Pascuale Donato schließt Restaurant Vom Tellerwäscher zum Chef

Alt-Saarbrücken · Seit 51 Jahren führt Pascuale Donato sein Restaurant „La Gondola“ in Saarbrücken. Aber in wenigen Wochen ist Schluss.

 Ohne seine Frau Immacolata kann Pascuale Donato sich sein Restaurant nicht vorstellen. Auch die Gäste merken, wenn sie fehlt, sagt er.

Ohne seine Frau Immacolata kann Pascuale Donato sich sein Restaurant nicht vorstellen. Auch die Gäste merken, wenn sie fehlt, sagt er.

Foto: BeckerBredel

Fast die ganze Familie scheint da zu sein, als Pascuale Donato sich an den Tisch setzt, um von seiner Zeit in Deutschland zu erzählen. Der Sohn kommt dazu, Vincenzo, eines von drei Kindern, die „Mama“, wie sie Immacolata, die Frau von Pascuale, alle rufen, hat sich kurz gezeigt und werkelt jetzt in der Küche des Restaurants „La Gondola“, eine Institution in der Talstraße. Es ist später Vormittag, bald kommen die ersten Gäste.

Lange wird das so nicht mehr sein. Das Gondola schließt bald. Der letzte Tag soll der 23. März werden, wie die Familie sagt. Danach übernimmt ein anderer Italierer das Ladenlokal mit eigenem Konzept. Ganz sicher ist genau das aber noch nicht. Kann auch sein, dass die Donatos ihren Pachtvertrag erfüllen müssen und dann bis Mitte Juli an Ort und Stelle den Pizzateig kneten.

Die Stammkunden würde das freuen. Eine Gnadenfrist für ihren Gaumen. Und Stammkunden gibt es viele. Aber bis der „Padre“, der Papa Pascuale so weit gekommen ist, musste er einiges anpacken. Im Mai dieses Jahres wird er 75 Jahre alt, in Kalabrien hat er das Licht der Welt erblickt. 1962 ist er seinen Eltern und seinem Bruder ins Saarland gefolgt, um hier Arbeit zu finden. „Da unten“, an der Sohle des italienischen Stiefels, „war komplette Armut“, sagt er mit seiner Reibeisenstimme. Weil er aber nicht wie seine Verwandten in der Völklinger Hütte unterkam, fing er auf einer Baustelle in Burbach an. Irgendwann im Jahr 1963 ging er mit einem Freund nach Ramstein in ein Restaurant essen, das zufällig auch „La Gondola“ hieß. Dort fehlte noch ein Tellerwäscher, und Pascuale heuerte an. Vier Jahre später hatte er sich zum Oberkellner hochgearbeitet. Als solcher wechselte er zur Pizzaria „Italia“ nach Landstuhl und machte sich ein Jahr später, also 1968, mit seiner eigenen „La Gondola“ und einem weiteren Kellner selbstständig. Damals war das Restaurant noch in der Mainzer Straße. 2004 zog es nach Alt-Saarbrücken um, weil die Donatos ihre Gäste auch im Freien speisen lassen wollten, was im alten Lokal nicht möglich war

Der neue Standort in der Talstraße hatte und hat dazu noch den Charme, dass das Regierungsviertel in Reichweite einer normalen Mittagspause liegt. Und zu der Zeit gibt es im Gondola eben auch schon Pizza. „Der Papa knetet den Teig selbst“, erklärt Sohn Vincenzo, und man kann sich das schon vorstellen, wenn man die Hände sieht, die mal auf einer Baustelle in Burbach zugelangt haben.

Und kneten ist nicht alles. Pascuale macht noch mehr: einkaufen, kellnern – „Die Gondola ist seine erste Frau“, ruft es aus der Küche. Alle wippen beim genüßlichen Lachen. Und das stimmt natürlich nicht. Ohne Immacolata wäre Pascuale aufgeschmissen. Sie ist die gute Seele des Restaurants. Der Padre würde schon noch eine gute Zeit drauflegen und in der Gondola backen, was das Zeug hält. Aber sie werden immer älter, es wird doch immer anstrengender in der Küche, für die „Mama“ vielleicht noch ein wenig mehr. Und ohne sie geht es nicht. „Auch die Gäste merken das, wenn sie fehlt“, sagt Pascuale, und dann geht sogar der Umsatz zurück. „Es wird Zeit aufzuhören“, sagt er, „ohne meine Frau geht das einfach nicht.“ Sohn Vincenzo hatte mal kurz überlegt, das Gondola weiterzuführen, immerhin hilft er auch so schon oft im Restaurant. Aber er hat sich dann doch entschieden, Speditionskaufmann zu bleiben.

Was kommt, nachdem Pascuale das letzte Essen serviert hat, weiß er noch nicht. Ein wenig Angst hat er schon vor dem neuen Lebensabschnitt, gibt er zu. Bisher hatte er immer gearbeitet, was kommt jetzt? In Deutschland bleiben möchte er jedenfalls, das steht fest. Hier ist fast seine ganze Familie, drei Kinder und vier Enkelkinder, allein die Reisen nach Kalabrien werden im Ruhestand vielleicht ein wenig länger. Und kochen wird er natürlich auch weiterhin: Olivenöl in die Pfanne, Zwiebeln andünsten, Kirschtomaten in Scheibchen schneiden, mit anbraten, wieder ein Schuss Olivenöl, Salz und Pfeffer, und ganz zum Schluss noch ein bisschen frisches Basilikum hinein. Die Soße zu den Spaghetti geben. Fertig ist Pascuales Lieblingsessen.

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