Der französische Akzent schwingt mit

Saarbrücken. Seit dem 2. August hat die gebürtige Französin Christine Neumann (48) auch die deutsche Staatsbürgerschaft. "Jetzt bin ich Doppelstaatlerin. Und das passt zu mir", sagt sie. Ihr Blick wandert durch den herrschaftlichen Garten der Villa Europa auf dem Rotenbühl

Saarbrücken. Seit dem 2. August hat die gebürtige Französin Christine Neumann (48) auch die deutsche Staatsbürgerschaft. "Jetzt bin ich Doppelstaatlerin. Und das passt zu mir", sagt sie. Ihr Blick wandert durch den herrschaftlichen Garten der Villa Europa auf dem Rotenbühl. Das "Deutsch-Französische Zentrum für Bildung und Wissenschaft" ist seit 2003 Neumanns Arbeitsplatz. "Ich fühle mich hier sehr wohl," sagt die Chefsekretärin und meint nicht nur die Arbeit, sondern auch ihre Heimatstadt Saarbrücken. Im Mai konnten im Saarland lebende Franzosen in der Villa Europa den französischen Präsidenten wählen. Neumann hat sich bei der Wahl nicht beteiligt. "Weil ich in Deutschland lebe. Ich finde nicht, dass ich mich in französische Politik einmischen sollte. Das überlasse ich den Franzosen in Frankreich." Künftig aber will sie wählen. "In dem Land, in dem ich lebe: Deutschland. Das Wahlrecht war für mich ein entscheidender Grund für die Einbürgerung."Manchmal schwingt in Neumanns Deutsch ein kleiner französischer Akzent mit. "Vor ein paar Jahren", sagt sie lachend, "war ich immer ganz traurig, wenn das jemand rausgehört hat." Warum? Sprache, erklärt sie, sei wichtig für die Integration, für das "Gefühl von Heimat, und ich wollte hier zuhause sein".

Geplant war das allerdings nicht. Als junge Tourismus-Studentin absolvierte sie 1984 ein zweimonatiges Praktikum in einem Berliner Betrieb. "Und dann habe ich mich in einen Berliner verliebt." Ihr künftiger Mann ist der Grund, warum sie ihrer Heimat den Rücken kehrt. "Meine Geburtsstadt Pau in den Pyrenäen und Berlin trennten 1800 Kilometer."

Nach der Wende zieht das Paar mit Sohn und Tochter aus Berlin ins nahe Hohen Neuendorf. "Wir wollten raus aus der Großstadt. Wir haben uns dort sogar ein Haus gekauft", beschreibt sie. Doch auch das ruhigere Brandenburg ist nicht die Lösung. "Ich habe gemerkt, dass ich näher zu Frankreich leben wollte. Näher bei meiner Familie. Wenn wir früher in den Sommerferien zu meinen Eltern gefahren sind, brauchten wir zwei Tage mit dem Auto. Eine Tortur", sagt sie und schüttelt dabei den Kopf. Ihr Mann und die Kinder tragen die Entscheidung, näher an Frankreich zu leben, mit. "Dabei war es für meinen Mann, der Lehrer ist, nicht einfach, das Bundesland zu wechseln. Aber es hat geklappt, und wir vier sind hier alle sehr glücklich." Und dann erinnert sich Neumann an den diesjährigen Urlaub in der Nähe von Port-Vendres, wo die Eltern seit einigen Jahren leben: "Mein 23-jähriger Sohn rief an und sagte, dass mein Antrag auf Einbürgerung durch sei." Und wie haben die Eltern reagiert? "Sie haben meine Freude hautnah miterlebt und haben sich für mich gefreut. Den Entschluss, dass ich nach 28 Jahren in Deutschland auch Deutsche sein wollte, konnten sie gut verstehen." Haben Sie die Jahre in Deutschland verändert? "Klar", sagt sie lachend, "ich könnte ausflippen im Straßenverkehr in Frankreich. Zebrastreifen? Vergessen Sie es. Kein französischer Autofahrer bleibt stehen. Ich halte am Zebrastreifen. In Frankreich und in Deutschland. Blinker? Besitzen Franzosen nicht."

Eine Rückkehr nach Frankreich ist nicht ausgeschlossen. "Vielleicht im Rentenalter", sagt sie nachdenklich. Heute genieße sie es, Text zu übersetzen. "Es ist ein schönes Gefühl, sich in zwei Sprachen zuhause zu fühlen." Ein kleiner französischer Akzent schwingt auch bei diesem Bekenntnis mit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort