Saarbrücker Sommermusik Papiertheater, weil in Nicaragua der Strom ausfiel

Saarbrücken · Bilderbuch-Illustratorin und Künstlerin Barbara Steinitz erarbeitet mit Ralf Peter ein reizvolles Projekt für die Sommermusik.

 Im Pingusson-Bau machen sie morgen Papiertheater mit Live-Musik: Thomas Layes, Ralf Peter und Barbara Steinitz (von links).

Im Pingusson-Bau machen sie morgen Papiertheater mit Live-Musik: Thomas Layes, Ralf Peter und Barbara Steinitz (von links).

Foto: Clarissa Dahmen

Als Barbara Steinitz in Saarbrücken ankommt, ist sie voll bepackt. In der einen Hand trägt sie einen großen, etwas altertümlich wirkenden Koffer, auf dem Rücken einen Rucksack, mit der anderen Hand zieht sie einen Rollkoffer. Unter den übrigen Reisenden im Zug habe sie fast wie eine „Außerirdische“ gewirkt, sagt sie selbst.

Barbara Steinitz ist Illustratorin, Autorin und Papiertheaterkünstlerin. Geboren wurde sie in Freiburg im Breisgau. Kommunikation und Illustration hat sie dann allerdings an der HBKsaar in Saarbrücken und an der Escola Massana in Barcelona studiert. Heute lebt die 41-Jährige in Berlin. Ins Saarland komme sie immer wieder gerne zurück, sagt sie, generell hängen viele Sprossen ihrer Karriereleiter irgendwie mit dem Saarland zusammen. Auch dieses Mal ist sie für ein besonderes Projekt zurückgekehrt, ein Blick in ihr Gepäck verrät mehr.

Denn in ihrem großen, sonderbar wirkenden Koffer, verbirgt sich eine Theaterbühne, genauer gesagt eine Papiertheaterbühne, also eine Bühne für Figurentheater mit Flachfiguren. Die hat sie nur so groß gebaut, dass sie gerade in den Koffer passt. Transportfreundlich. Kostengünstig ist Papiertheater auch – 100 Leute könne sie auf die Bühne holen, und „die müssen alle nichts essen“, sagt Steinitz und lacht.

Und was wird nun gespielt? Johannes Brahms Liederzyklus „Romanzen aus Tiecks Magelone, op.33“. Denn dieses Mal ist Barbara Steinitz mit ihrem Papiertheater Teil der Saarbrücker Sommermusik. Mit dem Tenor Ralf Peter, der das Ganze initiiert hat und Thomas Layes am Petrof-Flügel hat sie sich zu einem Experiment zusammengetan, das irgendwo zwischen Comic, Liederabend, Hörspiel und Oper liegt.

Brahms Magelone-Zyklus, wie dieses Werk auch genannt wird, basiert auf Ludwig Tiecks Erzählung „Wundersame Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter von Provence“. Innerhalb der Geschichte finden sich immer wieder kleinere Figuren-Monologe, die in Liedform verfasst sind. Fünfzehn von diesen Gedichten hat Brahms in seinem Zyklus verarbeitet, der als besonders anspruchsvoll gilt.

Ohne Kenntnis des Originaltextes wirken die Lieder „sehr merkwürdig“ bemerkt Ralf Peter. Vielleicht hört man den Zyklus auch deshalb eher selten. Daher hat er den Text auf seine wesentlichen Bestandteile zusammengekürzt und eingesprochen. Neben den Gesangs- und Klavierparts werden auch diese erzählerischen Passagen zu hören sein. Und zu sehen – denn Barbara Steinitz bringt sie mit ihrem Figurentheater zeitgleich auf die Bühne, mit dem Beamer an die Wand geworfen auch in den großen Hallen des Pingusson-Baus gut sichtbar.

Zeichnen, Texte, Schauspiel, Musik – „Für mich kommen super viele Sachen zusammen beim Papiertheater“, sagt Barbara Steinitz. Sie habe ihre Nische damit gefunden. Dabei ist sie eher durch Zufall zum Papiertheater gekommen. Nach dem Studium volontierte sie zunächst für ein Jahr im Casa de los Tres Mundos, zu deutsch Haus der drei Welten, einem Kunsthaus im Rahmen eines Kultur- und Entwicklungsprojektes in Granada, Nicaragua.

Die Region wurde kurz zuvor von einem Hurrikan verwüstet, oft gab es keinen Strom, für den Kunstunterricht mit den Kindern standen Steinitz nur Kerzen und einfachste Mittel zur Verfügung. Mit den Kindern warf sie eines Tages Schattenfiguren an die Wände des Kunsthauses und hat so die Technik des Schattentheaters für sich entdeckt. Zum Figurentheater war es dann nicht mehr weit. Nach und nach integrierte sie diese Technik in ihre Arbeit als Illustratorin, es wurde ihr Steckenpferd.

Im Haus der drei Welten lernte sie auch die bekannte nicaraguanische Schriftstellerin Gioconda Belli kennen, fragte frech, ob diese nicht einen Text zur Illustration hätte. Mit Erfolg. 2006 erschien die Zusammenarbeit „Die Blume und der Baum“. 2009 dann Steinitz erstes eigenes Buch – „Schnurzpiepegal“, sowohl die Geschichte, als auch die Bilder stammen von ihr.

Als sie damit zur Kinder- und Jugendbuchmesse nach Saarbrücken eingeladen wird, bringt sie es mit Björn Kollin, einem Saarbrücker Studienfreund und „Multikünstler“, wie Steinitz sagt, als Figurentheater mit Live-Musik auf die Bühne. Seither inszeniert Steinitz mit dem daraufhin gegründeten Ensemble „Steinitz+Kollin“ und der Company Facto Teatro aus Mexiko verschiedene Papiertheaterstücke, reist damit durch die Welt – Mexiko, Frankreich, Argentinien, die USA, um nur einige ihrer Stationen zu nennen.

In einem Punkt unterscheidet sich ihr Papiertheater zum Magelone-Zyklus von ihren übrigen Arbeiten – es ist schwarz-weiß, „reduziert, erwachsen“, wie Steinitz sagt. Das habe sie schon immer mal machen wollen. Der Text mit seinen Musikmetaphern und Farbthematiken kann so „in seiner Farbigkeit erblühen, ohne, dass man es doppelt“, findet Kollege Ralf Peter.

Wer allerdings Barbara Steinitz auch einmal „in Farbe“ erleben will, hat am 21. und 22. Oktober Gelegenheit dazu. Dann gastiert sie mit „Schnurzpiepegal“ beim Festival „Spielstark“ des Theater Überzwerg in Ottweiler.

„Lichtstrahl in der Dämmerung“ findet am Freitag, 30. August, um 20 Uhr im Pingusson-Gebäude statt (Hohenzollernstraße 60, Saarbrücken). Der Eintritt ist, wie bei allen Veranstaltungen der Sommermusik, kostenlos.

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