SChams, ein Theater ohne Grenzen Amüsante Lektionen: Mit „Schams“ geht die Sonne auf

Saarbrücken · Das interkulturelle Theaterprojekt stellte sich im „Café Biblio“ vor, und alle hatten viel Spaß. Nicht nur wegen ein paar Pannen.

 Viel Gelächter auch auf der Bühne gab es beim Gastspiel des integrativen Theaterprojekts „Schams“ aus St. Ingbert.

Viel Gelächter auch auf der Bühne gab es beim Gastspiel des integrativen Theaterprojekts „Schams“ aus St. Ingbert.

Foto: kerstin krämer/Kerstin Krämer

„Heute haben wir ein großes Problem“, verkündete der syrische Regisseur Mwoloud Daoud. Nicht nur, dass das Lesecafé der Stadtbibliothek als Bühne generell zu klein war für die integrative Musiktheatergruppe „Schams“ aus St. Ingbert. Obendrein fielen fünf Mitspieler wegen Erkältung aus, darunter auch Daouds deutscher Co-Regisseur Johannes Becher, der wie Daoud zudem in einer tragenden Rolle mitspielt. Für Becher wurde zwar flugs Ersatz verpflichtet. Doch die erschwerten Bedingungen führten dazu, dass das Ensemble nur Ausschnitte zeigen konnte aus seiner aktuellen Produktion „Integrama“.

Unter den chaotischen Umständen mussten die Akteure außerdem so viel improvisieren, dass die Zuschauer manchmal nicht wussten, worüber sie lachen sollten: Über die eigentlichen Gags des Stücks oder über die irritierten Blicke der Schauspieler, die spontan den Part der erkrankten Kollegen übernahmen und von Daoud schon mal beherzt auf die Spielfläche geschubst wurden.

Zu der Veranstaltung eingeladen hatten das Zuwanderungs- und Integrationsbüro der Landeshauptstadt Saarbrücken, die Stadtbibliothek und das Netzwerk Ankommen im Anschluss an das „Café Biblio“. Dieser Treff findet seit 2016 jeden zweiten Montag im Monat statt und bietet Zugewanderten und Einheimischen die Möglichkeit zum Austausch in gemütlicher Atmosphäre – wer die deutsche Sprache noch nicht gut beherrscht, kann hier zwanglos seine Sprachkenntnisse verbessern.

Das führt mitunter zu kuriosen Missverständnissen kommunikativer und interkultureller Art, und genau davon erzählt „Integrama“. Uraufgeführt wurde das Stück im Mai. Dahinter steht eine Erfolgsgeschichte: Als die Metro-Gruppe Ende 2015 mit dem Projekt „we-help“ einen Wettbewerb um Fördergelder für Integrationsprojekte auslobte, hob das Netzwerk für Flüchtlinge St. Ingbert e. V. spontan ein Theaterprojekt aus der Taufe: Es sollte verschiedene Charaktere, Talente und Wünsche unter einen Hut bringen; es sollte Gemeinsamkeit, Spaß, das Lernen von Sprache und gegenseitiges „Voneinander-Lernen“ fördern und Sprachrohr sein. Und es sollte allen Bürgern, gleich welcher Nationalität und welchen Alters, offenstehen – „Schams“, was aus dem Arabischen übersetzt Sonne bedeutet,  war geboren.

„Schams“ steht für ein gemeinsames Miteinander, gegen Parallelgesellschaften; auch Menschen mit Handicap werden integriert. Die Zahl der Mitglieder fluktuiert, außer Deutschen und Syrern seien mittlerweile auch Kurden dabei, aktuell insgesamt 35 Leute zwischen zwölf und 57 Jahren, berichtet Anne Jungfleisch: Die 23-Jährige gehört wie ihre Schwester Hannah zum ehrenamtlichen vierköpfigen Organisationsteam.

Mwoloud Daoud, 2014 als syrischer Flüchtling nach Deutschland gekommen, und Johannes Becher teilen sich als Regie-Tandem die künstlerische Leitung; ein Choreograph vervollständigt das Team. Bereits das erste Stück „Nie wieder Hass“, das als eine Art theatralische Traumatherapie die Flucht aus dem Kriegsgebiet sowie die Erlebnisse und Ängste syrischer Flüchtlinge behandelte, fand viel Anerkennung. „Schams“ tourte durch Deutschland und wurde sogar für den deutschen Integrationspreis nominiert.

„Integrama“ knüpft nun, der Titel verrät’s, thematisch ans Debüt an und versteht sich als Drama über Integration: Es geht um Nationalstolz, Vorurteile und Klischees, Sprachbarrieren, kulturelle und religiöse Traditionen und die Rolle der Frau. Für den Auftritt in der Stadtbiliothek konzentrierte sich „Schams“ nun auf die heiter-burlesken Episoden des Stücks und präsentierte einen lebhaften Reigen mit Tanz und Gesang: Von Szenen einer Ehe beziehungsweise Anbahnung einer Ehe über Konfrontationen an der Bushaltestelle und prekär Intimes in der Sauna bis zum eskalierenden Sprachunterricht – amüsante Lektionen in Sachen Verstehen, Toleranz und Akzeptanz.

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