Architektur Freundschaft, in Beton gegossen

Saarbrücken · Das Deutsch-Französische Gymnasium war nach dem Zweiten Weltkrieg der erste Neubau einer Schule im Saarland und hat große Symbolkraft.

Das Gebäude des heutigen Deutsch-Französischen Gymnasiums (DFG) war nicht nur der erste saarländische Neubau einer Schule nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch einer der ersten Stahlbetonbauten im Land. Der Bau gilt als Inkunabel französischer Baukunst aus den späten 40er-Jahren. Die Schule ist ein symbolisches Gebäude, das zusammen mit dem Pingusson-Bau die deutsch-französische Nachkriegsgeschichte eine freundlich-neugierige Annäherung zwischen traditionellen „Erzfeinden“ illustriert.

Die erste französische Volksschule in „Saarebruck“ wurde schon 1945, just nach Ende des verheerenden Krieges, unter französischer Verwaltung in einem baulichen Provisorium eingerichtet, bis der Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Ulanen-Kasernen Form annahm. Bildhafter könnte die Wandlung von Militär zu Bildung nicht ausgefallen sein. Nur vier Jahre später wurde das Gebäude eingeweiht. Die französische Volksschule erhielt den Namen „Collège (du) Maréchal Ney“. Schon bald nach Kriegsende verfügte die französische Verwaltung des Saarlandes, dass auch deutsche Schüler die französische Schule im Saarland besuchen dürfen, und die Schule wurde zu einem Lycée français à l‘étranger (französisches Auslandsgymnasium). Sie war das einzige französische Gymnasium des Saarlands. Das Lycée war jedoch nicht, wie das heutige DFG, eine „Begegnungsschule der deutsch-französischen Verständigung“ mit Unterricht sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache, sondern eine rein französische Schule, in die auch saarländische Schüler aufgenommen wurden. Nach der Angliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1957 brachen neue Zeiten an, und es begannen Verhandlungen über die Bildung einer binationalen Schule. Als Ergebnis wurde 1961 das Deutsch-Französische Gymnasium gegründet, und entlang der Halbergstraße wurden mehrere Gebäude errichtet: Zuerst wurde auf einer Länge von 110 Metern das große Schulhaus gebaut, in dem auch ein Kindergarten eingerichtet wurde. Der Entwurf im Stil der klassischen Moderne stammte von dem Architekten Pierre Lefèvre und knüpfte architektonisch an die unschuldigere Vorkriegszeit an. Ein Quertrakt wurde an der Ostseite 1954 vollendet. Dieser vierstöckige Ostbau bot Raum für eine Turnhalle, ein Knaben-Internat und ein Wohnhaus für das Verwaltungspersonal. Im Zuge der Erweiterung wurden jedoch auch mehrere Teilgebäude des Ursprungsgebäudes abgerissen, darunter zwei Hallen und Räume für den Sportunterricht. Die Innenräume erhielten einen veränderten Zuschnitt.

Das heutige Deutsch-Französische Gymnasium besteht aus zwei Trakten entlang der Halbergstraße mit einem niedrigen Verwaltungstrakt in der Mitte. Zwischen den beiden Gebäudetrakten entlang der Straße liegt am Eingang der Mitteltrakt für die Verwaltung. Die Gebäude sind perfekt nach den Himmelsrichtungen orientiert, wie es die Moderne verlangte: Die Eingangsseite mit Neben- und Funktionsräume hat kleinere Fenster an der Nordseite, die Haupträume hingegen öffnen sich zur Südseite und damit zum geschützten Schulhof. Vorspringende horizontale und vertikale Bänder gliedern die funktionalistischen Fassaden.

Alle Bauteile verschmelzen durch weitgehend homogene Fassaden und flachen Dächer zu einer Einheit, pardon, einem Ensemble natürlich.

Die streng symmetrischen Bandfassaden wurden vor Ort aus Beton gegossen. Sie sind gleißend weiß, ein Hinweis auf die Herkunft des Architekten aus Südfrankreich.

Die ehemalige „Marschall-Ney-Schule“ hat einen hohen Zeichenwert als gebautes Symbol der Völkerverständigung: Auf Kasernengelände trat die Bildung an die Stelle des Militärs. Das Gymnasium war nicht nur der erste saarländische Neubau einer Schule nach dem Krieg, sondern auch einer der ersten Stahlbetonbauten im Land: Das Lycée Franco-Allemand war ein starker Auftakt für die Reihe hochkarätiger Saarbrücker Schulbauten der 1950er-Jahre.

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