Eine Säule der Stadtgeschichte

Alt-Saarbrücken · Normalerweise weisen Städte auf Dinge, die etwas ganz Besonderes sind, hin und die Bürger kennen sie. In der Nähe der Ludwigskirche steht ein außerordentlich interessantes Bauwerk – und kaum jemand nimmt es wahr: Die Alt-Saarbrücker Wettersäule ist zusammen mit der in Bonn-Bad Godesberg die älteste Deutschlands. Sie ist 140 Jahre alt.

 Stefan Weszkalnys, links, und Manfred Hahn gestern an der 140 Jahre alten Wettersäule. Fotos: Martin Rolshausen

Stefan Weszkalnys, links, und Manfred Hahn gestern an der 140 Jahre alten Wettersäule. Fotos: Martin Rolshausen

 „Non numero nisi serenas horas – Ich zähle nur die heit'ren Stunden“ steht unter der Sonnenuhr.

„Non numero nisi serenas horas – Ich zähle nur die heit'ren Stunden“ steht unter der Sonnenuhr.

 Auch Hochwasserstände sind eingemeißelt.

Auch Hochwasserstände sind eingemeißelt.

 Stadtwappen von Saarbrücken.

Stadtwappen von Saarbrücken.

Als Stefan Weszkalnys und Manfred Hahn gestern um kurz nach eins die Sektgläser erhoben, zeigte das Thermometer hinter ihnen 34 Grad. Das waren dann trotz des schönen Wetters doch ein paar Grad zu viel. Die beiden von der Geschichte ihrer Stadt faszinierten Saarbrücker brauchten nicht lang, um den Fehler zu finden.

In die 1876 von Hugo Dihm errichtete Wettersäule sind zwei Messinstrumente montiert: ein Thermometer und ein Barometer. Das Thermometer, stellte Weszkalnys fest, ist auf der Ostseite in den Stein eingelassen, das Barometer auf der Nordseite. "Es müsste umgekehrt sein. So kriegt das Thermometer nämlich zu viel Sonne ab", erklärt er.

Der Fehler ist wohl vor 40 Jahren passiert, vermutet er. Damals wurde die Wettersäule nämlich im kleinen Park an der Ecke Stengel-/Eisenbahnstraße unweit von Ludwigskirche und Staatskanzlei aufgestellt. Zuvor hatte sie einige Jahre in einem städtischen Bauhof verbracht.

Unabhängig voneinander haben der Saarbrücker Historiker und ehemalige Kultusministeriums-Beamte Stefan Weszkalnys und der ehemalige Brebacher Stadtteilmanager Manfred Hahn, der zurzeit im Stadtplanungsamt arbeitet, die Geschichte der Säule recherchiert. Weszkalnys lange vor Hahn. Denn er war an der Sanierung der Säule vor zwölf Jahren beteiligt. Damals hatte die Willy-Walch-Stiftung, deren Vorsitzender Weszkalnys war, einen Teil der 10 000 Euro gespendet, die erforderlich waren, um die Säule neu herzurichten und die Weltkugel obendrauf neu zu vergolden.

1876 wurde die Säule am Saarufer in der Luisenanlage aufgebaut. Die Anlage beziehungsweise das, was von ihr übrig geblieben war, musste Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre der Stadtautobahn weichen. Und mit ihr die Säule und ein Goethe-Denkmal, erzählt Weszkalnys. Der Sockel des Denkmals diente dann 1976 als Fundament für die Säule am neuen Standort.

Die Seitenflächen wurden genau wie 1876 nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Auf der Westseite, unter dem alten und neuen Stadtwappen von Saarbrücken sind 29 Eckdaten aus der Stadtgeschichte in Stein gemeißelt: 1760, als die Saar schiffbar gemacht wurde, oder 1794, das Todesjahr des letzten Fürsten. 1628, also im Dreißigjährigen Krieg, gab es in Saarbrücken gerade mal 281 Häuser.

Eine "Zierde", die die Stadt "bereichert", sei die Säule, schrieb Hugo Dihm einst. Gleichzeitig sei sie "interessant" und "belehrend" und "und unter den Schutz des Publikums gestellt". Apropos Publikum: Beim Erheben des Sektglases stellte Weszkalnys fest: "Die Kugel müsste neu vergoldet werden."

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