Sicherheitslage im Saarland Breite Front kämpft für mehr Polizisten im Saarland

Saarbrücken/Saarlouis · Der erbitterte Streit um die gefährdete Sicherheitslage im Saarland hat am Freitag plötzlich eine Einheitsfront für die Schaffung von mehr Polizeistellen hervorgebracht.

 Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Petra Berg.

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Petra Berg.

Foto: SPD-Landtagsfraktion Saar

Sowohl Innenminister Klaus Bouillon (CDU) als auch der Koalitionspartner SPD erklärten, sich für eine Aufstockung der Polizeikräfte im Saarland einsetzen zu wollen, trotz des bestehenden Einsparprogramms, das von Finanzminister Peter Strobel (CDU) penibel überwacht wird. Auslöser der Einheitsfront war die vom Saarlouiser Landrat Patrik Lauer und vom Saarlouiser Oberbürgermeister Peter Demmer (beide SPD) geäußerte Sorge um die gefährdete Sicherheitslage in ihrem Landkreis, nachdem es nach Abschluss des Volksfestes Emmes und im Freibad Steinrausch angeblich Situationen mit randalierenden Jugendlichen gab, die die Polizei nicht im Griff gehabt haben soll. Bouillon hatte die Darstellungen gegenüber der SZ als verantwortungslos und falsch zurückgewiesen. An diesem Wochenende soll beim Saarlouiser Altstadtfest ein neues Sicherheitskonzept greifen, das eine Sperrstunde ab 3 Uhr morgens, verstärkte Polizei- und städtische Sicherheitskräfte vorsieht. Bouillon ordnete an, dass die Polizei in „Kampfmontur“ in Saarlouis bereitsteht.

Bouillon sagte, dass er nach den Ferien ins Kabinett gehe, mit dem Wunsch, zusätzlich 30 zivile Ermittlungshelfer noch in diesem Jahr bei der Polizei einzustellen. „Und wir brauchen schnellstmöglich 100 mehr Polizeistellen, auch wenn dann einige jetzt umfallen“, betonte Bouillon in Richtung seiner Ministerkollegen. Es gebe erhöhte Anforderungen durch Internet-Kriminalität und vieles mehr. Die 100 Polizisten mehr werde er nicht auf einmal durchboxen können. „Aber bei 25 mehr in diesem Jahr brauchen wir eine Anbaumaßnahme an der Fachhochschule und mehr Dozenten“, betonte Bouillon. Zudem würden am 1. Oktober mit 129 Kommissarsanwärtern so viele angehende Polizisten wie seit 35 Jahren nicht mehr eingestellt. Seit er im Amt sei, seien seit 2015 durchschnittlich 113 Jungpolizisten eingestellt worden. Zu Zeiten der SPD-Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine und Reinhard Klimmt von 1985 bis 1999 seien es nur 38 pro Jahr gewesen.

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Petra Berg, erklärte: „Wir nehmen die Sorgen von Oberbürgermeister Demmer und Landrat Lauer ernst. Die Landespolitik muss den Abbaupfad der vergangenen Jahre kritisch hinterfragen“. Es dürfe nicht sein, dass die Einhaltung der Schuldenbremse einhergehe mit dem Verlust der Handlungsfähigkeit des Staates. Die SPD werde daher die Personalstärke und Ausstattung der Polizei innerhalb der Koalition „zurück auf die Tagesordnung rufen“. Ob und wie viele neue Polizisten die SPD fordert, ließ Berg offen. Die CDU-Innenpolitikerin im Saar-Landtag, Ruth Meyer, sagte, dass sie die Einschätzung Bouillons teile, dass die Polizei mehr Stellen brauche. „Der nächste Haushalt muss klare Akzente in diese Richtung setzen“, betonte Meyer. Allerdings seien auch die Kommunen gefordert, dort mit Präsenz und Kontrollen für Sicherheit zu sorgen, wo nicht allein die Polizei gefragt sei. Bei Veranstaltungen wie der in Saarlouis geschilderten sei dies der Fall. „Das Verhalten von Oberbürgermeister Demmer ist mehr als fragwürdig. Tatsachen zu verdrehen, um Stimmung zu machen und leichtfertig mit dem Sicherheitsgefühl der Menschen zu spielen, geht gar nicht“, meinte Meyer. Der AfD-Fraktionsvize im Saar-Landtag, Rudolf Müller, kritisierte, dass die CDU/SPD-Landesregierung statt neue Stellen für Polizeibeamte zu schaffen, den Polizeilichen Ordnungsdienst ausbaue. Der Ordnungsdienst sei aber ohne genügende Ausbildung, Ausstattung und Befugnisse und damit „bei weitem nicht mit den Beamten der Polizei gleichzusetzen und schnell überfordert“, so Müller.

Saar-Innenminister Bouillon (CDU) und SPD einig: Polizei verstärken
Foto: dpa/Silas Stein
 Innenminister Klaus Bouillon (CDU)

Innenminister Klaus Bouillon (CDU)

Foto: dpa/Oliver Dietze
 David Maaß

David Maaß

Foto: GdP
 Die AfD-Landtagsabgeordneten Rudolf Müller und Josef Dörr mit dem LPK-Vorstandsmitglied, SZ-Redakteur Lothar Warscheid.

Die AfD-Landtagsabgeordneten Rudolf Müller und Josef Dörr mit dem LPK-Vorstandsmitglied, SZ-Redakteur Lothar Warscheid.

Foto: Ute Kirch

Der Chef der saarländischen Gewerkschaft der Polizei (GdP), David Maaß, warf Bouillon vor, eine „Milchmädchenrechnung“ aufzumachen. In Wahrheit habe die Polizei seit 2012 etwa 300 Stellen verloren und nicht 340 hinzugewonnen, wie Bouillon behaupte. „Ich ermahne Innenminister Klaus Bouillon, diese Misere nicht schön zu rechnen. Dies führt zur Verstimmung in der Bevölkerung und vor allem in der Polizei“, sagte Maaß. Die Einstellungszahl müsse zwingend auf 175 angehoben werden, um damit bis 2030 einen Personalbestand von 3000 Polizisten zu erreichen, so Maaß.

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