Kampf gegen Hunger wird härter

Burbach · Bis weit vors Haus stand die Schlange, als die Saarbrücker Tafel wieder Ausweise verteilte. Um 350 Frauen und Männer wuchs die Zahl der Lebensmittel-Abholer. Mindestens 1000 Menschen mehr werden nun dank der Hilfe aus Burbach satt.

Der Andrang war erst mal groß. Am 17. November beendete die Saarbrücker Tafel den im Mai verkündeten Aufnahmestopp. Auf bis zu 1000 neue Abholer bereitete sich das Team vor. Dieser Tage zog der Tafel-Vorsitzende Uwe Bußmann eine Zwischenbilanz: 350 Männer und Frauen haben seit Mitte November einen Ausweis bekommen. Den Flüchtlingsanteil unter den Neuen beziffert Bußmann auf 90 Prozent. Partner und oft ganze Familien mitgerechnet, wuchs die Zahl der Tafelnutzer um mindestens 1000. Nicht alle Neuen wussten, dass sie zunächst nur den Ausweis bekommen und erst im neuen Jahr verbilligte Lebensmittel mitnehmen können. Und nicht alle alten Abholer sahen ein, dass sie jetzt nur noch höchstens alle zwei Wochen zum Zuge kommen. Am neuen Verteilrhythmus wird sich Bußmann zufolge nichts ändern. "Da gab es Diskussionen und Überzeugungsarbeit. Aber die Leute müssen das akzeptieren."

Da der Zulauf noch nicht ganz so groß sei wie erwartet, könnten die Lebensmittelmengen je Abholer größer werden. Bußmann weiß, wie sehr fast alle auf diese günstigen Einkäufe angewiesen sind. Um sich ein Bild zu machen, was ab diesem Jahr auf sie zukommt, haben die Tafel-Verantwortlichen nicht nur die Neuen registriert. Sie durchforsteten die Datei auch nach Männern und Frauen , die schon lange nicht mehr da waren. Jetzt geht das Team von 1200 Stammkunden aus.

Bußmann macht zu schaffen, wie die Kundschaft sich in den bald 20 Tafel-Jahren gewandelt hat. "1998 fingen wir an, um armen alten Frauen , zum Beispiel Kriegerwitwen mit kleinen Renten, zu helfen, die sich weder zum Sozialamt trauten noch ihren Kindern zur Last fallen wollten. Heute kommen ganze Familien zu uns, Opas, Väter und Enkel, die nie etwas anderes kannten als ein Leben in Armut ." Dass der Staat nichts dagegen tut, empört Bußmann. "Angetreten waren wir mit dem Anspruch, Lebensmittel zu retten und damit Menschen zu unterstützen. Inzwischen arbeiten wir an gegen die Folgen der Massenarmut. 42 000 Stunden erbrachten unsere Ehrenamtlichen allein im Jahr 2015. Aber den Sozialstaat können wir so nicht retten." Für Bußmann wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen, das wirklich vor Armut schützt, ein Ausweg.

Doch noch sind Mini-Löhne, Hartz IV und Grundsicherung harte Realität. Deshalb ist das Tafelteam gerüstet, in diesem Jahr weiteren armen Menschen aus Saarbrücken zu helfen. Und zwar ohne viel Bürokratie, wie der Tafel-Chef betont. Wer einen Ausweis haben will, bringt einfach Renten-, Hartz-IV-Bescheide oder andere Dokumente mit, die das Einkommen belegen. Am Ende gibt's ein bisschen mehr Lebensqualität. Trotz Armut .

Weitere Informationen über die Tafel gibt es unter Tel. (06 81) 9 38 95 50 oder

auf der Internetseite.

saarbruecker-tafel.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort