Kulturzentrum am Eurobahnhof Ein Saarbrücker Akustikfestival wie aus dem Laptop

SAARBRÜCKEN · (uhr) Der kleine Kantinenraum ist am Freitagabend dicht besetzt. Alles schaut zur Mitte in Richtung der Musiker. Auf den ersten Blick sind sie kaum von den eng beieinandersitzenden Hörern zu unterscheiden.

Um einen Tisch haben sie sich versammelt, die Köpfe gesenkt und die Blicke konzentriert auf ihre Bildschirme gerichtet.

„Sounds of Brizzel“ nennen Gilles Grethen, Michel Wagner und Leo Kwandt ihre „Elektronische Jam-Session mit Laptops und Instrumenten“. Sie ist einer der zahlreichen Programmpunkte des Festivals „Evimus – 5 Tage für elektroakustische und visuelle Musik“, das von Donnerstag bis Sonntag im Kulturzentrum am Eurobahnhof (Kuba) über die Bühne ging. Sonst spielen Studenten der Saar-Musikhochschule (HfM) Gitarre oder Schlagzeug.

Bei dieser Jam-Session stehen nun die Notebooks im Mittelpunkt und verwandeln das Kuba in ein akustisches Elektronik-Atelier. Nur einmal holt einer aus der Runde fast unbemerkt seine E-Gitarre hervor, um ein paar traditionell erzeugte Töne live beizumischen. Wenn sonst hier Instrumente zu hören sind, dann wurde das zuvor gesampelt, also aufgezeichnet.

Vierter im Bunde und gleichberechtigter Akteur an der Laptop-Tafel ist der Saarbrücker Musiker und Dozent Stefan Scheib, Leiter dieses HfM-Projekts. Die Session dauert nahezu eine Stunde, während der die Zuhörer aus acht Lautsprechern rundherum beschallt werden: hubschrauberähnliche Geräusche, glockenartige Töne und Stimmen sind zu erkennen.

Immer neue Klang-Nischen tun sich auf, Sounds kommen und verschwinden. Besonders spannend sind grooveähnliche Erscheinungen: Wie am Seziertisch scheinen Rhythmen zerlegt oder wie von Geisterhand zusammengesetzt zu werden. Das alles wird aus dem Augenblick heraus komponiert und zu einer Dauer-Improvisation ohne Pause vereinigt.

Dass es dabei nicht zu nennenswerten Längen kommt, spricht für die vier Laptop-Artisten, die kräftigen Beifall ernten. Vielköpfig und vom Durchschnitt her erfreulich jung war gleichfalls das Auditorium, das sich zuvor bei der Schweizerin Isabel Gehweiler zur „Musik für Cello und Elektronik“ eingefunden hatte. Ob Improvisiertes, wie bei ihrer Zugabe, oder nach Noten – es war beeindruckend, mit welcher Präzision und Musikalität die Cellistin zu Werke ging: Selbst Kniffligstes spielte sie beneidenswert souverän.

Einige der Kompositionen stammten aus der Feder des Saarbrücker Musikers Daniel Osorio, Erfinder und künstlerischer Leiter des Evimus-Festivals. Im Duo mit Isabel Gehweiler war Daniel Osorio nun für die Elektronik zuständig: Mit Effekten wie Nachhall und Echo nahm er dem Celloklang alle Erdenschwere und ließ auch diesen Auftritt zum raumgreifenden Hörerlebnis wachsen. Ovationen der Festival-Gemeinde.

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