Margo: Heimspiel für einen Bliesransbacher - oder doch eine Bliesransbacherin? Aller Mannfang ist schwer, nur wer ist hier der Mann?

Saarbrücken · Wutanfälle, Weisheiten und viele Fans: Heimspiel des Wahl-Mainzers Reiner Weimerich aus Bliesransbach im Theater Leidinger.

 Wer ist hier was? Reiner Weimerich alias Margo (links) und seine Pianistin Marta Waluga spielen mit den Geschlechterrollen. 

Wer ist hier was? Reiner Weimerich alias Margo (links) und seine Pianistin Marta Waluga spielen mit den Geschlechterrollen. 

Foto: Christine Tritschler/CHRISTINE TRITSCHLER

Ein Abend wie ein Heimspiel: der Raum voller Fans, die alle aus dem Heimatort des Künstlers angereist schienen. Darunter einige, die jedes Wort der Moderation auswendig kannten und den Text begeistert mitsprachen – als ob sich ins proppenvolle Theater Leidinger lauter übereifrige Souffleure verirrt hätten.

Dort gastierte am Samstag der gebürtige Bliesransbacher Reiner Weimerich alias „Margo, eine Frau mit der Mann sich verrechnet hat“. In diesem Programm schlüpft Weimerich, seit 1990 Sänger im Opernchor des Staatstheaters Mainz, in die Rolle einer nicht mehr ganz frischen Dame von Welt, um die Dinge des Lebens, besonders die Launen der Liebe, aus weiblicher Sicht zu beleuchten. Und dabei seiner Leidenschaft für die Chansons, Schlager und Couplets der 20-er und 30-er Jahre zu frönen.

Das tut Weimerich wunderbar affektiert mit der Stimmlage einer Zarah Leander und dem großen Gestus und Habitus einer Diseuse: schwarzes Samtkleid, Stola, hohe Hacken, Klimperwimpern und rot lackierte Krallen, kapriziöses Gebaren sowieso. Und natürlich mit kessen Sprüchen, Witz, (Selbst-)Ironie und herrlich unbeherrschten Wutanfällen: Margo ist ein Vollweib, dem von der Unschuldsmiene nur die Miene geblieben ist. Margos Credo: Frau soll nicht flöten! Schon gar nicht, wenn Frau von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Andererseits: Frau soll ihren Gatten glücklich machen, ob er will oder nicht.

Derlei Weisheiten kredenzt Margo mit einem Glaserl Schampus, charmantem Plauderton und Liedern von Friedrich Hollaender, Rudolf Nelson, Robert Stolz und Konsorten.

Am Flügel wird er kongenial begleitet von Marta Waluga, die – zur vollständigen Verwirrung geschlechtlicher Identitäten – im kecken Hosenanzug in die Tasten greift.

Bei ihrer zeitlos aktuellen nostalgischen Reise servieren die beiden nicht nur Klassiker des Genres, sondern auch selten gehörte Raritäten. Etwa Ralph Benatzkys Lied vom Büsumer Keuschheitsverein, das den Scheinheiligenschein manches selbst ernannten Moralapostels entlarvt.

Lobenswerterweise erschöpften sich Margos Betrachtungen nicht in heiteren Pikanterien und frechen Frivolitäten, sondern beinhalteten auch melancholische, anrührende, sogar mahnende Momente: Mit dem Evergreen „Lili Marleen“ und Kurt Tucholskys „Der Graben“ hinterfragte Weimerich, wie militant der Kampf für den Frieden sein dürfe. Schwer zu beantworten. Ungelöst blieb auch das Problem, wieso alles im Leben natürlich zugeht, nur das eigene Kleid nicht.

Dafür lieferte der gefeierte Abend mehrere bahnbrechende Erkenntnisse: Man soll sich nicht im Dunkeln hinters Licht führen lassen. Die Ehe ist ein harter Kampf, der mit Ringen beginnt. Wer immer nur vom Glück träumt, darf sich nicht wundern, wenn er es verschläft. Und: Aller Mannfang ist schwer.

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