Serie Brunnen in Saarbrücken Der Reiz von Ruinen im Bürgerpark

Saarbrücken · Landschaftsarchitekt Peter Latz entwarf 1989 die Anlage mit zwei Brunnen.

 Hier wüteten Vandalen und zerstörten im Frühjahr einen Brunnen.

Hier wüteten Vandalen und zerstörten im Frühjahr einen Brunnen.

Foto: Silvia Buss

Schon zu der Zeit des Rokoko, als Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken seinen Ludwigspark anlegen ließ, schmückte man Landschaftsgärten gern mit kleinen künstlichen Ruinen. Man fand sie beim Lustwandeln durch den Park so schön romantisch. Als der renommierte Landschaftsarchitekt Peter Latz 1989 den Bürgerpark entwarf, entdeckte er auf ganz andere Art den Reiz der Ruinen. Das Gelände zwischen Saar und Westpange war ein Ort mit viel Geschichte: In dessen Erdreich lagen noch zahllose Trümmerreste des im Krieg zerstörten Saar-Kohlehafens. Peter Latz wollte keinen Heile-Welt-Park schaffen, vielmehr ließ er alte Mauern und Steine freibuddeln, um sie in den neuen postmodernen Landschaftsgarten für Saarbrücken zu integrieren.

Bei den beiden Brunnen für den Park erlaubte er sich jedoch wie einst die Rokoko-Planer eine reizvolle Spielerei. Die acht Meter hohe, halbrunde Wasserwand, die aus dem Teich nah an der Westspange herausragt, ähnelt alten römischen Aquädukten aus der Zeit von Kaiser Augustus. Nur, dass sie nicht wie bei den Römern aus weißen, behauenen Natursteinen gebaut ist, sondern aus roten Klinkern, dem bevorzugten Material der Zeit der Industrialisierung, wie man sie auch im Erdreich des ehemaligen Hafens fand. Weshalb andere Experten erklären, Latz habe damit eher die Ruine eines Industriebaus aus der Gründerzeit im Sinn gehabt. Aus dem gleichen roten Klinker ist auch das sogenannte Bürgerpark-Rondell. Hierfür stand, wie Grünamtsleiterin Carmen Dams erklärt, die bei Latz unter anderem studierte, das Grabmal von Kaiser Augustus Pate. Ob die beiden Brunnen „Würde und Melancholie“ ausstrahlen, ist wohl eher Sache der individuellen Empfindung. Wenn aus den zwei Stockwerken dieser Wasserwand aus zahlreichen Düsen abwechselnd Wasser spritzt, genießt man es wohl eher als erfrischendes Erlebnis, als zu denken: „Oh je, das Aquädukt ist kaputt!“ Die beiden Brunnen sollen mehr sein als Wasserspiele für die Augen.

Was sich der Architekt dabei alles gedacht hat, wirkt beeindruckend. So soll die Wasserwand mit ihren Plätschergeräuschen etwa dem Lärmpegel der nahen Autobahn etwas entgegensetzen. Der Teich, in dem sie steht, ist nicht nur günstig fürs Klima, in dem er die Luftfeuchtigkeit erhöht. Das Himmelslicht, das sich in ihm spiegelt, dient auch dazu, die Unterseite der Westspange etwas heller und damit freundlicher zu machen. Wäre es nach ihm gegangen, hat Latz kürzlich bei einem Besuch in Saarbrücken gesagt, hätte man die Brücke mit dem Parkdeck gar nicht so breit gebaut. Das Rondell mit dem Brunnen wiederum ist wie eine kleine Arena angelegt, auf den Sitzstufen ums runde Brunnenbecken nehmen auch gern Parkbesucher Platz. Auf den Becken kann man sogar eine Bühne anbringen. Die Freiluftkonzerte, die die Stadt in der Sommermusik-Reihe hier veranstaltete, waren denn auch sehr beliebt.

Dennoch hat gerade der Ruinencharakter der beiden Brunnen auch Nachteile. Nicht zum ersten Mal wurde der Brunnen im Rondell im Frühjahr zerstört. Latz habe für den Brunnen mit Absicht minderwertige Klinker gewählt und den Brunnenboden als eine Klinkerplatte, die zerborsten ist, entworfen, weiß die Grünamtsleiterin Carmen Dams. Nach dem Motto „Der ist ja kaputt, den kann ich noch mehr kaputt machen“ verleite diese Ruinenanmutung junge Leute, dem Brunnen den Garaus zu machen, vermutet sie. Gerade mal 12 und 13 Jahre seien die beiden Jungs gewesen, die im vorigen Frühjahr beim Vandalismus hier erwischt wurden. Baulich habe die Stadt den Brunnen nur wenige Wochen später wieder repariert, auch weil die Stadt wegen des Publikumsverkehrs eine Verkehrssicherungspflicht habe, sagt Dams. Doch da auch die Rohre und die Wassertechnik zerstört wurden, bleibt der Brunnen vorerst trocken. Im Frühjahr, kündigt sie an, werde die Verwaltung das Rondell grundlegend erneuern. Zusammen mit Architekt Peter Latz will sie dann ein neues Konzept finden, um die Ruinen-Anmutung des Brunnens etwas zurückzunehmen. An der Wasserwand mit ihren Düsen können sich die Bürger aber bis auf weiteres noch unbeschwert erfreuen. Denn wegen des Klimawandels komme der erste Frost immer später, sagt Dams. Früher dagegen war mit der Brunnen-Saison schon am 1. November Schluss.

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