Feuerwehrstreit in Saarbrücken Amtsarzt kritisiert richterlich angeordnete Reihenuntersuchung kranker Feuerwehrleute

Saarbrücken · Ist es aus medizinischer Sicht sinnvoll, so viele Patienten nach einer Krankschreibung einer Kontrolle zu unterziehen? Zweifel kommen auf.

 Die Berufsfeuerwehr: Noch immer funktioniert längst nicht alles.

Die Berufsfeuerwehr: Noch immer funktioniert längst nicht alles.

Foto: BeckerBredel

Die Anordnung am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Saarlouis zu Reihenuntersuchungen kranker Feuerwehrleute stößt beim Chef der saarländischen Amtsärzte-Vereinigung auf Kritik. Stattdessen hält Dr. Jürgen Rissland die gezielte Untersuchung von Einzelfällen für ein „probates Mittel“, um Aufschluss über den medizinischen Sachverhalt zu gewinnen. Der Vorsitzende des Landesverbandes Saarland der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes: „Wenn eine Vielzahl von Patienten innerhalb kürzester Zeit untersucht werden sollen, stellt das die Amtsärzte schon vor große Probleme.“

Das OVG hatte verlangt, dass Amtsärzte des Regionalverbands Saarbrücken alle krankgeschriebenen Feuerwehrbeamten der Landeshauptstadt untersuchen. Auslöser: die über Nacht aufgelaufenen Atteste, die dazu führten, dass die einzige kommunale Berufsfeuerwehr im Saarland nicht mehr einsatzfähig war. Vorausgegangen war dem der Beschluss des Verwaltungsgerichts über die unverzügliche Rückkehr des geschassten Feuerwehrchefs Josef Schun.

 Dr. Jürgen Rissland.

Dr. Jürgen Rissland.

Foto: Rissland

Die Richter am OVG wollten mithilfe der Reihenuntersuchung herausfinden, ob sich womöglich Simulanten unter den Arbeitsunfähigen befinden. Binnen einer für nur wenige Tage angesetzten Frist mussten darauf drei Mediziner des Gesundheitsamtes 90 Feuerwehrleute untersuchen. Ihr Ergebnis: Die Krankschreibungen waren nicht zu beanstanden. So lautete die Mitteilung des Regionalverbands, bei dem die Untersuchungsbehörde angesiedelt ist.

Unterdessen wertet Rissland diese an die Amtsärzte richterlich gestellte Aufgabe als „äußerst schwierig“ und „große Herausforderung“. Denn wie der Amtsärztevertreter erklärt, müssten seine Kollegen zahlreiche Faktoren bei dieser Kontrolle berücksichtigen. „Handelt es sich bei der Erkrankung um eine kurzfristige, die bereits nach Tagen wieder abgeklungen sein kann?“ Dann sei es wie in diesem konkreten Fall problematisch, bei einer nachträglichen Untersuchung einzuschätzen, wie der Zustand des Patienten zum Zeitpunkt der Krankschreibung tatsächlich war. Beispielsweise könne plötzlich auftretender Durchfall zur Arbeitsunfähigkeit führen, jedoch schon wenige Tage später keine Rolle mehr spielen. Rissland: „Es ist nicht einfach, erst Tage später zu erkennen, was am Anfang war.“ Für die Mediziner von Amts wegen sei es deswegen in solchen Fällen schwierig, eine Aussage zu treffen.

Bei der Überprüfung eines von niedergelassenen Medizinern ausgestellten Attestes seien weitere Dinge zu beachten. Neben den Hinweisen zu Krankheit, Diagnose und Symptomen beim Besuch in der Praxis spiele eine Rolle, wie der Patient bereits behandelt wurde beziehungsweise welche Medikamente er erhielt. Idealerweise müsste daher die entsprechende Akte des Niedergelassenen den Amtsärzten vorliegen – was aber im Regelfall nicht passiere.

 Josef Schun am Tag seiner Rückkehr an die Spitze der Berufsfeuerwehr.

Josef Schun am Tag seiner Rückkehr an die Spitze der Berufsfeuerwehr.

Foto: BeckerBredel

Seinen Kollegen gebühre daher „großer Respekt und Anerkennung“ für ihren Einsatz in diesem „komplexen Verfahren“. Dessen Ergebnis hatte teils für Unverständnis in der Öffentlichkeit gesorgt, weil keine einzige zuvor von niedergelassenen Ärzte gestellte Diagnose von Amtsärzten beanstandet worden war.

Mittlerweile ist der Krankenstand bei der Saarbrücker Berufsfeuerwehr spürbar zurückgegangen, wie Stadtpressesprecher Thomas Blug sagt. Allerdings ist die Wehr noch nicht im vollen Umfang einsatzbereit. Freiwillige Feuerwehren seien weiterhin eingespannt, um den Brandschutz aufrecht zu halten.

Mittlerweile ist der umstrittene Feuerwehrchef Josef Schun krank. Nur einen Tag nach seiner Rückkehr auf seinen alten Posten ließ er sich ab Mittwoch (24. April) per medizinischem Attest vom Dienst befreien. Bis einschließlich Montag, 29. April, gilt nach SZ-Informationen die Krankschreibung. Am Dienstag ist bereits eine weitere Sitzung des Wachmannschaftsbeirates angesetzt, um über die künftige Arbeit zwischen Belegschaft und Feuerwehrführung zu beraten. Das Verhältnis zwischen Schun und den Feuerwehrleuten gilt in weiten Teilen mehr als belastet.

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