Krach im Stadtrat Grüne lassen „Jamaika-Koalition“ in Saarbrücken platzen – Bedauern bei der FDP, hartes Urteil von SPD und CDU

Update · Das Bündnis hing seit Wochen am seidenen Faden, nach heftigen Querelen bei den Grünen drohte es mehrfach zu platzen. Jetzt steht fest: Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP im Saarbrücker Stadtrat ist gescheitert.

 Das Saarbrücker Rathaus.

Das Saarbrücker Rathaus.

Foto: Robby Lorenz

Die SPD im Saarbrücker Stadtrat wollte es Anfang des Monats schon herbeireden. Die „Jamaika-Koalition“ sei „politisch am Ende“, hieß es an dem Tag, als die Sozialdemokraten den Übertritt zweier Stadträte von den Grünen zur SPD verkündeten. „Es wird nun allerhöchste Zeit“, so die Aufforderung von Fraktionschef Mirco Bertucci, „dass der Oberbürgermeister Konsequenzen zieht und dieses von Anfang an auf tönernen Füßen stehende Zweckbündnis beendet.“

Gut zwei Wochen später ist es soweit: Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP ist am Ende. Das Bündnis hielt gut drei Jahre, eigentlich waren zwei weitere beabsichtigt. Um exakt 19.49 Uhr verkündeten die Grünen das Ende. Nach der Aufnahme der ehemaligen grünen Stadtverordneten Yvonne Brück in die Stadtratsfraktion der CDU sehen sie „keine weitere Basis mehr für eine Zusammenarbeit in der Koalition“. Brück war bis Anfang des Jahres Vorsitzende der Grünen- Fraktion, hatte vor einer Woche ihren Austritt aus Fraktion und Partei bekannt gegeben – und ist am Montagabend zur CDU gewechselt. Genau wie Brücks ehemalige Parteifreundin Margret Berwian vor kurzer Zeit. Brück bestätigte der SZ am Abend, dass sie „einstimmig“ in die CDU-Fraktion aufgenommen worden sei.

Es folgte die krasse Reaktion der Grünen: „Wie heute bekannt wurde, hat die CDU-Stadtratsfraktion mit der Stadtverordneten Yvonne Brück ein weiteres ehemaliges Mitglied der grünen Stadtratsfraktion in ihre Reihen aufgenommen“, so der Wortlaut der Pressemitteilung. „Wir sind mit der Aufnahme innerhalb der Koalition nicht einverstanden und haben dies auch kommuniziert. Damit wird destruktives Verhalten gegenüber unserer Fraktion und der Partei Bündnis 90/Die Grünen gebilligt und vom Koalitionspartner legitimiert. Wir bedauern, dass eine Perspektive für die Koalition so nicht mehr möglich ist“, erklärten die Fraktionschefinnen Claudia Schmelzer und Jeanne Dillschneider.

Wie es nun im Stadtrat weitergeht, ob eine neue Koalition gebildet wird, ist derzeit völlig offen.

FDP ist enttäuscht über die geplatzte Jamaika-Koalition

Die FDP teilte am Abend mit, dass sie „bedauert“, dass die Grünen die Koalition verlassen haben. „Gemeinsam mit der CDU sind wir 2019 angetreten, um wichtige Zukunftsprojekte für Saarbrücken zu realisieren. Wir haben uns für diese Legislaturperiode auf einen sehr ambitionierten Koalitionsvertrag geeinigt. Trotz Corona und Krieg ist es uns gelungen, wichtige Akzente zu setzen“, so die Partei. Die FDP werde sich „mit vollem Einsatz weiter für die Attraktivität“ der Landeshauptstadt einsetzen: „Und uns an unserem Wahlprogramm sowie an dem einen oder anderen Thema aus dem Koalitionsvertrag orientieren. Hierfür werden wir gemeinsam mit den demokratischen Fraktionen im Stadtrat Mehrheiten suchen, damit es nicht zu einem Stillstand kommt.“ Von der Verwaltung erwarten die Liberale, dass sie sich „umgehend auf die neue Situation einstellt“ und alle Fraktionen frühzeitig in ihre Planungen einbindet.

Harte Kritik der SPD über Jamaika im Saarbrücker Stadtrat

Hart ins Gericht mit „Jamaika“ ging noch am Abend erneut SPD-Fraktionschef Bertucci. Die Koalition sei „von Anfang an ein machtpolitisches Konstrukt“ gewesen, um dem Oberbürgermeister eine Mehrheit zu beschaffen. „Es gab keinen gemeinsamen Plan für Saarbrücken, außer die Verteilung lukrativer Posten. Einmal mehr ist Jamaika an der Saar gescheitert, und damit auch Oberbürgermeister Conradt. Er und seine Koalition haben eine Zukunftsstadt versprochen, bekommen haben wir verlorene Jahre.“

CDU-Fraktionsvorsitzender: Grüne tragen Zwist auf Rücken der Bürger aus

Alexander Keßler, Fraktionsvorsitzender der CDU im Saarbrücker Stadtrat, fand ebenfalls noch am selben Abend harte Worte: Es sei „bedauerlich“, dass die Grünen „ihre persönlichen Zwistigkeiten“ auf dem Rücken der Saarbrücker Bürgerinnen und Bürger austragen, sagte er. „Die Koalition hat die letzten Jahre erfolgreich gearbeitet, was nun leider aufgrund der Zerstrittenheit der Grünen untereinander offensichtlich nicht weiter möglich zu sein scheint. Wir fühlen uns weiterhin an die Inhalte des Koalitionsvertrages gebunden und werden auch in den nächste zwei Jahren dieser Legislaturperiode alles dafür tun, die Inhalte dieses Vertrages umzusetzen.“

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