Saarbrücken 2000 junge Menschen demonstrieren für freies Internet

Saarbrücken · Die Redner bei der Kundgebung vor der Europagalerie warnten vor einer Umsetzung der vom EU-Parlament geplanten Urheberrechtsreform. Darin sehen sie eine Zensur beim Hochladen von Texten, Fotos oder Videos.

Fotos: Demo für freies Internet in Saarbrücken
17 Bilder

Demonstration für freies Internet in Saarbrücken

17 Bilder
Foto: BeckerBredel

Aus Protest gegen die geplante Reform des Urheberrechts sind in Saarbrücken am Samstagmittag nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen auf die Straße gegangen – deutlich mehr als erwartet. Drei Tage vor der entscheidenden Abstimmung im Europaparlament verlangten sie vor allem die Streichung des Artikels 13, wonach Plattformen wie Youtube künftig für Urheberrechtsverletzungen haften sollen. Sie sollen in Zukunft schon beim Hochladen überprüfen, ob Inhalte geschütztes Material enthalten. Kritiker befürchten, dass dies nur über automatisierte Filter möglich ist, was einer Zensur gleichkommen könnte.

Aufgerufen zu dem Protest in Saarbrücken hatten die Piratenpartei und die Initiative „Save the Internet“. Jeder Internetbenutzer sei potenziell betroffen, sagte der Piraten-Landeschef Klaus Schummer. Upload-Filter könnten überhaupt nicht den Kontext von Inhalten zu erkennen und seien daher sehr fehleranfällig. „Das freie Internet läuft Gefahr, zu einem Filternet zu verkommen, in dem sich nur noch die großen Konzerne, die Global Players, Lizenzrechte leisten können und somit den Freien, den Kreativen, den Youtubern, den Bloggern, euch und uns eine freie Plattform klauen. Somit wird die ganze Plattform zu einer Zensurmaschinerie.“ Die Befürworter der Urheberrechtsreform könnten die Gegner nicht mehr ignorieren und nicht mehr überhören.

Der Protest richtete sich vor allem gegen die CDU. Mehrfach skandierten die Teilnehmer der Kundgebung vor der Europagalerie: „Nie mehr CDU!“ Der CDU-Medienpolitiker und Saarbrücker Oberbürgermeister-Kandidat Uwe Conradt rief den Demonstranten zu: „Ich weiß, dass viele hier wütend sind auf Mitglieder meiner Partei.“ Conradt distanzierte sich von den Plänen seiner Partei und bezeichnete die geplante Urheberrechtsreform als „verkorkst“. Sie habe zwar ein sinnvolles Ziel, nämlich Künstler und andere Urheber fair zu vergüten. Allerdings würde dieses Ziel mit den vorgelegten Plänen höchstwahrscheinlich gar nicht erreicht. Conradt sagte: „Ich nehme euren Protest mit, ich habe es gehört. Ich kämpfe für die Meinungsfreiheit.“

Wesentlich leichteres Spiel vor den aufgebrachten, ganz überwiegend jungen Demonstranten hatten die Vertreter der übrigen Parteien. Die stellvertretende Vorsitzende der Jungsozialisten im Saarland, Insa Meiser, bezeichnete die geplante Reform als „weit verfehlt“. An das Europa-Parlament und speziell die CDU gerichtet rief sie: „Was denkt ihr euch?“ Die Vorgaben wären aus ihrer Sicht nur mit Upload-Filtern umzusetzen. „Denkt ihr, da sitzt jemand im Keller von Facebook und klickt sich durch jede Meldung durch?“ Da müsse Technik her, um Inhalte zu filtern. „Das ist Zensur.“

Der Linken-Landtagsabgeordnete Dennis Lander sagte, es sei absolut nötig, die Rechte von Künstlern und Journalisten zu stärken. Es könne nicht sein, dass große Konzerne wie Google oder große Verlage wie Axel Springer das große Geschäft machten, während die eigentlichen Schöpfer leer ausgingen. Leider ändere die Urheberrechtslinie daran aber überhaupt nichts. Vielmehr beschneide sie die Freiheit im Netz. „Wir brauchen so etwas nicht.“ Die geplante Reform betreffe nicht nur Google oder Facebook, sondern alle, die täglich das Internet nutzen. „Es geht um unsere Freiheit“, sagte Lander.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort