Inklusion auf der Bühne Ein Saarländer macht Theater für alle

Saarbrücken · Vom Jungregisseur bei Überzwerg zum Theater-Leiter: Saarbrücken diente Jan Meyer aus Saarlouis als Sprungbrett für eine ungewöhnliche Karriere.

 Das Stück „HAMLET: eine maschine“ (im Bild) inszenierte der Saarlouiser Regisseur Jan Meyer mit Menschen mit und ohne Behinderung an der Freien Bühne München (FBM).

Das Stück „HAMLET: eine maschine“ (im Bild) inszenierte der Saarlouiser Regisseur Jan Meyer mit Menschen mit und ohne Behinderung an der Freien Bühne München (FBM).

Foto: Johann Miedl

Als er 2007 seine Schwester erstmals zum Überzwerg-Jugendclub begleitete, habe er „nur mal gucken wollen, wie das so ist“, erzählt Jan Meyer. Doch dann ging es für den damals knapp 18-jährigen Saarlouiser ziemlich rasant weiter.

Als er 2011 ein Studium der Theaterwissenschaft in Berlin aufnahm, hatte er schon fast ein halbes Dutzend Theaterstücke geschrieben und inszeniert. „Saarbrücken war eine richtig gute Startrampe“, sagt der in München lebende Saarländer. Allen voran das Theater Überzwerg, aber auch der Staatstheater-Jugendclub U21 mit Jörg Wesemüller und Dieter Desgranges vom Theater im Viertel (TiV) hätten dazu beigetragen, dass er sich habe ausprobieren und Erfahrungen sammeln können.

Während er bei Wesemüller als Schauspieler große Rollen wie Hamlet spielte und als Regieassistent wirkte, ermöglichten Bob Ziegenbalg und Detlef Kraemer ihm, ein eigenes Stück auf die Bühne zu bringen. „Es war sehr schön, dass sie so viel Vertrauen hatten“, sagt Meyer. „Ich wusste zwar schon immer, dass ich eher Regie machen will als Schauspieler werden, doch ich hatte ja keine Ahnung.“

Das Stück „Stimmung 01“, das er zusammen mit U21-Kollegin Mara Käser zum 30. Geburtstag vom Theater Überzwerg inszenierte, kam so gut an, dass Dieter Desgranges ihn zu zwei weiteren Inszenierungen eigener Stücke ins TiV einlud. Das Stück „Kaspar Hauser Syndrom“, hatte Meyer schon in der Schublade, „Herr Siemann, why don’t we do it on the road“, schrieb er mal eben schnell: „weil Dieter ein Stück über die 68er wollte“.

Und schon verlangten auch die Überzwerge von ihrem Jugendclub-Akteur mehr: Für sie schuf Meyer zum ersten und zweiten Daarler Theatersommer die Komödien „Mitternachtsgäste“ und „Wüster Sand“.Auch in Berlin, wo Meyer studierte, ging es mit Volldampf weiter. Meyer übernahm während des Studiums die Leitung des „Theaters im Kino“, des ältesten Off-Theaters der Stadt, wurde Mitglied des bundesweit tätigen Performance-Kollektivs „Girl-to-Guerilla“ und 2015 schließlich künstlerischer Leiter der „Freien Bühne München (FBM)“. Ein ganz besonderes Theater: „Die FBM ist das erste und bisher einzige inklusive Theater in ganz Bayern“, erklärt Meyer. Das bedeutet, dass dort auf und hinter der Bühne Menschen ohne und mit Behinderung zusammenarbeiten.

Was das FBM jedoch darüber hinaus bundesweit einmalig macht: Es ist laut Meyer das einzige ohne angeschlossene Behindertenwerkstatt, es bezahlt Menschen mit Behinderung die volle Gage und bildet sie zu professionellen Schauspielern aus. Gerade habe eine Frau mit Down-Syndrom die dreijährige Ausbildung abgeschlossen und direkt eine Hauptrolle in einem Kinofilm bekommen, berichtet Meyer. Die FBM, die kein festes Ensemble hat und mit einer Großproduktion in München, Ulm und Augsburg auftritt, spiele nicht etwa behindertengerechte Stücke, sondern ein ganz normales Repertoire wie Müllers „Hamletmaschine“ oder Büchners „Woyzeck“, betont Meyer.

Als künstlerischer Leiter kann Meyer seine vielen Talente einbringen und sich auch als Autor ausleben. Im Oktober können sich die Saarländer ein Bild davon machen: Dann gastiert die Münchner Truppe beim Spielstark-Festival in Ottweiler mit Meyers Überzwerg-Stück „Mitternachtsgäste“.

 Jan Meyer ist Regisseur, Autor und künstlerischer Leiter der Freien Bühne München. In Saarbrücken sammelte er erste Theater-Erfahrungen.

Jan Meyer ist Regisseur, Autor und künstlerischer Leiter der Freien Bühne München. In Saarbrücken sammelte er erste Theater-Erfahrungen.

Foto: Johann Miedl

Regie führt dann ein junger Mann mit Down-Syndrom. Meyer steht diesmal als „Traummann“ auf der Bühne.

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