Espresso Blues im TiV Mit alten Theater-Bekannten über Torf schreiten

Saarbrücken · Das Hamburger Spielwerk gastierte im Theater im Viertel. Bei Fabrice Melquiots „Espressoblues“ sah das TiV ungewohnt aus.

 Léa Zehaf hatte den temperamentvollen Part im „Espressoblues“.

Léa Zehaf hatte den temperamentvollen Part im „Espressoblues“.

Foto: Nicole Burkhardt

Etwas muffig riecht es, als am Samstagabend die Besucher das Theater im Viertel (TiV) betreten. Ein ungewohntes Bild hat das Spielwerker-Kollektiv hier geschaffen. Eine Bahn aus Torfstücken durchzieht das Theater – wie ein Laufsteg. Zu beiden Seiten dieser ungewöhnlich langen Bühne sitzt das Publikum.

Es ist kein ganz gewöhnliches Gastspiel im TiV, sondern auch ein Wiedersehen, denn das Spielwerker-Duo Martin Haberstroh und Tom Streeb machte erste Theater-Erfahrungen in Saarbrücken, heute arbeiten beide immer noch im Fach, aber längst andernorts.

Nur eine Duschwanne, eine Gitarre und eben etliche Liter Torf, viel mehr nutzt Regisseur Martin Haberstroh nicht, um das Schauspielduo Ole Bechtold und Léa Zehaf in Fabrice Melquiots Stück „Espressoblues“ in Szene zu setzen: Cyril, ein Nachtwächter ist auf der Suche nach seiner Liebe. Seine verträumte Art, die Gedankensprünge zwischen Traum und Realität, Bechtold hat diese Rolle vollkommen verinnerlicht. Léa Zehaf übernimmt den energiegeladenen Part in der Beziehung. Zuckersüß, schüchtern bis hin zu aufdringlich sexy wandelt sich ihr Charakter im Laufe des Stückes: Den Übergang von verliebten zu wahnsinnigen Blicken schafft sie grenzenlos und ist hier genauso wandlungsfähig wie in ihrer Körpersprache.

Das Stück wird in deutscher und französischer Sprache gespielt, und die Abwechslung zwischen den Klängen unterstreicht den Dialog der beiden. Bis ins Detail geplant und doch dezent und nicht überladen erklingen Sounds aus Wassertropfen und experimentellen Klängen.

Durch die vertikale Position der Bühne zeigt sich dem Zuschauer eine ungewöhnliche Sicht auf die Arbeit der Techniker im Hintergrund, als wäre man selbst Teil der  Produktion. An anderen Stellen wiederum vergisst man ganz die Fiktion des Theaters und verliert sich im Stück. Martin Haberstroh und Tom Streeb sind ein eingespieltes Team. Was vor Jahren mit der Gründung der spanischsprachigen Theatergruppe „Los Mutantes“ und des Theaterfestivals „Grafiti“ in Saarbrücken begann, führte zu eigenen Produktionen und und mit den Spielwerkern weit weg vom Saarland bis nach Hamburg. Aber die Freundschaft und die gemeinsame Theaterarbeit funktionieren auch über die weite Entfernung der Wohnorte der beiden (demnächst gar von Griechenland nach Berlin).

Das „Grafiti“-Festival geht unterdessen im Mai sogar in seine zehnte Jubiläumsausgabe in Saarbrücken und bringt wieder Theatermacherinnen und -macher aus der ganzen Welt zusammen.
www.spielwerker.com

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