Anwohner im Nauwieser Viertel besorgt Stadt zieht Türsteher am Brennpunkt „Pavillon“ weitgehend ab – wie geht es jetzt weiter?

Saarbrücken · Die Lage am Pavillon in der Saarbrücker Johannisstraße hat sich vorerst merklich entspannt. Ein Sicherheitsdienst ist nur noch selten im Einsatz. Bleibt es so ruhig – oder geht der Stress bald wieder vorne vorne los?

Der Pavillon wird derzeit kaum noch genutzt.

Foto: Thomas Schäfer

An diesem sonnigen Donnerstagmorgen ist noch nichts los am „Pavillon“ – kein Mensch ist da, weder vor noch auf dem kleinen Platz, der von Steinmauern und Bretterwänden begrenzt wird und auf dem zwei Holzunterstände errichtet wurden, weshalb das hier alles Pavillon heißt.

Menschen „mit multiplen Problemlagen“, die sich in der Stadt aufhalten, sollen hierherkommen können, sollen sich hier in Ruhe unterhalten können, ein Bier trinken, vielleicht einen Joint rauchen, sie werden teilweise von Sozialarbeitern betreut. 2014 wurde der Platz eröffnet, damit es an der nahen Saarbahnhaltestelle Johanneskirche ruhiger wird, so der Plan.

Kosten von 21 000 Euro pro Monat für Sicherheitsdienst?

Der Plan ging nicht wirklich auf, am Pavillon an der Ecke Johannisstraße/Richard-Wagner-Straße entstand im Laufe der Jahre ein neuer Brennpunkt – mit Stress, Gewalt und Drogengeschäften. Besonders schlimm für die Nachbarschaft wurde es ab Mitte des vergangenen Jahres, nachdem die Stadt die Wartehäuschen an der Saarbahn abbauen ließ.

Teilweise ist der neu renovierte Pavillon schon wieder ordentlich zugemüllt.

Foto: Thomas Schäfer

Die Nachbarn schlugen öffentlich Alarm, ließen über Monate nicht locker, bis sich die Politik mit ihrem Problem befasste. Eine Maßnahme: Der Pavillon wurde grundlegend saniert, war dafür acht Wochen geschlossen und wurde nach der Wiedereröffnung Ende Juni fast täglich von morgens bis abends von einem Sicherheitsdienst überwacht. Sozialdezernent Tobias Raab bezifferte die Kosten dafür pro Monat auf 21 000 Euro. Zunächst zwei Monate sollten zwei Türsteher die Lage am Pavillon beruhigen und den Platz speziell für Drogendealer unattraktiv machen.

Weniger los am Pavillon, die Dealer sind weg

Ist der Plan aufgegangen? Allem Anschein nach, und so berichten es auch die Anwohner der Johannisstraße, hat sich die Situation vorerst tatsächlich deutlich entspannt. „Ja, die Lage hat sich beruhigt, es ist wenig los“, sagt Rita Pellecchia, die Sprecherin des Bürgerprotests in der Johannisstraße. Es seien den Tag über kaum noch Leute da, „weil es keine Dealer und keinen harten Stoff mehr gibt, das ist die Realität“. Doch das könnte schnell wieder anders werden, vielleicht schon wenn das Wetter schlechter wird, mutmaßt Pellecchia. Sie ist überzeugt: „Ohne weitere Maßnahmen wird es auf Dauer nicht so ruhig bleiben.“

Im jüngsten Sozialausschuss des Stadtrates wurde diese Woche quasi offiziell bestätigt, dass die Besucherzahlen „merklich zurückgegangen“ sind. Ob der Grund dafür die längere Schließzeit des Platzes ist oder die Besucher vom Sicherheitsdienst abgeschreckt wurden, lasse sich „nicht abschließend bewerten“, teilte das Amt für Gesundheit, Prävention und Soziales schriftlich mit. Nur bei Regen sei ab und an was los gewesen am Pavillon, hätten sich dort mehr als 20 Menschen aufgehalten. Ansonsten meistens nur zwei oder drei – und über den ganzen Tag verteilt höchstens zehn.

