Geöffnet trotz Corona Leseratten dürfen auch im Lockdown leihen

Saarbrücken · Bücher kaufen kann man derzeit nur telefonisch oder online beim Buchhändler oder der Buchhändlerin seines Vertrauens. Aber Bücher ausleihen ist auch in Corona-Zeiten möglich. Die Saarbrücker Stadtbibliothek ist – eingeschränkt – geöffnet. Ein Besuch vor Ort.

 Wenn keine Schilder mehr da sind, muss man warten. So wird geregelt, dass nicht zu viele Besucher gleichzeitig auf der Etage sind.

Wenn keine Schilder mehr da sind, muss man warten. So wird geregelt, dass nicht zu viele Besucher gleichzeitig auf der Etage sind.

Foto: buss

Lotte strahlt schon durchs Fenster, als ihr Vater mit ihr auf dem Rad an der Stadtbibliothek anhält. Denn die gerade mal Zweieinhalbjährige weiß: Gleich gibt‘s neues Bilderbuchfutter! Lotte und ihr Vater, der Künstler Alex Karle, kommen regelmäßig in die Stadtbibliothek, um sich Bücher auszuleihen.

Karle findet es „großartig“, dass sie trotz Corona geöffnet hat. „Das ist einfach ein Riesenschatz an Kultur, es gibt hier ja alle möglichen Bücher über ganz verschiedene, interessante Themen, die man sich ausleihen kann“, zeigt er sich begeistert. Gerade jetzt, da im Kulturbereich keine Veranstaltungen mehr stattfänden, habe man ja mehr Zeit, etwa mal Biografien von interessanten Menschen zu lesen oder auch Reiseliteratur, um Reisen für die Zeit danach zu planen.

Großartig findet es der Saarbrücker Künstler auch, dass man nicht nur online vorbestellte Bücher abholen, sondern sich Bücher auch in den Regalen aussuchen kann. Gerade für sein Kind findet er das wichtig.

Lotte stürzt schon die Treppe hoch. Maximal 60 Personen dürfen sich laut Hygieneverordnung gleichzeitig auf den Etagen der Stadtbibliothek aufhalten, maximal zwölf dürfen gleichzeitig in den Kinderbereich. So viele sind es aber so gut wie nie.

Froh darüber ist auch Daniela Roos, die stellvertretende Bibliotheksleiterin. Auch wenn es paradox wirkt: Sie und ihre Kolleginnen sind froh, wenn sich möglichst wenige Besucherinnen und Besucher in der Bibliothek aufhalten. Aus Sicherheitsgründen.

Für die Stadtbibliothek gibt es ein ausgeklügeltes Hygiene-Konzept. Danach, so erzählt Roos, soll sich pro 20 Quadratmeter Fläche eine Person im Raum aufhalten – und das auch nicht zu lange. Für die Stadtbibliothek mit ihren vier Etagen hat die Verwaltung die Berechnung sogar noch etwas strenger gefasst; hat von der Gesamtfläche die Fläche der Regale abgezogen, die Fläche im Untergeschoss vor den Toiletten, weil sich da ja keiner aufhält und die Fläche, die zwei Mitarbeiterteams, die hier im Wechsel Präsenzdienst machen, beanspruchen.

Am meisten sei dienstags los, weil die Leute am ersten Öffnungstag nach dem Wochenende ihre ausgelesenen Medien zurückbringen möchten. Am Eingang hängt daher nicht nur ein Besucherzähler, der angibt, wie viele Menschen gerade innen sind, sondern auch ein Wochenplan mit Empfehlungen, wann man am besten kommen sollte. Natürlich gibt es noch weitere Hygiene-Sicherheits-Vorschriften: So verweisen überall Schilder auf die Aha-Regeln, Abstandhalten, Hygiene, Maskentragen.

Leider darf man sich auch nirgendwo hinsetzen. Alle Kuschelecken, die die Bibliothek sonst so gemütlich machen zum Schmökern, alle Stühle sind entfernt. Nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, die sonst hier gern ihre Schularbeiten erledigen, ist das bitter, auch für die vielen Menschen, die gern im Lesecafé unten ihre Zeitungen lesen. Im Gegenzug, so Roos, dürfen sie sich jedoch, was vor Corona nicht möglich war, die jeweils aktuelle Ausgabe einer Zeitschrift oder Zeitung ausleihen.

