SZ-Serie: Besondere Bibliotheken - das Literaturarchiv Die Hüter der regionalen Literatur

Saarbrücken · Im Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass werden die Nachlässe von rund 50 Autoren aus der Region gepflegt.

 Das Team des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass:  Hermann Gätje, Muriel Serf und Sikander Singh (von links).

Das Team des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass:  Hermann Gätje, Muriel Serf und Sikander Singh (von links).

Foto: Iris Maria Maurer

Im neunten Stock der wohl umfangreichsten Bibliothek des Landes, der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek, existiert noch eine unbekanntere, kleine, feine Bibliothek – die des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass. Wobei man gestehen muss, dass Bibliothek und Archiv hier ineinander übergehen. „Die Bibliothek macht wohl nur fünf Prozent unserer Arbeit aus“, sagt dann auch Sikander Singh, promovierter Germanist und Leiter des Literaturarchivs. Trotzdem habe man Publikumsverkehr, aber der beziehe sich eher auf die Sichtung von Archivalien als auf die Bücher der Bibliothek. „Unsere eigentliche Arbeit ist das Archivieren der Vor- und Nachlässe von Schriftstellern aus der Region“, erläutert Hermann Gätje, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Archivs und ebenfalls promovierter Germanist. „Die Bibliothek umfasst die Bücher der Autoren aus unserem Archiv und alle Literatur, wie Zeitungsartikel, die über sie erschienen sind“, präzisiert er.

Archiv und Bibliothek existieren seit dem Jahr 1985. „Unser Archiv ist aus einer Arbeitsstelle der Gustav-Regler-Forschung hervorgegangen. Anfangs war das Archiv im Fachbereich der Germanistik angesiedelt, seit 1996 ist es der SULB, der Saarländischen Universitätsbibliothek, angegliedert“, erzählt Sikander Singh. Trotzdem war man mehrere Jahre in Dudweiler untergebracht. „Während der Sanierung der SULB waren wir ausgelagert. Aber seit 2016 sind wir wieder hier“, sagt er.

Der Umzug von Archiv und Bibliothek ist noch in guter Erinnerung, denn man musste 900 Kartons mit jeweils drei Archivkästen zusammenpacken. Seit der Gründung ist das Archiv immer weiter gewachsen. Mittlerweile habe man die Nachlässe von fast 50 regionalen Autoren in Betreuung, deren Arbeit aber ein gewisses Maß an Qualität aufweisen muss. „Wir achten dabei auf die Literarizität“, umreißt Hermann Gätje. Allein der Nachlass der Mundart-Dichterin Edith Braun, der gerade gesichtet, geordnet und verpackt wird, benötigt jetzt schon 48 Archivkästen.

Das Archiv, dessen Träger die Universität des Saarlandes ist, hat vier Mitarbeiter, neben den promovierten Sprachwissenschaftlern auch Grafikerin Muriel Serf und Bibliothekarin Eva Kopp. Die Nutzer des Archivs samt Bibliothek sind meist Studierende, aber auch an regionaler Literatur Interessierte. „Manche kommen sogar wegen ihrer Familienforschung“, ergänzt Sikander Singh. Neben der Forschung an den Archivalien organisiert das Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass jede Menge Veranstaltungen. „Unsere Ausstellungen sind ein wesentlicher Aspekt unserer Archivarbeit. Denn die Ausstellungen haben eine Schaufensterfunktion, mit ihnen können wir zeigen, was wir haben“, erklärt der Leiter.

Ort der Ausstellungen ist ein Raum im Eingangsbereich der SULB. Aktuell werden dort Korrespondenzen von Schriftstellern aus der Region gezeigt, ab Juli geht es um literarische Lebensläufe nach 1918. Daneben organisiert man aber auch Buchvorstellungen, Tagungen oder etwa die Ringvorlesung „1968. Literatur und Revolution“, die während des Sommersemesters immer montags im Filmhaus stattfindet. Darüber hinaus bringt das Archiv eine eigene Buchreihe heraus. Das sind mal wissenschaftliche Werke, dann aber auch Anthologien zu verschiedenen regionalen Themen wie dem Saarbergbau oder zum Thema Verdun, sowie Ausstellungskataloge. Dann kommt auch die Grafikerin Muriel Serf zum Zuge. Sie gestaltet alle Plakate, Bücher, Broschüren und Ausstellungen, weshalb der Auftritt des Literaturarchivs immer professionell und ansprechend ist.

Dass man im Archiv sehr rührig ist, zeigt sich auch darin, dass man jedes Semester Lehrveranstaltungen in verschiedenen Fachbereichen der Universität anbietet, sowie eine Schreibwerkstatt für Studierende organisiert. Dann treffen sich einmal im Monat junge Schriftsteller im Archiv, die ihre Werke vorstellen und erörtern. Aus dieser Schreibwerkstatt sind bereits diverse Preisträger des Hans-Bernhard-Schiff-Literaturpreises hervorgegangen.  > wird fortgesetzt

Die Ringvorlesung „1968. Literatur und Revolution“ findet vom 16. April bis zum 16. Juli jeweils montags um 19 Uhr im Filmhaus der Landeshauptstadt Saarbrücken statt. Ab dem 4. Juli wird in der SULB die Ausstellung „Die tiefere Sinnlosigkeit dieser Epoche“ gezeigt, literarische Lebensläufe nach 1918.

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