Sicherheit in Bus und Bahn Bespuckt, beleidigt, bedroht und verletzt

Saarbrücken · Die Gewalt in Bussen und Bahnen nimmt zu. Zugbegleiter und Busfahrer fühlen sich nicht mehr sicher – vor allem nachts.

 Die Fahrgäste in Bussen und Bahnen werden immer aggressiver, berichten Busfahrer und Zugbegleiter. Die verbale Gewalt nehme zu, immer mehr Fahrer würden aber auch mit Waffen angegriffen, wie unser Symbolbild zeigt.

Die Fahrgäste in Bussen und Bahnen werden immer aggressiver, berichten Busfahrer und Zugbegleiter. Die verbale Gewalt nehme zu, immer mehr Fahrer würden aber auch mit Waffen angegriffen, wie unser Symbolbild zeigt.

Foto: ACTION/ISOPRESS SENEPART

Gewalt in saarländischen Bussen und Bahnen ist Alltag. Auch im Regionalverband. Das ist die bittere Bilanz des Forums der Arbeitskammer zur „Sicherheit in Bus und Bahn“.

„Ich hatte keine Chance. Gerade hatte ich den Zug betreten, da griff mich ein Fahrgast wortlos an und würgte mich“, sagt die Zugbegleiterin Christel Hett. Der Vorfall hat sie traumatisiert. Sechs Wochen lang konnte sie nicht mehr arbeiten und musste eine Therapie machen. „Gerade als Frau hat man im Zug keine Rechte“, sagt Hett. Auf bestimmten Strecken habe sie daher regelrecht „Bauchschmerzen“.

„Fast alle Busfahrer haben schon Gewalt erlebt“, berichtet ein Betroffener. „Einmal hat einer auf die Frontscheibe meines Busses gespuckt. Als ich ihn zur Rede gestellt habe, ist er in den Bus gestürmt und hat wahllos auf alles eingeschlagen.“

Lokführer Karsten Hoffmann hat auch schon einiges erlebt: „Ich wurde beleidigt und bespuckt. Einmal wurde im Zug mit einer Pistole geschossen. Außerdem gibt es immer wieder Vandalismus und Schlägereien. Ein Bundespolizist hat mir mal gesagt, er würde seine 17-jährige Tochter nicht nachts im Zug fahren lassen.“

Die Sprecherin der Saarbrücker Stadtwerke, Ulrike Reimann, zu denen auch die Saarbahn gehört, bestätigt auf Anfrage eine „extreme Zunahme von verbaler Gewalt“ gegen die Fahrer des Unternehmens. Daher habe man auch einen Sicherheitsdienst beauftragt, zu gewissen Zeiten mitzufahren. Eine zuverlässige Statistik zu den Übergriffen in Saarbahnen und Bussen gibt es nach Angaben der Sprecherin nicht. Das Unternehmen sammele Meldungen über die Zwischenfälle. Das waren im vergangenen Jahr zwölf, darunter Beleidigung, Bespucken und eine Messer-Attacke.

Zugbegleiterin Tanja Gutheil berichtet von einem weiteren Problem: „Seit wir in den Zügen keine Fahrkarten mehr verkaufen dürfen, reagieren viele Fahrgäste darauf aggressiv.“ Sie wünscht sich, dass die Polizei auf den Bahnhöfen mehr Präsenz zeigt. „Das allein würde schon helfen.“

Doch auch Polizisten werden Opfer. Über 70 000 Polizeibeamte seien im Jahr 2016 bespuckt, beleidigt oder verletzt worden, sagt Martin Burkert, Vorstandsmitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft.

Das sei ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Darunter waren 2374 Körperverletzungen, im Jahr 2017 waren es 2550 Körperverletzungen. Die Gewalt in den Zügen nehme vor allem nachts und an den Wochenenden zu. Täter seien meist betrunkene junge Männer.

Werner Berger, Vorsitzender der Kreisgruppe Saarland der Bundespolizei, sieht die Politik in der Pflicht. „Ich fordere nicht mehr und nicht weniger als das Personal, das man uns zugesagt hat. Derzeit sind nur 60 Prozent der Stellen besetzt statt 100 Prozent. Unsere erste Priorität hat der Flughafen, dann kommen die Bahnhöfe. Zusätzlich müssen wir aber Beamte für Einsätze in anderen Bundesländern abstellen.“

Berger spricht sich für mehr Videoüberwachung auf Bahnhöfen aus. Über veröffentlichte Fotos und Videos könne man wenigstens einige Täter schnappen. Zudem fordert er, dass wieder Fahrkarten im Zug verkauft werden. Dass das nicht mehr geht, löse bei vielen Fahrgästen Aggressionen aus.

Udo Schneider, Leiter der Polizeiinspektion St. Johann, verweist darauf, dass die Zahl der Straftaten in der Kriminalstatistik entgegen der öffentlichen Wahrnehmung gesunken ist. „Die tatsächliche Bedrohung und die gefühlte Unsicherheit stimmen nicht überein. Auch die Statistik beschreibt nicht die objektive Lage. Wir sind darauf angewiesen, dass alle Straftaten auch angezeigt werden.“

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