Barock-Juwel strahlt bald in alter Schönheit

Alt-Saarbrücken · Für ihr Jubiläumsfördervorhaben, das hundertste im Saarland, hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz etwas Einzigartiges ausgesucht: Nur in Saarbrücken gibt es ein alt-katholisches Gotteshaus. Es braucht dringend eine Jungkur. Und die wäre für die 1000 saarländischen Alt-Katholiken ohne Hilfe unbezahlbar.

 Auf den ersten Blick ist die Friedenskirche ein barockes Schmuckstück. Doch sie muss dringend erneuert werden. Fotos: Lorenz, Brenner

Auf den ersten Blick ist die Friedenskirche ein barockes Schmuckstück. Doch sie muss dringend erneuert werden. Fotos: Lorenz, Brenner

Glücksfall für die Stadt: Die "Deutsche Stiftung Denkmalschutz " hat die Alt-Saarbrücker Friedenskirche für ihr Jubiläum auserkoren. Es ist ihr 100. Förder-Projekt im Saarland. Die DSD hat 10 000 Euro für die Fassadensanierung der alt-katholischen Friedenskirche in Saarbrücken zur Verfügung gestellt. Auch deswegen wird die älteste Barockkirche Saarbrückens bald wieder ein Hingucker. Die DSD erhält Geld für solche Vorhaben von Förderern des Denkmalschutzes wie der Glücksspirale und der Rentenlotterie von Lotto.

Die Fassadenarbeiten sind Teil eines weit größeren Vorhabens. Im Laufe der nächsten drei Jahre soll die ganze Friedenskirche renoviert werden. Diese Runderneuerung wiederum gehört zum vom Bund geförderten Saarbrücker Programm "Kultur trifft Moderne - städtebauliche Einbindung des Barock-Ensembles Ludwigskirche in das Gesamtprojekt Stadtmitte am Fluss". Es soll dem Alt-Saarbrücker Barock-Ensemble mit der Ludwigskirche als Zentrum zugute kommen. Insgesamt sagte der Bund dafür 3,6 Millionen Euro zu. Damit das Geld fließen kann, zahlt das Land jene 400 000 Euro, die das hoch verschuldete Saarbrücken als Eigenanteil aufbringen müsste.

Nach der Erneuerung ist die Friedenskirche weiter Heimat der saarländischen Gemeinde der Alt-Katholiken, denen der Bau gehört und die dort weiter ihre Gottesdienste feiern.

Aber sie steht auch für Konzerte und Ausstellungen zur Verfügung. Ein echtes Kulturzentrum soll sie also werden.

Die Friedenskirche entstand zwischen 1743 und 1751 als östlicher Abschluss des Ludwigsplatzes. Sie ist eine Querhauskirche, aber nur 25 Meter lang, 15 Meter breit, neun Meter hoch. Der Turm kam erst 1763 dazu. Der junge, gerade in Saarbrücken angekommene Fürst Wilhelm Heinrich hatte das Kirchlein zur Erinnerung an seine kurz zuvor gestorbene Mutter bauen lassen von Friedrich Joachim Stengel. Die wenigen Einwohner Saarbrückens - es waren wohl nur rund 1500 - waren damals zu 93,7 Prozent Lutheraner, der Fürst auch. Seine Mutter dagegen war Mitglied der "reformierten" Kirche mit ihren hierzulande 2,6 Prozent Anhängern gewesen. Die hatten noch keine Kirche. Nur 3,7 Prozent der Saarbrücker waren damals katholisch.

Später, als sich die evangelisch-lutherischen und die reformierten Gemeinden zur evangelischen Kirche zusammenschlossen, wurde die Friedenskirche nicht mehr gebraucht und zum ersten Saarbrücker Gymnasium umgebaut. Nach dieser Phase wurde sie zur Heimat der Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten Alt-Katholiken (siehe Info).

Den Plan zur Renovierung dieses ältesten Stengel-Baus stellte der Pfarrer der Alt-Katholiken, Oliver van Meeren, an Ort und Stelle vor. Dabei waren Ulrich Bollert, Ortskurator Saarland der Deutschen Stiftung Denkmalschutz , Markus Braun vom Landesdenkmalamt, das im Rahmen des Projektes "Barock trifft Moderne" die Aktion betreut, sowie die Architekten Elmar Kraemer und Tim Schwager.

Was geschehen soll: Die stromfressende und daher teure Fußbodenheizung muss raus. Die Risse in den Wänden und die Schäden an den Fenstern müssen weg. Die Türen auf allen vier Seiten sollen wieder geöffnet werden. Eine behindertengerechte Toilette wird es geben, neue Lampen ebenso.

Nachträgliche Einbauten, ein Windfang zum Beispiel, sollen verschwinden. Auch Dach und Turm werden von der Außensanierung profitieren, überall gibt es dann neue Farbe. Auf drei Jahre wird die Maßnahme geschätzt. Länger als bis zum 31. Dezember 2018 darf es nicht dauern mit der Renovierung, da das Programm "Barock trifft Moderne" dann endet.

 Oliver van Meeren

Oliver van Meeren

 Auch hier ist der Erneuerungsbedarf nicht zu übersehen.

Auch hier ist der Erneuerungsbedarf nicht zu übersehen.

Zum Thema:

Hintergrund"Alt-Katholiken" nannten Katholiken ihre Gemeinschaft, die sie 1874 gründeten, weil sie Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils 1870 ablehnten. 152 Menschen bildeten die erste "alt-katholische" Gemeinde in Saarbrücken. 1892 kauften sie das leer stehende Kirchlein am Ludwigsplatz für 26 200 Goldmark . Spenden kamen von vielen Seiten. Friedenskirche heißt der Bau seither. 1944 fiel er Bomben zum Opfer. Später rekonstruierte der damalige Landeskonservator Dieter Heinz den Stengel-Bau. 1967 überließen die Alt-Katholiken eine Hälfte ihrer Kirche der damals heimatlosen Gemeinde der russisch-orthodoxen Auslandskirche. Inzwischen hat die stark gewachsene Gemeinde der Russisch-Orthodoxen ihre eigene Kirche in Burbach. Die Friedenskirche gehört wieder den noch rund 1000 saarländischen Alt-Katholiken allein, und sie ist ihr einziges Gotteshaus im Land. Für Erhalt und Sanierung des denkmalgeschützten Bauwerks können sie natürlich nicht allein aufkommen. red

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