In seinen Meisterstücken kann er heut' noch sitzen

Bischmisheim · In einer Serie stellen wir die Handwerksmeister aus dem Regionalverband Saarbrücken mit Eisernen und Diamantenen Meisterbriefen vor. Heute: Polsterermeister Theo Diener aus Bischmisheim.

 Theo Diener hat als Polsterer den Diamantenen Meisterbrief bekommen. Hier sitzt er in einem seiner Meisterstück von 1951, einem Polstersessel. Foto: Becker&Bredel

Theo Diener hat als Polsterer den Diamantenen Meisterbrief bekommen. Hier sitzt er in einem seiner Meisterstück von 1951, einem Polstersessel. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Theo Diener aus Bischmisheim wurde eine seltene Ehre zuteil: der 90-Jährige erhielt von der Handwerkskammer den Diamantenen Meisterbrief. 1951 legte Diener seine Prüfung als Polsterermeister ab, dann arbeitete der Ur-Bischmisheimer, der mit Stolz auf seinen Stammbaum bis 1486 verweist, zunächst in Hanweilers Matratzenfabrik.

In der Firma Schmidt produzierte er Veritas-Matratzen, die Herstellungsmaschine hatte er selbst konzipiert. "Die machte Matratzen wie Brötchen", erinnert sich der Jubilar, dessen Ware bundesweit großen Anklang fand. Veritas war eine gefragte Marke, die Versandhäuser Quelle und Schöpflin vertrieben Matratzen aus dem Saarland, bundesweit gab es 24 Auslieferungslager. Dann der Schock.

Trotz gefüllter Auftragsbücher kam die Pleite über Nacht. "Es fehlten 800 000 Mark, der Laden ging in den Konkurs", erzählt Diener, dessen Polstererkarriere damit 1964 am Ende war. "Seine" Maschine landete in einer Firma im Schwarzwald, und weil er der einzige war, der sie richtig bedienen konnte, ging er sechs Monate mit. Aber der Ur-Saarländer gab sein Haus in Bischmisheim nicht auf, pendelte. In Hanweiler war er aber nicht nur Polsterer, sondern zugleich Refa-Fachkraft. Das Stichwort war "Akkord". Den hatte Diener in Hanweiler etabliert und diese Erfahrungen waren auch für andere Industriezweige nutzbar. Das öffnete ihm den Weg in die Stahlindustrie. Der Polsterermeister Theo Diener sattelte um, wechselte 1965 zur Ensheimer Firma Brück und ging dort in Rente, ohne jemals wieder seinen alten Job gemacht zu haben. "Nur zuhause hab ich mal was repariert", sagt er. Seinen Berufswechsel habe er nie bedauert. An sein Wirken als Polsterer erinnern aber noch heute die beiden Meisterstücke, die schweren Sessel in seinem Wohnzimmer, die er selbst hergestellt hat.

Heute kümmert sich der Witwer um seine neue Lebensgefährtin, denn nach dem Tod seiner Frau vor 12 Jahren ist es ihm vor vier Jahren gelungen, sich neu zu verlieben. Ljodmila Gembel (78) aus Homburg besucht ihn tageweise, sie machen Ausflüge, verbringen viel gemeinsame Zeit. Auf einer Hochzeit hatten sie sich kennengelernt.

Der Altmeister, der seinen Beruf in den 60ern aufgegeben hat, glaubt nicht, dass das Polstererhandwerk keine Zukunft habe. "Junge Menschen müssen sich aber eine Ausbildungsstelle suchen, wo man gutes Handwerk lernt. Mit Fingerfertigkeit und Fachwissen kann man auch heute noch bestehen", sagt Diener.

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Auf einen BlickDie saarländische Handwerkskammer hat vor kurzem wieder Eiserne, Diamantene und Goldene Meisterbriefe verliehen. Im Regionalverband Saarbrücken wurden geehrt: Eiserner Meisterbrief (65 Jahre): Müllermeister Carl Kleim aus Völklingen, Rundfunkmechanikermeister Herbert Weber und Uhrmachermeister Rudolf Henninger (beide Saarbrücken); Diamantener Meisterbrief (60 Jahre): Schlossermeister Franz Willems aus Püttlingen, Malermeister Otmar Barth aus Völklingen, Kraftfahrzeugelektrikermeister Karl-Heinz Adt aus Quierschied, Polsterermeister Hermann Weber aus Sulzbach, Tischlermeister Rudolf Dahlem aus Auersmacher, Fleischermeister Max Schmeer, Polsterermeister Theo Diener, Augenoptikermeister Rudolf Henninger, Zahntechnikermeister Werner Brehmer, Orthopädiemechanikermeister Berthold Kraus und Kraftfahrzeugmeister Heinz Schmeer (alle Saarbrücken). Außerdem wurden 47 Goldene Meisterbriefe (50 Jahre) an Handwerksmeister und -meisterinnen verliehen. dög

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