„Memory Textures & Coal Mining Legacies“ von Marie Götze Hier wird der Vibrationstrainer zum Kunst-Stück

Völklingen · Welche Spuren hat der Bergbau im Saarland hinterlassen, jenseits von Industriedenkmälern und Grubenresten? Wer sich derzeit in die Handwerkergasse im Weltkulturerbe Völklinger Hütte begibt, findet bei der jungen Künstlerin Marie Götze einen ganz eigenen Umgang mit der Erinnerung.

 Relikte des Bergbaus, (Kohlen)Stoffe und ein selbstgebauter „Stollen“: Marie Götze in ihrer Ausstellung „Memory Textures & Coal Mining Legacies“ in der Handwerkergasse in der Völklinger Hütte.

Relikte des Bergbaus, (Kohlen)Stoffe und ein selbstgebauter „Stollen“: Marie Götze in ihrer Ausstellung „Memory Textures & Coal Mining Legacies“ in der Handwerkergasse in der Völklinger Hütte.

Foto: Iris Maria Maurer

Zuerst sieht man einen mit Planen und Stoffen bedeckten tunnelartigen Einbau in der kleinen Halle in der Handwerksgasse der Völklinger Hütte. Dann wandert der Blick umher und man entdeckt einen Steigermantel an der Wand, dazu ein sogenanntes „Arschleder“, eine Grubenlampe. Und man entdeckt jede Menge kleine Obst- und Gemüsenetze, gefüllt mit schwarzen Steinen und Kohlestücken.

Die junge Künstlerin Marie Götze versammelt hier auf dem Hüttengelände die Ergebnisse ihrer Suche nach den Spuren, die der Bergbau im Saarland hinterlassen hat. Ihre Präsentation setzt sich mit den unterschiedlichsten Installationen fort. Sie zeigen skurrile Verbindungen von Kohlestücken, getrockneten Gräsern, Helmen, alten und modernen Grubenlampen, Fotos.

Auch eine Wandinstallation aus schwarzen Stoffen und alten Holzleitern gibt es. „Da habe ich fragmentarisch die Schichtung von Flözen in unserem Boden dargestellt“, erklärt Marie Götze. Dazwischen zeigt sie verschiedene, transparente Papiere mit einfachen Bleistiftlinien. „Das sind die Risse von Häusern in Altenwald und in Bildstock, die durch den Kohleabbau entstanden sind“.

All diese Dinge sind Teile der Ausstellung „Memory Textures & Coal Mining Legacies“ von Marie Götze, die sie in einer kleinen Halle in der Handwerksgasse der Völklinger Hütte aufgebaut hat. Diese Ausstellung, die am Wochenende eröffnet wurde, ist gleichzeitig ihre Masterarbeit. Marie Götze ist seit 2019 Studentin der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar. In ihrer Masterarbeit im Studiengang Public Art/Public Design beschäftigt sie sich mit den Spuren und den Hinterlassenschaften des Steinkohlebergbaus im Saarland.

„Seit acht Monaten sammele ich dafür einen Schatz an Begegnungen mit Leuten und Bergleuten, mit Orten, mit Kohle, Fossilien und Urgesteinen“, erklärt sie, „und die Textilien haben es mir besonders angetan“. Denn Textilien lassen sich anfassen, sie riechen, sie umhüllen uns, man spürt sie auf der Haut. „Durch die Berührung erinnert man sich anders, nicht so, wie wenn man etwas in einer Vitrine anschaut“, sagt sie.

Daher lädt sie auch alle Besucher ein, ihre Ausstellungsstücke zu benutzen, sie in die Hand zu nehmen, daran zu riechen oder sie über die Haut gleiten zu lassen. Besonders gefragt war am Eröffnungsabend die selbstgebaute Entspannungs-Schaukel, die komplett aus alten Absperrbändern, Folien und Müllsäcken gestaltet wurde. Einige Mutige probierten auch den Vibrationstrainer aus, mit dem man eine Vorstellung davon bekommt, wie es sich unter Tage angefühlt haben muss, einen Presslufthammer zu führen.

Und ganz Mutige wagten sich sogar in den über zehn Meter langen, selbstgebauten Tunnel, der einen Stollen imitiert. Von außen mit weißen, grünen und schwarzen Folien und Stoffen eine Halde nachahmend, ist er von innen fast komplett schwarz, besteht aus einer massiven Holzkonstruktion und führt ganz wie ein Stollen in die Dunkelheit.

Marie Götze hat keine Mühen gescheut, die Hinterlassenschaften des Bergbaus den Besuchern anschaulich vor Augen zu führen. Das geht sogar so weit, dass in einem Waschbecken lauter alte Plastikflaschen stehen – mit Grubenwasser gefüllt.

Acht Monate hat sich die Künstlerin mit dem saarländischen Bergbau und seinen Hinterlassenschaften beschäftigt. Sie hat dabei nicht nur ehemalige Gruben und Halden besucht und Bücher gelesen. Es waren insbesondere die vielen Gespräche, die sie im Kulturverein Burbach bei offenen Treffs mit Bergarbeitern geführt hat, die ihr die Informationen geliefert haben. Und so konnte sie zu ihrer Vernissage auch einige ihrer Gesprächspartner begrüßen. Darunter vom Kulturverein Burbach Joachim Zech und Vera Loos, sowie auch fünf ehemalige Bergleute, Männer und deren Frauen, die sie von den Treffen in Burbach her kannte.

Und alle waren sich einig: Marie Götze ist es in ihrer Ausstellung gelungen, mit viel Phantasie und Ideenreichtum, mit einfachen Mitteln die Hinterlassenschaften des Bergbaus sichtbar und auch spürbar zu machen. Daneben fühlt man in der Ausstellung den Respekt und die Neugierde, die die zukünftige Meisterschülerin von Prof. Georg Winter dem Bergbau, seinen Traditionen, aber insbesondere auch dem Alltag der Bergarbeiter entgegenbringt.

Bis 31. März ist Marie Götzes Ausstellung „Memory Textures & Coal Mining Legacies – Spuren und Hinterlassenschaften des Steinkohlebergbaus im Saarland“, in der Handwerkergasse im Weltkulturerbe Völklinger Hütte zu sehen. Geöffnet täglich von 14 bis 19 Uhr. In der Woche vom 3. bis zum 8. April sind noch Besuche möglich nach vorheriger Anmeldung per Mail an m.goetze@hbksaar.de

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