Hier hilft ein Graf beim Basteln

Alt-Saarbrücken · Zum Staunen und Wiederkommen genügt es heutigen Museumsbesuchern nicht mehr, wenn sie stumm vor Bildern und Gegenständen stehen. Das Museum für Vor- und Frühgeschichte bietet entschieden mehr, um ganze Familien zu Stammgästen zu machen. Das Konzept geht auf, wie sich am Sonntag zeigte.

 Lilith, Burgherr Graf Johann alias Dirk Walter, Leander, Aurélie und Gräfin Marguerite alias Astrid Lambrecht (von links) beim Basteln im Museum. Foto: Iris Maurer

Lilith, Burgherr Graf Johann alias Dirk Walter, Leander, Aurélie und Gräfin Marguerite alias Astrid Lambrecht (von links) beim Basteln im Museum. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Leander fährt gern Mountainbike. Am Dienstagnachmittag im Historischen Museum am Saarbrücker Schlossplatz ist er jedoch in die Rolle des Ehrenknappen geschlüpft und hat einen Wappenschild gebastelt. Weil er eben Mountainbikes mag, zieren Räder seinen Schild außerdem.

Noch an sieben weiteren Nachmittagen bietet das Historische Museum ein Ferienprogramm für Kinder. Stets geben sich Graf Johann I. von Saarbrücken-Commercy und seine Gemahlin Marguerite de Grancy die Ehre. Sie führen die Kinder durch die Burg und basteln mit ihnen Mittelalterliches.

Seit 15 Jahren Graf Johann I.

Dirk Walter spielt schon seit 15 Jahren den Grafen und veranstaltet Führungen und Kindergeburtstage im Museum. "Im Ferienprogramm machen wir erst eine Führung in die Burganlage, damit die Kinder einen Eindruck bekommen", erzählt er, während er Urkunden schreibt. "Dann basteln wir mit ihnen Wappenschilde oder Helme." Es ist ruhig im Konferenzsaal. Kinder arbeiten an ihren Schilden.

Gräfin Marguerite, eigentlich Astrid Lambrecht, hilft ihnen. Die Führung durch die unterirdische Burg ist gut angekommen. "Ich habe hier schon meinen fünften Geburtstag gefeiert", sagt der zwölfjährige Leander. Er konnte sich noch gut an den Grafen Johann erinnern, denn der hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck.

Kein Wunder, denn zuerst ist da das authentische, nach historischen Vorlagen angefertigte Gewand. Dann würzt Dirk Walter seine Führungen mit lateinischen Wörtern, mittelalterlichen Begriffen und jeder Menge Humor. "Die Kostüme und das sinnliche Erleben der Führung helfen, sich mit dem Gesehenen stärker auseinanderzusetzen. Das ist eine schöne Sache", sagt er. Auch die siebenjährige Lilith kennt den Grafen schon. Sie erzählt begeistert, dass sie Anfang Juli ihren Geburtstag hier gefeiert hat. Die Wappenschilde sind von Dirk Walter und Astrid Lamprecht vorbereitet.

Damit jedes Kind seine persönliche Erinnerung bekommt, haben der Graf und seine Gemahlin nach den Hobbys der Kinder gefragt. Und so hat die kleine Aurélie Sterne ausgewählt, Nicolas dagegen Bälle, denn er spielt gern Fußball. Am Ende des Nachmittags wird es unruhig, die fertigen Schilde sollen ausprobiert werden. Aber vorher werden noch die Urkunden überreicht. Und Graf Johann I. wäre kein mächtiger Herrscher, wenn er dies nicht mit einer kleinen Zeremonie verbinden würde. "Versprichst du, mir Treue zu geloben?", fragt er die Kinder, um sie anschließend zu Ehrenjungfern und Ehrenknappen zu schlagen. Und wer wäre darauf nicht ein bisschen stolz?Der Rahmen war nicht sehr groß. Nur wenige Eltern mit Kindern waren am Sonntag bei der "Familienführung mit Atelier" im Museum für Vor- und Frühgeschichte. Für die Teilnehmer was dies allerdings ein Gewinn. Denn so hatten besonders die Kinder die Möglichkeit, sich die kleinen Details der vorgestellten Vasen, Zierscheiben und Mosaike genau anzuschauen. Es war bereits die dritte dieser Führungen. Sie sollen die Museumsangebote für Kinder und Erwachsene miteinander verbinden. Der Sonntag als Familientag bietet sich dazu an. Erst gibt es eine kindgerechte Führung durch die Ausstellung "Inspiration Antike". Danach können die Kinder mit ihren Eltern im Atelier gemeinsam basteln.

