Blickfang Saarbrückens größtes Bild darf länger bleiben

Saarbrücken · Henrik Elburn bringt Kunst groß zur Geltung. Masereels Werk „Der Kuss“ zieht als Banner Blicke auf sich. Elburn plant schon weiter.

 Henrik Elburn freut sich über die Aufmerksamkeit, die seinem Banner „Der Kuss“ zuteil wird.

Henrik Elburn freut sich über die Aufmerksamkeit, die seinem Banner „Der Kuss“ zuteil wird.

Foto: Foto: David Lemm

Seit Januar prangt am Hochhaus Neumarkt 15, dem HDI-Gebäude an der Wilhelm-Heinrich-Brücke, das Bild „Der Kuss“ als Appell für ein friedliches Miteinander in Europa.

Das Original für das 25 mal 35 Meter große Kuss-Banner schuf der belgische Künstler Frans Masereel (1889-1972). Den riesigen „Kuss für Europa“ verwirklichte Henrik Elburn (41). Rund 200 Unterstützer spendeten für die von ihm ins Leben gerufene Crowdfunding-Kampagne etwa 8000 Euro. Die Saarbrücker Frans-Masereel-Stiftung erlaubte ihm die Nutzung des Motivs, das K8-Institut der Kunsthochschule unterstützte ihn organisatorisch.

„Eigentlich hätte Masereels ,Le Baiser’ nur bis Mai dort hängen sollen, dann wäre er nach Brüssel gegangen. Aber eine Bauverzögerung führte zur Verlängerung. Und so wird ,Der Kuss’ wohl noch bis zum Abschluss der Arbeiten an der Fassade im Herbst hängen“, sagt Henrik Elburn über die voraussichtliche Verweildauer.

Das dürfte so manche Saarbrücker freuen, für die der Kuss längst zum Bestandteil des Stadtbildes geworden ist. „Um den Gedanken weiterzutragen, wird er auch an anderen Fassaden zu sehen sein“, kündigt Elburn an.

Vor gut zehn Jahren hat es den in Siegen geborenen und in Deutschland sowie in England aufgewachsenen Elburn „der Liebe wegen“ in die Landeshauptstadt verschlagen, wo er an der HBK „Media Art and Design“ studierte und zum Meisterschüler ernannt wurde.

Davor hatte er eine Ausbildung zum Bauzeichner absolviert und Fotoingenieurwesen sowie Medientechnik in Köln studiert. Gleichzeitig arbeitete er beim WDR. Als er anschließend den aufgeschobenen Zivildienst abzuleisten hatte, bewarb er sich kurzerhand als Dünen- und Nationalwart auf Borkum.

Die meisten Stimmen dort lebender und durchziehender Vögel kann Elburn unterscheiden, wie er sagt. Zur Schulung seines vogelkundlichen Gehörs hatte er insgesamt drei Jahre Zeit, denn nach dem Zivildienst übernahm er den Job hauptamtlich. Das heißt, er zählte weiterhin Vögel und Robben, führte Besucher kundig durchs Watt, ging surfen und lebte in einer kleinen Dünenhütte.

Dann die Übersiedlung ins nicht minder beschauliche Saarland, wo er unter anderem an der HBK lehrte. Genau wie der von ihm hochgeschätzte belgische Künstler Masereel, der unmittelbar nach dem Krieg an der Saarbrücker Werkkunstschule Dozent war.

„Masereel war seiner Zeit weit voraus. Hellsichtig hat er bereits in den Zwanzigern vor dem Faschismus gewarnt“, sagt Elburn und führt weiter aus: „Kunst soll sich nicht indifferent gegenüber sozialen Belangen verhalten, sondern Stellung beziehen.“

Diesen Anspruch versucht er in seinen vielfältigen Arbeiten unter anderem für die Masereel-Stiftung und für das K8-Institut im Saarland sowie weltweit einzulösen. Er konzipiert Ausstellungen, leitet Workshops zur Lichtgestaltung und setzt allerlei Installationen in Gebäuden sowie im Freien in Szene.

Auch in den nächsten beiden großen Projekten bezieht er im Namen Frans Masereels Stellung. Wenn das luxemburgische Esch-sur-Alzette 2022 zur Kulturhauptstadt Europas wird, zeigt das dortige „Musée national de la Résistance“ eine Ausstellung, an der Henrik Elburn mitwirken wird.

Er freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem von Frank Schroeder geleiteten Kuratorenteam, „weil die Arbeit im Team wichtig ist, um soziale Fragen beantworten zu können.“

Im Moment sucht er noch Unterstützung für sein Filmprojekt „Revolte der Maschinen“. So lautet der Titel des 1921 von Frans Masereel und Romain Roland veröffentlichten Manifests, das die beiden verfilmen wollten, aber keine Förderer fanden. Nun hofft Elburn, dass ihm 100 Jahre später die Verfilmung von „Revolte der Maschinen“ gelingt, denn „die Angst, von Maschinen übernommen zu werden, ist immer noch brandaktuell“.

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