht von einem verengten Blick des Feminismus, anti-islamischem Feminismus, anti-islamischem Rassismus verdeckt als Feminismus. „Auch im Feminismus soll da die kulturelle Hierarchie aufrechterhalten werden“, erklärt Hübsch weiter, „das ist natürlich auch eine psychische Entlastungsfunktion“.

Im gerade in den letzten Jahren enorm erstarkten intersektionalen Feminismus, jenem Feminismus also, der sich Diskriminierung multi-perspektivisch nähert, Kategorien wie Religion, Klasse und Herkunft miteinschließt, fühlten sich hingegen auch muslimische Frauen wohl. Und überhaupt – den einen islamischen Feminismus gebe es sowieso nicht, betont Hübsch.

So erklärt sie in ihrem Vortrag nicht nur die verschiedenen Ansätze von konservativem, liberalem und radikalem islamischem Feminismus. Sondern bekennt auch, dass sie  mit ihrer Mitstreiterin Kübra Gümüşay nicht immer ganz einer Meinung ist. In ihrem Buch „Sprache und Sein“ postuliert diese nämlich, nicht mehr die „intellektuelle Putzfrau“ sein zu wollen, sich nicht mehr rechtfertigen, auf Diskussionen einlassen zu wollen. Sie verstehe, wenn jemand nicht mehr die Kraft für den ständigen Kampf aufbringen kann oder will, sagt Hübsch. „Aber ich kann noch“, ergänzt sie, „und wir müssen weiterhin aufklären, aufklären, aufklären“.

Um eine Diskussion zu ermöglichen, war die Teilnehmerzahl für den virtuellen Gesprächsabend mit Khola Maryam Hübsch begrenzt. Aufgrund des regen Interesses hat die FrauenGenderBibliothek allerdings einen Mitschnitt des Vortrages und der anschließenden Diskussion online auf ihrer Homepage zugänglich gemacht.

Weitere Informationen unter: www.frauengenderbibliothek-saar.de

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