Zu Gast Das Glück im „Denk- und Entwicklungsraum“

Saarbrücken · Sozusagen Künstlerin auf dem zweiten Bildungsweg ist die Soundkünstlerin Christiane Wien, die im Künstlerhaus ein Atelier-Stipendium hat.

 Christiane Wien ist bis Januar Gastkünstlerin im Saarländischen Künstlerhaus. Jetzt wird ihre Ausstellung eröffnet.

Christiane Wien ist bis Januar Gastkünstlerin im Saarländischen Künstlerhaus. Jetzt wird ihre Ausstellung eröffnet.

Foto: Iris Maria Maurer

„Eigentlich hätte ich schon immer gerne Kunst studiert“, sagt die 1969 geborene Künstlerin Christiane Wien, die seit letztem Jahr mit dem Atelierstipendium im Saarbrücker Künstlerhaus arbeitet. Nach dem Abitur habe das dann trotzdem „gar nicht erst zur Debatte gestanden, ich hatte nicht den Mut“.

Also entschied sie sich für ein zwar bodenständigeres, wenn auch nicht mit besseren finanziellen Aussichten glänzendes Studium: Sie machte ihren Magister in Germanistik, Geschichte und Linguistik. „Tja und dann habe ich erst einmal viele Jahre in meinem Beruf gearbeitet“, erklärt Wien.

Ihr Beruf, das war die Öffentlichkeitsarbeit. Sie hatte eine eigene Firma, vermarktete Filme. Irgendwann begann sie aber wieder damit, sich künstlerisch zu betätigen. Und irgendwann reichte es ihr dann nicht mehr, die Kunst von anderen zu vertreten. „Irgendwann muss etwas Neues her“, dachte sie, und wagte den Schritt.

Ihren Bachelor in Bildender Kunst mit den Schwerpunkten Bildhauerei und Installation machte sie 2016 an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter. Obwohl sie dort vor allem räumlich und installativ arbeitete, sei „immer mal wieder Sound ins Spiel gekommen“ oder sie habe zumindest gedacht „hier fehlt irgendwas“, erzählt Wien.

Nach einer Zusammenarbeit ihrer damaligen Hochschule mit der Sound-Klasse der Hochschule der Bildenden Künste Saar entschied sich Wien, für das Master-Studium nach Saarbrücken zu kommen, um hier mit den Schwerpunkten Freie Kunst und Soundart zu studieren.

Als Sound-Künstlerin versteht sich Christiane Wien also noch gar nicht so lange und eigentlich auch nicht im strengen Sinne. Der Sound ist für sie auch „Erweiterung meiner Bildhauerei, ein weiteres Medium, das mittlerweile aber oft im Mittelpunkt steht“.

In ihrer Master-Arbeit arbeitete sie mit Beton, erforschte dessen Klang. Ein Thema, dass sie auf interessante Fährten lockte, sie noch heute, ein Jahr nach ihrem Master-Abschluss begleitet. Ihre Recherchen führten sie zu den „Sound Mirrors“, zu deutsch Hohlspiegelmikrofonen, wie sie etwa an den Küsten Südenglands zu finden sind.

„Vor meinen Recherchen hatte ich davon noch nie etwas gehört“. So, wie wohl die meisten Menschen. Die „Sound Mirrors“, diese futuristisch anmutenden Gebilde, dienen vereinfacht gesprochen dazu, Geräusche zu bündeln, sodass sie im Schnittpunkt mit einem Mikrofon aufgenommen werden können.

Das Prinzip dieser „Sound Mirrors“ greift Wien in ihrer Ausstellung „mirrors“ auf, die am heutigen Mittwoch, 6. November, um 19 Uhr im Künstlerhaus eröffnet wird. Sie übersetzt es in neue Materialien, Räume und Kontexte. Aus Kostengründen baute sie ihre Modelle aus Styropor, wollte sie eigentlich mit Gips verkleiden. Bis sie merkte, dass auch Styropor seine ganz eigene Klangqualität hat.

Im Prinzip hat sie ihre Zeit als Atelierstipendiantin genau dafür genutzt: „Um meine Idee weiterzuentwickeln, zu recherchieren, zu lesen, zu bauen“, sagt Wien. So einen „Denk- und Entwicklungsraum“ wie im Künstlerhaus habe sie noch nie gehabt, erzählt sie weiter. Generell sei sie über solche Angebote wie das Atelierstipendium des Künstlerhauses „unendlich glücklich“.

„Total froh“ den Schritt vom sicheren Erwerb in die Kunst gewagt zu haben ist sie noch immer, dennoch sei man als Künstler oft auf Stipendien und andere Fördermöglichkeiten angewiesen. Insbesondere wenn man installativ oder mit Sound arbeitet, „es stellt sich ja niemand irgendwo etwas hin, das permanent klingt“, erklärt Wien. Doch gerade wenn es um Stipendien und ähnliches geht, sei ihr Alter oft „unpraktisch“, viele Altersgrenzen reiße sie ein. Mit dem Atelierstipendium des Künstlerhauses hatte sie Glück, da es sich explizit an HBKsaar-Absolventen, jedoch ohne Altersgrenze, richtet. Hier wird sie noch bis Ende Januar arbeiten, ein Anschlussatelier in Brebach hat sie allerdings bereits. Und auch der HBKsaar bleibt sie vorerst als Meisterstudentin erhalten.

Im nächsten Jahr wird sie allerdings auch dem Ruf der großen, weiten Welt folgen. Als eine von sechs Gewinnern des europäischen Studierendenwettbewerbes für installative Klangkunst „sonotopia“ der Beethovenstiftung darf sie mit deren Austauschprojekt „sonotopia – the sonic explorers“ nach Chile reisen, um dort einen Monat mit einheimischen Künstlern zu arbeiten. Anschließend kommen alle beteiligten Klangkünstler für eine Residenz in Bonn zusammen. Auf all das ist Christiane Wien bereits jetzt „super gespannt“.

Vernissage heute, Mittwoch, 19 Uhr, im Künstlerhaus, Karlstraße 1.

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