Brunnenserie_ Brunnen Bergwerksdirektion Es war einmal ein Brunnen in der City

Saarbrücken · Vor der Saarbrücker Bergwerksdirektion stand einmal ein kleiner, feiner Brunnen. Er musste weichen.

 Vor der ehemaligen Bergwerksdirektion in der Trierer Straße stand der Brunnen, den Karl Bauer mit entworfen hatte.

Vor der ehemaligen Bergwerksdirektion in der Trierer Straße stand der Brunnen, den Karl Bauer mit entworfen hatte.

Foto: BECKER&BREDEL/bub

Es war einmal ein Ruhepol in der Bahnhofstraße, genau an der Stelle, an der sie Richtung Hauptbahnhof abknickt. Er war oval und hatte eine spiegelglatte Wasseroberfläche, um die herum man sich auf einer Bank niederlassen konnte. Zum Beispiel, um noch einmal kurz drüber nachzudenken, was man eigentlich alles wieder gekauft hatte. Oder auch, um kurz zu verschnaufen, bevor man sich auf den Heimweg begab. Er war wohl einer der schönsten modernen Brunnen der Landeshauptstadt, doch nur zwölf Jahre hatte er leider Bestand. 2008, als die Bergwerksdirektion in ein Einkaufszentrum umgewandelt werden sollte, musste er weichen. Denn die Investoren wollten, das der  Vorplatz angehoben wird, um einen ebenerdigen Zugang zum Shoppingcenter zu erlauben.

„Für uns war das bitter, sehr bitter, wir waren ja sehr stolz auf dieses Ding“, sagt der Mann, der diesen Spiegelbrunnen einst mit geplant hat. Das war Anfang der 1990er-Jahre. Günter Platte war damals Projektleiter beim Karlsruher Landschaftsarchitekt Karl Bauer, der mit seinem Büro den Wettbewerb zur Umgestaltung der Bahnhofstraße in eine Fußgängerzone gewonnen hatte. Bauer hatte vor der Bergwerksdirektion einen Brunnen vorgesehen, fast genau an derselben Stelle, wo es schon Anfang des 20. Jahrhunderts einen gab ( siehe Postkarte). „Grundsätzlich ist ja immer angenehm, wenn es in einer Fußgängerzone, wo es heiß ist und heiß zugeht, eine Möglichkeit gibt, ans Wasser zu kommen“, sagt Platte. „Weil es klimatisch angenehm ist, am Wasser atmet man ganz anders.“

Auf die Idee, dort einen Brunnen mit einer spiegelglatten Wasserfläche zu gestalten, war das Team von Bauer gekommen, weil der Platz dort ansteigt. „Wenn man von unten drauf schaute, konnte man so die Bergwerksdirektion sich im Wasser spiegeln lassen“, erklärt der Landschaftsarchitekt im Büro Bauer, das nach Ausscheiden des Bürogründers in den Ruhestand von dessen Partner Willy Hildebrandt weitergeführt wird.

Das Bauer-Team wählte für den Spiegelbrunnen sehr edle Materialien: Das innere Oval, das Brunnenbecken aus Beton, war mit glänzend poliertem schwarzen Naturstein verkleidet. Ringsherum schufen sie eine gewölbte Sitzbank aus silbrigen Edelstahlstäben. Weil eine Wasserfläche nur spiegelglatt wirkt, wenn sie exakt waagerecht ist, der Platz aber abschüssig war, gab man dem Sitzbank-Oval eine andere Neigung und erzielte so eine optisch irritierende und äußerst reizvolle Wirkung. Und obwohl das Wasser völlig ruhig wirkte, war es doch in Bewegung: Es floss permanent und gleichförmig über die abgerundete Überlaufkante in ein schmales äußeres Becken. Unter der Sitzbank gab es außerdem eine durchgehende Beleuchtung, erinnert sich Platte. „Im Dunkeln wurde der Brunnen so vom Boden abgehoben und lag da wie ein Ufo.“

Nach der feierlichen Einweihung der neuen Bahnhofstraße 1996 hat er noch mitbekommen, dass der Spiegelbrunnen von den Saarbrücker Bürgern „absolut positiv“ aufgenommen und sehr genutzt worden sei. Nicht nur das ganze Büro Bauer, auch viele Bürger waren denn auch traurig, als er entsprechend den Wünschen der Investoren Crédit Suisse und ECE entfernt werden sollte.

Die Stadtverwaltung habe damals sogar nach einer Möglichkeit gesucht, den Brunnen woanders wieder aufzubauen, ein Saarbrücker Architekturbüro habe erwogen, ihn auf sein Privatgelände zu retten, sagt Platte. Letztlich aber wurde der elegante Brunnen, der 700 000 Mark gekostet hatte, abgeschlagen und entsorgt, was wiederum den Investor 20 000 Euro kostete.

 So sah der Platz mit Brunnen vor der damaligen Bergwerksdirektion um das Jahr 1906 aus.

So sah der Platz mit Brunnen vor der damaligen Bergwerksdirektion um das Jahr 1906 aus.

Foto: Stadtarchiv Saarbrücken und dahinter die Signatur der Ansichtskarte: AK

Wie die Geschichte weiterging: dass die Stadt den Investoren einen verglichen zum Spiegelbrunnen preisgünstigen „Kunst-im-öffentlichen-Raum“-Wettbewerb für Kunststudenten abhandelte, die dann zwei Jahre experimentierten und ein Stadtperiskop und zwei runde  Holz-Plattformen für den Platz schufen, all das hat der Karlsruher nicht mehr mit verfolgt. „Ich habe mir den Platz nie mehr angeschaut, ich wollte es nicht sehen“, gesteht er und fügt hinzu: „Wir haben schon sehr viele Brunnen gebaut, aber so was ist uns noch nie passiert, auch später nie wieder — zum Glück.“

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