Saarbrücken Zu spät beim Einsatz: Feuerwehrchef freigestellt

Saarbrücken · Die Stadt Saarbrücken hat den Chef der Freiwilligen Feuerwehr abgesetzt. Sicherheitsdezernent Harald Schindel bestätigte der SZ vorliegende Informationen und sprach von einem einmaligen Vorgang bei den Ehrenamtlichen in der Saarbrücker Wehr.

 Beim Brand der Wache in Altenkessel Anfang Dezember kam der Chef nach Angaben des Sicherheitsdezernenten fünf Stunden zu spät.

Beim Brand der Wache in Altenkessel Anfang Dezember kam der Chef nach Angaben des Sicherheitsdezernenten fünf Stunden zu spät.

Foto: BeckerBredel

Als in Altenkessel das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr in Flammen stand, wurde auch Saarbrückens Wehrführer Marc Denzer alarmiert. Er kam aber nicht. „Erst nach fünf Stunden traf er ein. Er war nicht erreichbar und hatte sich auch nicht, wie es üblich ist, in der Leitstelle abgemeldet“, so Saarbrückens Sicherheitsdezernent Harald Schindel (Linke). Schindel platzte damit der Kragen, denn der Wehrführer war ohnehin bereits schwer unter Beschuss in eigenen Reihen. „Ich habe ihm am vergangenen Donnerstag per Kurier eine offizielle Beurlaubung zugestellt. Er hat nun zwei Wochen Zeit zur Stellungnahme und vier Wochen Einspruchsfrist“, so der Dezernent über die Suspendierung, die er selbst als „einmaligen Vorgang in der Feuerwehr“ bezeichnet.

Vorausgegangen sei eine Eingabe der Löschabschnittsführer aus West, Ost, Mitte und Dudweiler und der beiden stellvertretenden Wehrführer, die alle sechs der Verwaltung schriftlich mitgeteilt hätten, dass sie kein Vertrauen mehr in Denzers Arbeit hätten. Nähere Gründe wolle die Verwaltung nicht mitteilen. Das Verfahren sei in der Schwebe. Im Ergebnis ist der Wehrführer, der den Freiwilligen Wehren vorsteht und von der Gesamtheit der freiwilligen Feuerwehrleute gewählt wird, momentan per Verwaltungsakt allen Dienstpflichten entbunden. Er musste sein Einsatzfahrzeug , sein Funkgerät und die Schlüssel zur Wache der Berufsfeuerwehr abgeben. Dort hat der Wehrführer ein Büro. Die Berufsfeuerwehr  ist hier nicht betroffen. Die Probleme in deren Chefetage (wir berichteten) haben mit den neuen Vorgängen nichts zu tun.

Wir haben mit Verantwortlichen der Saarbrücker Feuerwehr gesprochen, wegen des schwebenden Verfahrens will keiner der Herren in der Saarbrücker Zeitung zitiert werden. Doch über die Missstände reden alle ganz offen. So habe der Wehrführer seine Stellvertreter und die Löschabschnitts- und Löschbezirksführer nicht in seine Arbeit eingebunden, wichtige Termine ausfallen lassen, seine Kollegen bei einem Termin mit der Oberbürgermeisterin eigenmächtig sogar ausgeladen. Er habe Beförderungen ausgesprochen, ohne diese mit dem Dezernenten Schindel abzusprechen und dabei seine Löschbezirksführer übergangen, um eigene gute Bekannte zu fördern. Er habe Materialzuteilungen eigenmächtig entschieden, einen Feuerwehrmann zu einem Lehrgang nach St.Wendel geschickt und damit das in Saarbrücken übliche Verfahren übergangen. In den dortigen Medien sei berichtet worden, dass St. Wendel Saarbrücker Feuerwehrleute ausbilde. Das hörte und sah man im Rathaus gar nicht gern.

Mehrere Beschwerden habe es wegen zu riskanter Einsatzfahrten gegeben, heißt es aus dem Rathaus. Das alles seien für sich genommen Kleinigkeiten, doch Versuche klärender Gespräche seien gescheitert, zuletzt auch eine eigens angesetzte Unterredung mit Kreisbrandinspekteur Tony Bender und Landesbrandinspekteur Timo Meyer. Bender, der ebenfalls auf die Zuständigkeit des Dezernenten verwies, bestätigte, dass es ein Treffen zur Moderation gegeben habe. Die jetzt erfolgte Suspendierung sei eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung der Verwaltung nach dem Vorfall in Altenkessel. In Saarbrücken hätten die beiden stellvertretenden Wehrführer Hans-Werner Schmitz aus Gersweiler und Björn Weichel aus Eschringen die Wehrleitung übernommen. Einen Termin für eine reguläre Neuwahl des Wehrführers gebe es nicht. „Diese Wahl steht turnusgemäß nicht an, es muss eine außerordentliche Versammlung der gesamten Wehr einberufen werden, wenn die Stelle neu zu vergeben ist“, erklärt Bender das Verfahren. Das sei aber erst möglich, wenn das jetzt gestartete Verwaltungsverfahren beendet sei.

Marc Denzer meldete sich gestern Nachmittag bei der SZ und erklärte, dass er sich frühenstens Donnerstag nach einem Beratungstermin bei seinem Anwalt öffentlich äußern wolle. Er habe Verständnis für die öffentliche Darstellung, wolle aber erst Rat einholen, wie er sich verhalten soll.

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