Security nur noch sporadisch im Einsatz

Einige Besucher, so schreibt das Amt, hätten den anwesenden Streetworkern gesagt, dass sie sich „durch das Verhalten des Wachdienstes“ beobachtet und ständig überwacht fühlten. Dies führe dazu, dass sie sich nicht mehr im Pavillon aufhalten wollten. Das Sozialamt sieht daher seine vorherige Einschätzung bestätigt, „dass bei dauernder Anwesenheit eines Sicherheitsdienstes die Klienten mit dem Angebot nicht mehr erreicht werden können“.

Folge: Die Stadt zieht die Türsteher weitgehend ab. Beziehungsweise hat das schon getan. Wie die Stadtpressestelle auf SZ-Anfrage mitteilt, sei „die erste Phase des neuen Sicherheitskonzepts erfolgreich abgeschlossen“. Durch die Security habe die Sicherheitslage „deutlich verbessert“ werden können, so die Einschätzung der Verwaltung. Der Wachdienst, der von Ende Juni bis Ende August montags bis samstags von 9 bis 19 Uhr im Einsatz war, sei daher bereits zum 1. September erheblich reduziert worden. Auf nur noch sechs Stunden pro Woche. Sicherheitsleute werden sich also nur noch ab und zu für etwa eine Stunde pro Tag am Pavillon blicken lassen.

Stadt will Situation weiter genau beobachten

Dennoch geht die Stadt davon aus, dass es ruhig bleibt, und „Personen, für die der Ort nicht geschaffen wurde, den Ort nicht mehr aufsuchen werden“. Insgesamt glaubt man im Rathaus, dass sich die Nutzungszahlen „zukünftig wieder normalisieren“ werden.

Zu den exakten Kosten des bisherigen Security-Einsatzes schweigt die Stadt. Auf Nachfrage des SPD-Politiker Sascha Haas wurde im öffentlichen Teil des Sozialausschusses nur mitgeteilt, dass sich die Kosten für nun sechs Wochenstunden (natürlich) „gewaltig“ verringert hätten. Alles andere sei „intern“, hieß es. Auch die Pressestelle macht keine genauen Angaben, sagt lediglich, man sei „deutlich unter den anfangs genannten Kosten“ geblieben. Sie beruft sich auf §3 „Wahrung der Vertraulichkeit“ der so genannten Unterschwellenvergabeordnung.

Wie es am Pavillon weitergeht, das wird die Stadt weiterhin beobachten. Nach der Sommersaison werde die Verwaltung ein Fazit zur Notwendigkeit des Sicherheitsdienstes ziehen und dann im Sozialausschuss darüber berichten.

FDP kritisiert Konzeptlosigkeit von Dezernent Raab

Alles andere als gut fällt das Zwischenfazit der FDP-Stadtratsfraktion zum Thema Pavillon und zum Umgang der Stadt mit Randständigen aus. Sozialdezernent Raab, der vor wenigen Tagen aus der FDP ausgetreten ist, agiere konzeptlos, so der Vorwurf von Fraktionschef Helmut Isringhaus: „Seit langem arbeitet die Verwaltung angeblich an einem Konzept und sei auf der Suche nach einem Ausweichplatz. Bisher lässt Sozialdezernent Raab aber mit Ergebnissen auf sich warten.“ Nur ein „Aufhübschen“ des aktuellen Platzes und der zeitweise Einsatz von Security seien kein Konzept. Nach wie vor sei der Zustand weder für die Anwohner noch für die Nutzer des Pavillons befriedigend, ärgert sich Isringhaus. Seiner Ansicht nach muss „diese Hinhaltetaktik endlich ein Ende“ haben.