Das Mini-Museum von Sebastian Jung kann man sich liefern lassen Lieferservice! Sie haben ein Museum bestellt

Saarbrücken · Platz ist in der kleinsten Hütte und notfalls sogar in einem großen Rucksack: Sebastian Jung hat sich eine ganz besondere Form der Kunst-Vermittlung ausgedacht. Jetzt kommt er damit nach Saarbrücken. Und man kann ihn buchen.

 Das wohl kleinste Museum der Welt kann man sich nach Hause liefern lassen.

Das wohl kleinste Museum der Welt kann man sich nach Hause liefern lassen.

Foto: jung/Sebastian Jung

Man kann sich heute fast alles nach Hause liefern lasse: Klamotten, Elektronik, das Abendessen, den Wocheneinkauf. Und auch: ein Museum. Ein klitzekleines. Zumindest in Düsseldorf. Und Ende August ausnahmsweise auch im Saarland, doch dazu später mehr.

In Düsseldorf jedenfalls hat der Kommunikationsdesigner Sebastian Jung 2021 nämlich den „Museum Express“ gegründet, um Kunst trotz Pandemie bedingter Schließung von Galerien und Museen erlebbar zu machen. Der „Museum Express“ ist dabei viel mehr als eine Notlösung in kulturellen Krisenzeiten. Er ist Gegenpol zu elitärer Museumskultur, Fingerzeig an die Durchkapitalisierung des Kunstmarktes, macht dabei Spaß, ist pfiffig noch dazu.

So radelt Sebastian Jung auch jetzt noch, wo Galerien und Museen längst wieder geöffnet sind, auf einem winzigen Klapprad, sein winziges Museum auf den Rücken geschnallt, durch Düsseldorf und sein Umland und liefert Interessierten ein Live-Kunst-Erlebnis nach Hause, in den nahegelegenen Park oder ins Café.

 Sebastian Jung ist mit seinem "Museum Express" unterwegs. Per Klapprad bringt er die Kunst vorbei.

Sebastian Jung ist mit seinem "Museum Express" unterwegs. Per Klapprad bringt er die Kunst vorbei.

Foto: Ben Hammer/Ben Hammer

Der Zeit-kritische Ansatz des Projektes ist dabei offenkundig. Untergebracht ist das Mini-Museum nämlich in einem umgebauten, mit LED-Beleuchtung ausgestatteten Lieferservice-Rucksack. Eine Ausstellungsfläche von gerade einmal 37 mal 42 mal 36 Zentimetern. Doch der „Museum Express“ moniert nicht nur über unsere schnelllebige Welt, über fast food, fast fashion, fast everything, sondern bietet zugleich einen Gegenentwurf an: „Slow-Art“ nämlich.

Jedes Mal wenn der „Museum Express“ seine Pforte öffnet, offenbart er nur ein einziges Kunstwerk, eine Skulptur, eine Fotografie, eine Leinwand oder eine Videoinstallation internationaler Kunstschaffender. Welcher Künstler oder welche Künstlerin es für die Mini-Ausstellung zuhause nun sein darf, kann man sich bei Bestellung des „Museum Express“ aussuchen.

Welches Kunstwerk es aber schließlich wird, bleibt eine Überraschung, bleibt ein „ah“ und „oh“ beim Blick in den Rucksack. Die ergänzende circa 20-minütige Präsentation des Exponates von Sebastian Jung schafft den Rahmen für eine intensive, tiefgehende, nachhaltige Auseinandersetzung mit Werk und Künstler. „Slow-Art“ eben.

Am letzten August-Wochenende nun radelt Sebastian Jung mit seinem„Museum Express“ bis nach Saarbrücken, direkt ins Studio TikeTike, dem interdisziplinären, nach eigener Angabe „intergalaktischen“ Design-Studio von Jennifer Graf und Lea Hofmann im Nauwieser Viertel.

Durch Instagram sind Graf und Hofmann auf Sebastian Jung aufmerksam geworden. Langsam und beständig habe sich dann Kontakt angebahnt, „wir haben gegenseitig unsere Sachen geliked, uns gegenseitig Quatsch zugeschickt, Instagram ist einfach ein extrem gutes Medium um sich zu vernetzen“.

Vernetzung – das ist auch der Gedanke hinter Jungs Besuch im Saarland. „Wir finden, dass das eine ganz wichtige Komponente ist“, betont Lea Hofmann, „Kreative vernetzt euch! lautet unser Credo“. Gerade das Saarland würde in Kunst- und Kulturaspekten oft unterschätzt, in Düsseldorf hingegen habe man es mit einem recht versnobten Kunstmarkt zu tun. „Der Besuch von Sebastian und seinem Museum in Saarbrücken bietet den Rahmen für einen Austausch, der, glaube ich, für beide Seiten sehr interessant ist“, sagt Hofmann.

Für seinen Besuch im Saarland hat Sebastian Jung den „Museum Express“ mit einer Arbeit von Jochen Mühlenbrink bestückt, einem Künstler, der zuletzt in einer Solo-Show in Los Angeles zu sehen war. Ein kollektives Lieferservice-Rucksack-Öffne-Dich findet dabei am 27. August im Studio TikeTike statt. „Eine Mini-Vernissage“, wie Hofmann sagt, „bei der wir mit jedem, der Lust hat, bei einem Glas Crémant Sebastians Besuch einläuten“.

Parallel dazu ist der „Museum Express“ sowohl Samstag als auch Sonntag für einen Haus-, Park-, Kneipen- oder auch Institutions-Besuch buchbar. Zehn bis zwölf Spots sind zu haben, auch wenn es hier um „Slow-Art“ geht, ist also Schnelligkeit geboten. Da Sebastian Jung das Projekt über Förderungen und Sponsoren finanziert, ist der Besuch des „Museum Express“ komplett kostenfrei. Wer das Projekt unterstützen will, kann indes im wohl kleinsten Museumsshop der Welt Kunst für zuhause erwerben. In Zukunft wird dort auch das ein oder andere TikeTike-Produkt zu finden sein. Daran tüfteln Jennifer Graf und Lea Hofmann nämlich gerade.

Der „Museum Express“ kommt ins Studio TikeTike, Dudweiler Straße 45, in Saarbrücken, am Samstag, 27. August, 19 Uhr. Buchung des „Museum Express“ für Samstag, 27. August, und Sonntag, 28. August, über Instagram-Direct-Message an @museum_express oder Mail an info@museum-express.com

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