Keine Wahrheit, nur Geschichten

Wie Haie einen Ertrinkenden haben diese Woche drei Geschichten die Wahrheit umkreist.Die erste Geschichte : Der Zirkus Charles Knie betreibt eine "rücksichtslose Tierhaltung". Insbesondere den Elefanten geht es schlecht, weil der Zirkus oft seinen Gastspielstandort wechselt und die Tiere durch ganz Deutschland transportiert.

Aber nicht nur beim Zirkus gibt es verantwortungslose Menschen. Auch die Stadtverwaltung handelt falsch, weil sie einem Zirkus ein Gastspiel erlaubt, dem andernorts bereits "der Prozess gemacht" wird. Diese Geschichte hat die Tierschutzorganisation Peta erzählt.

Die zweite Geschichte : Die Stadtverwaltung handelt nach Recht und Gesetz. Mit dem Zirkus beschäftigt sich zwar ein Gericht, weil Peta ihn vor zwei Jahren angezeigt hat. Aber dass die Staatsanwaltschaft ermittelt, bedeutet ja nicht, dass der Zirkus auch wegen Tierquälerei verurteilt wird. Wir leben in einem Rechtsstaat, da ist jemand schuldig, wenn ein Gericht alle Fakten geprüft und entschieden hat - nicht wenn eine Organisation mit dem Finger auf ihn zeigt. Die Stadt muss den Zirkus also wie alle anderen behandeln und kann ihm nicht einfach so ihren Festplatz verweigern. Diese Geschichte wird im Rathaus erzählt.

Die dritte Geschichte : Im Zirkus Knie leben Menschen mit und von ihren Tieren. Sie sind sich bewusst, dass diese Tiere dort leben, wo sie geboren sind: "in Gefangenschaft". Aber sie achten ihre Tiere und gehen gut mit ihnen um. Das bestätigen tierärztliche Gutachten. Der Zirkus ist kein Ort des Bösen, sondern ein uraltes Gewerbe, in dem liebenswerte, kreative Menschen leben. Diese Geschichte wird im Zirkus erzählt.

Und die Wahrheit? Ich neige diese Woche wieder einmal dazu, dem amerikanischen Schriftsteller Jim Harrison zuzustimmen: "Es gibt keine Wahrheit, es gibt nur Geschichten."

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