Konzertkritik Der Oratorienchor überzeugt mit Brahms-Requiem

Saarbrücken · Von Traudl Brenner

Abend. Dunkel. Kalt. Es regnet. Ob da die Musikfreunde lieber daheim bleiben? Kurz vor acht geht man zur Ludwigskirche, kommt rein – und alle Plätze sind schon besetzt. Das mag am Stück liegen–- das „Deutsche Requiem“ von Brahms ist halt beliebt. Aber vor allem hat wohl der Saarbrücker Oratorienchor gelockt. Bei dem geht’s nie träge zu. Die Leidenschaft der Chefin Annemarie Ruttloff – studierte Kirchenmusikerin, Musikwissenschaftlerin und Theologin, ausgezeichnet mit der Bundesverdienstmedaille, außerdem von der Landeskirche mit dem Titel „Kirchenmusikdirektorin“ ausgestattet – überträgt sich auf ihr Ensemble. Und das Publikum wird mitgerissen.

So war das auch diesmal.Die Sänger, die Musiker der „Deutschen Radio-Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern“, die Sopranistin Konstanze Ruttloffund der Bariton Markus Matheis – alle haben den Weg zueinander gefunden, von Anfang an. Glasklar, präzise, mit vollem Einsatz. Und wenn manchmal bei den hohen Stimmen leichtes Klirren zu hören war, hatte das nichts mit den Sängern zu tun, sondern mit der Ludwigskirche – die hat ihre akustischen Tücken, je nachdem, wo man sitzt. Daran konnte auch die Renovierung nichts ändern.

Insgesamt 65 Sänger und Sängerinnen hat der ökumenische Oratorienchor, den es bereits seit 30 Jahren gibt. Und es sind – erstaunlich heutzutage – auch junge Leute dabei. Das hängt damit zusammen, dass die rührige Chefin lange auch Kinderchöre geleitet hat – und die Kleinen von damals sind ihr treu geblieben. Tatsächlich gibt es auch mehrere Chormitglieder, die längst das Saarland verlassen haben und aus entlegenen Ecken angereist kommen – aus Luxemburg, Frankreich, sogar aus Darmstadt. Deshalb wird nicht nur jeden Dienstag geprobt, sondern auch öfter über ganze Wochenenden – dann können auch die „Entfernten“ mitmachen. Und dann wird geprobt bis zum Umfallen – und alle fahren erschöpft und glücklich wieder nach Hause.

Einmal im Jahr gibt’s dann den ganz großen Auftritt – wie jetzt. Acht Monate ist dafür geprobt worden.

Und wie finanziert sich all das? Sänger und Chefin schlagen nicht zu Buche, aber trotzdem entstehen viele Kosten. Vor allem die Musiker und engagierte Solisten müssen finanziert werden. Da hilft der 1996 gegründete Förderverein. Dessen Vorsitzender ist der Püttlinger Arzt Franz Meyer. Und der Verein sammelt zudem erfolgreich Spenden, damit so große Brocken wie das wunderbare Brahms-Requiem in der Saarbrücker Ludwigskirche gestemmt werden können.

Davon können andere Chöre nur träumen – die meisten haben keinen Nachwuchs – und kein Geld. So sieht es für die Zukunft der Kirchenmusik insgesamt hierzulande nicht gut aus.

Nur Positives also zum Oratorienchor Saarbrücken. Beim Brahms-Requiem – vorgetragen wurde auch noch das „Schicksalslied“ nach „Hyperion“ von Hölderlin - hat das Publikum erst aufgehört zu klatschen, als die Chefin den Zuhörern „guten Heimweg“ wünschte. Was hätte man auch sonst nach diesem Programm machen sollen?

Eine Zugabe? Undenkbar.

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