Auch im Bereich Onleihe, zu der das Ausleihen von E-Books gehört, hat die Stadtbibliothek in Corona-Zeiten ihr Angebot erweitert: Seit letztem Jahr, so Roos, können die eingeschriebenen Bibliotheksnutzer auch auf die Bibliotheken vorbehaltene Streaming-Plattform www.filmfriend.de zugreifen. Sie bietet rund 2500 deutsche Filmklassiker, anspruchsvolle Dokus, internationale Arthouse-Filme und Kinderfilme zum kostenlosen Streamen an.

Wer coronabedingt möglichst wenig Kontakt zu „seiner“ Stadtbibliothek haben möchte, der kann das auch: Man schaut zu Hause am Computer in den Online-Katalog Opac, bestellt ein Medium oder lässt sich dafür, sollte es bereits ausgeliehen sein, vormerken. Die vorbestellten Medien werden von den Bibliothekarinnen dann in einem Regal im Lesesaal bereitgestellt, und man muss sie beim Abholen nur noch vor Ort über den „Selbstverbucherautomat“, wie der Ausleihautomat heißt, ziehen und kann wieder hinausgehen. Man kann sich auch online anmelden und einen Bibliotheksausweis beantragen.

Dennoch: Laut Zähler nutzen gerade, an einem Werktagmittag, immerhin zehn Besucherinnen und Besucher, die Möglichkeit, durch die Etagen zu spazieren und sich Bücher und Zeitschriften vor Ort auszusuchen. Lotte stürmt mit strahlenden Augen von einer Bücherkiste in der Kinderabteilung zur anderen und legt immer mehr bunte Bücher auf den Stapel. „Du darfst Dir drei aussuchen, mehr nicht,“ mahnt ihr Vater freundlich und gesteht, er werfe gern doch immer auch selbst noch einen Blick hinein, um den Malstil zu begutachten, bevor die endgültige Auswahl getroffen wird. Die Bilder sollten doch anregend und nicht zu platt sein, findet er.

Lotte fällt es sichtlich schwer, sich hier loszureißen. Eine Woche muss sie sich dann gedulden, bis sie wieder Bücherfutter-Nachschub bekommt. „Wir wollen ja wegen Corona auch nicht zu oft kommen“, sagt der Vater.

Doch wie sieht es eigentlich aus? Lesen und leihen die Saarbrücker und Saarbrückerinnen in der Zeit der Pandemie nun eigentlich mehr? Eine Datenauswertung dazu gebe es nicht, sagt Roos, jedoch gelte: „Weniger Leute – weniger Ausleihe“. Mangels Andrang hat die Stadtbibliothek die Öffnungszeit auch um zwei Stunden am Abend verkürzt.

„Es macht keinen Sinn, denn wenn die Geschäfte nicht auf sind drumherum, sind auch weniger Leute unterwegs“, hat das Team beobachtet.

Eine Kategorie Bibliotheksbesucher wird übrigens nicht mitgezählt: Das sind Hunde. Die darf man nämlich mitbringen.

 Nur mit Maske und Abstand, aber immerhin. Alex Karle kommt jede Woche mit Töchterchen Lotte in die Stadtbibliothek.

Nur mit Maske und Abstand, aber immerhin. Alex Karle kommt jede Woche mit Töchterchen Lotte in die Stadtbibliothek.

Foto: buss/Silvia buss
 Hier, wo sonst gern gemütlich geschmökert wird, ist alles abgesperrt. Das Lesecafé ist ebenso geschlossen wie die Cafés draußen in der Stadt.

Hier, wo sonst gern gemütlich geschmökert wird, ist alles abgesperrt. Das Lesecafé ist ebenso geschlossen wie die Cafés draußen in der Stadt.

Foto: Buss/Silvia Buss
 Bitte nicht setzen. Gemütlich machen darf man es sich in der Stadtbibliothek derzeit nicht.

Bitte nicht setzen. Gemütlich machen darf man es sich in der Stadtbibliothek derzeit nicht.

Foto: Buss/Silvia Buss

Kontakt: Stadtbibliothek Saarbrücken, Gustav-Regler-Platz 1, Telefon (0681) 905-1344 (Verwaltung), (0681) 905-2200, (0681) 905-1335 (Verlängerung von Büchern), Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr, Samstag, 10 bis 14 Uhr, Montag und Sonntag geschlossen.
www.stadtbibliothek.saarbruecken.de

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