Warum Kunst Kälte braucht

Monica Scilipoti, die zurzeit im Fach Kunstgeschichte promoviert, war für die Führung zuständig. Geschickt wies sie die Kinder schon beim Betreten der Ausstellung daraufhin, dass es dort kalt sei. "Das spürt ihr. Aber das muss sein, denn die verschiedenen Exponate aus unterschiedlichen Materialien brauchen diese Temperaturen", erklärte sie. Die Kinder hörten ihr genau zu und waren wie die Erwachsenen beeindruckt, dass Eugen von Boch, dessen Sammlung die Ausstellung zeigt, bereits mit 14 Jahren antike Skulpturen wunderbar zeichnen konnte.

Dann ging Monica Scilipoti zu einem Schrank mit Tieren aus Ton. "Man kann sie nicht gut erkennen, aber was glaubt ihr, könnten das für Tiere sein?", fragte sie die Kinder, und gemeinsam wurde gerätselt.

Als Scilipoti ein griechisches Weingefäß, den Volutenkrater zeigte, konnten die Kinder ganz nah an die Vitrine heran, um die winzigen Details der Bemalung des Gefäßes zu erkennen.

Die letzte Station der Führung waren Mosaike. Das war wohlüberlegt, denn dort übernahm Elena Valentiny die kleine Gruppe. Sie studiert Bildwissenschaften der Künste an der Universität in Saarbrücken und leitet im Museum Workshops.

Mit ihr ging es dann in das Atelier neben der Schlosskirche. "Ihr könnt wählen, ob ihr lieber eine antike Vase malt, ob ihr Anstecker wie die keltische Zierscheibe der Ausstellung gestalten wollt oder ob ihr ein kleines Mosaik bastelt", erklärte sie ihrer Gruppe.

Sämtliche Kinder wollten nach der inspirierenden Führung ein Mosaik basteln. Sie klebten Steinchen auf Holzbrettchen und Elena Valentiny unterstützte sie dabei.

Genau hier zeigte sich, dass das familienfreundliche Konzept des Nachmittags aufgeht. Denn alle Väter und Mütter haben gemeinsam mit ihren Kindern gebastelt.

Zum Thema:

Auf einen Blick Veranstaltungen für Kinder von sechs bis zwölf Jahren im Ferienprogramm des Historischen Museums Saar: Mittwoch, 3. August, 15 Uhr, Kinderführung und Ritterhelmbasteln mit Graf Johann. Weitere Ritterführungen und Bastelnachmittage gibt es im Historischen Museum Saar am Donnerstag, 4. August, Dienstag, 9. August, Mittwoch, 17. August, Freitag, 19. August und Mittwoch, 24. August. Zu allen Veranstaltungen im Rahmen des Kinderferienprogramms ist wegen der begrenzten Teilnehmerzahl eine Anmeldung erforderlich unter folgender Telefonnummer: (0681) 5 06 45 06. nba

Zum Thema:

 Monica Scilipoti, eine Expertin für Kunstgeschichte, zeigt Kindern und Erwachsenen bei der Familienführung am vergangenen Sonntag die Alte Sammlung am Schlossplatz. Foto: Becker & Bredel

Monica Scilipoti, eine Expertin für Kunstgeschichte, zeigt Kindern und Erwachsenen bei der Familienführung am vergangenen Sonntag die Alte Sammlung am Schlossplatz. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Auf einen Blick Die nächste Familienführung mit Bastelatelier zur Ausstellung "Inspiration Antike" ist am Sonntag, 28. August, von 14 bis 18 Uhr. Am Mittwoch, 31. August, ist von 18 bis 20 Uhr der Workshop "Arbeiten mit Ton" nur für Erwachsene. Ausstellung "Inspiration Antike - Eugen von Boch und die Archäologie im 19. Jahrhundert", Museum für Vor- und Frühgeschichte, Schlossplatz 16. Geöffnet: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch, 10 bis 22 Uhr. Die Ausstellung dauert noch bis zum 11. September. nba

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