Kolumne So kann’s gehen Die owwerschd Schublad’

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Na, manchmal darf’s auch mal umgekehrt sein. Doch das Gequassel ist nicht jedermanns Sache. Schon gar nicht, wenn’s um vermeintliche Nebensächlichkeiten geht – wie etwa Herrenparfüm.

Kolumne So kann’s gehen: Die owwerschd Schublad’
Foto: SZ/Robby Lorenz

Wenn man mit ihm schriftlich per Handy verkehrt, ausgiebig Fragen stellt oder komplizierte Sachverhalte erörtert, wenn man verbal gut in Form ist und ein Satz sich an den nächsten reiht, dann erntet man in aller Regel ernüchternde  Antworten, die sich auf ein oder maximal zwei Worte beschränken. Hier eine kleine Kostprobe: „Okay“. „Ja“. „Korrekt“. „Nein“ „Echt?“. „Ups“. „Ei dann“. Alles sehr komprimiert, alles sehr effizient. Er ist eben ein Mann der Zahlen und nicht der formvollendeten und langatmigen Sätze. Ein Dichter wäre aus ihm nie geworden.

Anfang dieser Woche traf ich den langjährigen Freund dann mal wieder am St. Johanner Markt. Zum fröhlichen Plausch, denn außerhalb der telefonischen Kommunikation kann er sehr unterhaltsam sein. Der Meister der unterdrückten Worte ging regelrecht aus sich heraus. Tiefgründige Gedanken wechselten sich ab mit purer Erheiterung über alberne Witze.

Dann, als die Neugier siegt, frage ich nach dem Namen seines wohlriechenden Parfüms. Hätte man eine Frau gefragt, so wäre ein Redeschwall unvermeidlich gewesen. Sie hätte natürlich erzählt, dass sie es neulich erst fand in dieser sagenhaften Parfümerie, hier gleich um die Ecke, dass es aus der neuen herben Serie von Christian Dior, Hugo Boss oder wem auch immer  und man nur durch Zufall draufgestoßen sei, oder eben durch das Geschick der Verkäuferin, bla, bla, bla. Es wäre ein halbwegs abendfüllendes Thema geworden. Mein höchst effizienter Freund aber sagt bloß: „Owwerschd Schublad’“. Aha, oberste Schublade. Seltsamer Name für ein Duftwasser, klingt recht unverkäuflich. Der partiell staubtrockene Gesprächspartner wollte aber nur mitteilen, dass er zu Hause in eine oberste Schublade gelangt hat, dort irgend ein Parfüm fand und es an sich sprühte.

Liebe Herren, die Ihr möglicherweise uns Frauen verschonen  wollt mit Eurer Geschwätzigkeit. Tut Euch keinen Zwang an. Belegt einfach das Wintersemester-Seminar der VHS mit der Überschrift: „Auch ich kann ein Held der gepflegten Kommunikation werden.“ Es fragt sich dann bloß noch, wann dies der Fall sein wird ...

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